Die zehnte Auflage der legendären Vendée Globe ist zu Ende. Doch für den letzten noch im Rennen befindlichen Skipper Denis Van Weynbergh kam dieser Schluss rund zwei Tage zu früh. Der 57-jährige Belgier war auf seiner IMOCA 60 "D'Ieteren Group", 2013 in Ungarn gebaut, nur eine Winzigkeit von rund einem Prozent zu langsam, um das Zeitlimit zu erreichen.
“Ich mache zwischen 80 und 100 Meilen pro Tag, es ist kompliziert und deprimierend. Ich fühle mich wie ein Gefangener, dessen Strafe ständig um mehrere Tage verlängert wird und dass es eine ganze Reihe von Herausforderungen zu bewältigen gibt, um aus dem Gefängnis zu kommen... Ich gebe zu, dass ich wirklich müde bin”, sagte Van Weynbergh gestern.
Die Ziellinie vor Les Sables-d'Olonne wurde heute früh um 8 Uhr geschlossen, 52 Tage nach dem Triumph von Charlie Dalin. Der Franzose hatte sein Rennen bereits am 14. Januar beendet. Das Zeitlimit gewährt damit ein Plus von mehr als 80 Prozent auf die Siegerzeit. Dem Zeitlimit liegt die Renndauer zugrunde, die der Letzte der neunten Vendée Globe für sein Solo um die Welt benötigt hat: Der Finne Ari Huusela war auf “Stark” 2020/2021 116 Tage, 18 Stunden, 15 Minuten und 46 Sekunden unterwegs. Das Zeitlimit wurde 2020 eingeführt, um den sportlichen Charakter der Vendée Globe deutlicher zu betonen und das Rennen für die Organisatoren kalkulierbarer zu machen.
Zum Zeitpunkt der Rennschließung heute früh hatte Denis Van Weynbergh noch knapp über 200 Seemeilen bis zur Ziellinie zurückzulegen, nach 23.687 gesegelten Seemeilen. In den vergangenen Stunden schaffte er mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit zum Ziel von 3,7 Knoten nur 112,7 Seemeilen. Seine Ankunft wird für morgen Nacht erwartet. Nach fast vier Monaten auf See fehlen ihm nun nur rund zwei Tage.
Technische Probleme in den letzten Wochen hatten ihn stark ausgebremst. Zuletzt brach das Großsegelfall, er war zeitweise nur noch unter Genua oder dreifach gerefftem Groß unterwegs.
Des einen Leid ist in diesem Fall der anderen Freud, auch wenn es nur um Peanuts geht. Hätte Van Weynbergh es rechtzeitig ins Ziel geschafft, hätte ihm ein Preisgeld von 4.347,82 Euro zu gestanden- wie allen Skippern ab Platz elf, darunter auch dem Deutschen Boris Herrmann. Da der Belgier das Zeitlimit verpasst hat, wird das Preisgeld auf die anderen aufgeteilt, ihre Prämie erhöt sich auf 4.545,45 Euro.
Die Vendée Globe 2024 zeigte eindrucksvoll die Dominanz der Foiler-Technologie in diesem Einhand-Hochseerennen. Nach Jahren der Entwicklung haben sich die Boote mit Tragflächen in allen Bedingungen als überlegen erwiesen und den Rekord für die Umrundung deutlich verbessert.
An der Spitze des Rennens lieferten sich Charlie Dalin und Yoann Richomme einen packenden Zweikampf, der die Zuschauer bis zum Schluss fesselte. Beide Skipper zeigten eine aggressive Fahrweise und gingen immer wieder Risiken ein, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Ihr Duell war exemplarisch für das insgesamt sehr hohe Niveau der Top 10, die sich deutlich vom Rest des Feldes absetzen konnten.
Der große Vorsprung der ersten drei Boote von fast einer Woche auf die Verfolger erklärt sich laut dem erfahrenen Skipper Vincent Riou vor allem durch die Wetterbedingungen und den Mut der Führenden, eine sehr aktive Front im Indischen Ozean zu durchqueren. "Diesmal hatten sie die Maschinen, um das zu tun", so der Franzose. Die verbesserte Leistung der Foiler bei Vorwind-Bedingungen machte den Unterschied aus.
"2020 standen wir noch am Anfang der großen Foils und alle bewegten sich im Unbekannten“, so Riou. „Aber die nach und nach gesammelten Erfahrungen sowie die personellen und finanziellen Ressourcen der großen Teams haben dazu beigetragen, dass die jüngste Generation von Booten viel ausgereifter ist."
Die Kluft zwischen den Spitzenbooten und den älteren Yachten mit geraden Schwertern, wie dem von Denis Van Weynbergh, hat sich weiter vergrößert. Die Vendée Globe, oft als "Everest der Meere" bezeichnet, steht damit vor einer faszinierenden Entwicklung.
Die Ursprünge dieses Phänomens reichen bis zur ersten Austragung im Jahr 1989 zurück. Damals startete Jean-François Coste mit einer Pen Duick III aus dem Jahr 1967, während andere Teilnehmer bereits speziell für das Rennen konzipierte Yachten einsetzten.
Bis heute bleibt trotz dieser technologischen Unterschiede ein Element unverändert: die Begeisterung aller Teilnehmer für die ultimative Herausforderung des Einhand-Segelns rund um die Welt. Diese Leidenschaft verbindet Profis und Amateure, High-Tech-Yachten und klassische Segelboote. Sie ist es, die die Vendée Globe zu mehr macht als nur einem Wettkampf um Geschwindigkeit und Rekorde.
Diese Dualität macht die Vendée Globe zu einem einzigartigen Event im internationalen Segelsport. Sie vereint Spitzentechnologie und seemännische Tradition, Geschwindigkeitsrekorde und persönliche Grenzerfahrungen. Gerade diese Vielfalt ist der Schlüssel für die anhaltende Faszination und den Erfolg der Regatta.