Élodie Bonafous gilt als methodische Planerin und angriffslustige Skipperin. Im nördlichen Finistère in einer engagierten Seglerfamilie aufgewachsen, war sie die erste Frau, die bei einer Figaro-Etappe einen Podiumsplatz erkämpfen konnte. Jetzt will sie die ultimative Bühne ihres Sports stürmen. Ihre neue Imoca “Horizon 29” ist ein Schwesterschiff von Charlie Dalins Siegeryacht der zehnten Jubiläumsauflage: “Macif Santé Prévoyance”.
Der Stapellauf des neuen Bonafous-Bootes in dieser Woche ist ein klares Zeichen für den wachsenden Ehrgeiz der oft furios agierenden Französin, bei der nächsten Regatta konkurrenzfähig zu sein. Sie repräsentiert, worauf die beste Seglerin der 10. Vendée Globe und weitere Top-Akteurinnen für die Zukunft hoffen. Justine Mettraux hatte gesagt: “Ich glaube, dass es (Red.: ein weiblicher Vendée-Globe-Sieg) passieren wird, wenn es mehr Frauen mit wirklichen Sieger-Projekten und neuen Booten gibt. Bei dieser Edition hatte nur Sam Davies ein neues Boot.”
Das soll sich in Zukunft ändern. Élodie Bonafous hat den Startschuss dafür gegeben. Ihr Potenzial für Imoca-Erfolge in der Weltliga hat sie in der anspruchsvollen Figaroklasse vielfach unter Beweis gestellt. Da segelte sie mit den Plätzen sechs und acht 2023 und 2024 zweimal in die Top Ten. Sie war auch die erste Frau, die in der modernen Geschichte des Rennens einen Etappenpodiumsplatz erringen konnte.
Die 29-Jährige trainiert mit den Besten vom Pôle Finistère Course au Large, wo auch Boris Herrmann aktiv ist. Die Französin ist von einem erfahrenen Team umgeben und hat nun vier Jahre Zeit, um ihren Start bei der elften Vendée Globe maximal gut vorzubereiten. Naturgemäß hat Èlodie Bonnafous die immer noch laufende zehnte Auflage der Solo-Weltumseglung (hier geht es direkt zum Race Tracker) intensiv beobachtet.
Das Tempo an der Spitze der Vendée-Globe-Flotte hat mich umgehauen.” Élodie Bonafous
Ihr Fazit: “Ehrlich gesagt hat mich das Tempo, das an der Spitze der Flotte vorgelegt wurde, völlig umgehauen. Vor allem zu Beginn des Rennens und während des Abstiegs in den Südatlantik. Das war wirklich beeindruckend und intensiv. Die Jungs und Mädels haben gezeigt, dass sie ihre Boote perfekt unter Kontrolle haben. Das Niveau war unglaublich hoch. Das motiviert mich noch mehr, denn neben dem Abenteuer liebe ich den Wettbewerb. Es geht um die Details und das ist aufregend!“
Bonafous verfolgte die in diesen Tagen zu Ende gehende Vendée Globe mit viel Eigeninteresse, erkannte vor allem die enorm gestiegene Wettbewerbsfähigkeit der Flotte. Dalins fabelhafter 64-Tage-Rekord hat die Vendée Globe auf ein neues Niveau gehoben. Dazu hat Justine Mettraux in 76 Tagen als beste Skipperin auf einem sechs Jahre alten Boot mit Platz acht bestätigt, dass Frauen in dieser anspruchsvollen Disziplin in den Top Ten glänzen können.
Die Tatsache, dass ihr Boot so etwas wie ein “zweieiiger Zwilling” von Dalins Siegerrakete ist, bringt Élodie Bonafous Zuversicht und Herausforderung zugleich. Sie sagt: „Es ist beruhigend und ein wenig einschüchternd zugleich, denn es beweist, dass dieses Boot ein hervorragendes Werkzeug für die Arbeit ist. Wir haben eine solide Basis, und jetzt geht es darum, gut zu arbeiten, rigoros zu sein und alles zu tun, um sein Potenzial voll auszuschöpfen.“
Der frühe Start in den neuen Vendée-Globe-Zyklus ist bewusst gewählt. Mit dem Stapellauf vier Jahre vor dem nächsten Start – voraussichtlich im November 2028 – hat Bonafous eine strategische Entscheidung getroffen. Sie erklärt: „So habe ich Zeit, zu lernen, jeden Schritt zu analysieren und Fortschritte zu machen, ohne mich zu hetzen. Anstatt auf ein Boot einer völlig neuen Generation zu setzen, schien es mir wichtiger, es so früh wie möglich zu haben, um so viel wie möglich zu segeln und Erfahrungen zu sammeln.“
Bei der Zielsetzung will sich die 2023 ins Imoca-Lager gewechselte Skipperin mit Basiscamp in Charlie Dalins Heimathafen Concarneau noch nicht genau festlegen lassen. Sie sagt: “Es ist schwierig, über numerische Ergebnisse zu sprechen, denn wir wissen noch nicht, wer 2028 am Start sein wird. Aber eines ist sicher: Das Abenteuer ist zwar großartig, aber ich bin vor allem wegen der Rennen hier. Das Hauptziel bleibt die Leistung.”
Um diese Leistung bringen zu können, sei es wichtig, sein Boot gut zu kennen, “damit ich das Beste aus ihm herausholen kann”. Das Guillaume-Verdier-Design haben CDK und MerConcept gebaut. Es soll Élodie Bonafous auf ihrem Kurs tragen und helfen, aus dem langgehegten Kindheitstraum von einer erfolgreichen Teilnahme an der Vendée Globe eine Realität zu machen.