Er hat schon Ultim-Teams wie “Spindrift” und “Sodébo” beraten, Class-40-Skipper Phil Sharp zum Sieg bei der Route du Rhum geroutet und Charlie Dalin seit dessen frühen Anfängen im MiniTransat meteorologisch begleitet. Kurz vor dem Start der Vendée Globe ist es vor allem die von ihm entwickelte Software Dorado, die Jure Jerman Zugang zu vielen der Top-Teams verschafft. Auch Will Harris und Boris Herrmann von Team Malizia bereiten sich damit vor.
Wir trafen den 58-jährigen Slowenen heute Früh, um die Aussichten für die ersten Tage zu diskutieren und sein Routingprogramm mit den neuesten Wetterdaten zu füttern.
Wer schon mal die Lage mit Hilfe von windy.com gecheckt hat, wird gesehen haben, dass ein sehr verhaltener Auftakt bevorsteht. Das ist für die Skipper und ihre Boote zwar allemal besser als eine biestige Kaltfront aus Westen, die weit üblicher wäre zu dieser Jahreszeit. Doch auch Leichtwind von um die fünf Knoten kann stressig sein. Und genau das erwartet die Flotte in den ersten zwölf Stunden.
Jure Jerman, selbst engagierter Regattasegler und mehrfacher Silverrudder-Finisher, beschreibt das Szenario als „untypisch“, weil zwei Hochs über der Biskaya liegen, welche wie eine Art Straßensperre die Zugrichtung der nordatlantischen Tiefs blockieren. Gleichzeitig fehle die ordnende Wirkung des Azoren-Hochs, das sonst wetterbestimmend wäre.
Zwar werde die Vendée-Flotte schon in der Nacht zu Montag auf See mehr und stabileren Wind aus Nordost finden und bei Kap Finisterre gar bis zu 30 Knoten und brechende Seen, doch bleibt die Druckverteilung danach auch auf Höhe der portugiesischen Küste mäßig.
Nach dem Dorado-Routing sollten die Imocas auf ihrem Weg nach Süden relativ weit westlich bleiben. Weil der Nordost-Passat mangels Azoren-Hoch eher flau bleibt und auf Höhe von Gibraltar ein schwachwindiger Übergang zu meistern ist, „werden die schnellsten Boote rund zehn Tage bis zum Äquator brauchen“, schätzt Jure Jerman.
Boris Herrmann hatte gestern in seiner letzten Pressekonferenz vor dem Start schon prophezeit, dass deswegen womöglich sogar die Aussicht auf einen neuen Vendée-Rekord dahin ist. Denn vor acht Jahren brauchten die Besten nur gut sechs Tage – Zeit, die schwer aufzuholen sein dürfte.
Die Wettermodelle sind sich freilich nicht ganz einig. Schon für die ersten vier Tage differieren die GFS- und ECMWF-Routings um bis zu 200 Seemeilen. Fest steht, dass die Bedingungen anfangs eher die leichteren Non-Foiler bevorteilen. Für Boris‘ „Malizia – Seaexplorer“ könnte es dagegen schwierig werden, sich in der Spitzengruppe zu halten, denn sein Boot glänzt vor allem in raueren Bedingungen. Es wird jedenfalls ein besonderer Start werden, soviel steht fest.
Wir werden auch im weiteren Verlauf der Vendée immer dann, wenn wichtige taktische Entscheidungen anstehen, ausführliche Wetteranalysen veröffentlichen.