Tatjana Pokorny
· 04.02.2025
Kurz vor Mitternacht hat Isabelle Joschke ihre zweite Vendée Globe am 3. Februar beendet. Nach der Aufgabe von vier Jahren in Folge schwerer Kielprobleme, schmeckte diese Ankunft, die sie am Dienstag mit der Kanalparade feierte, wie ein Sieg. Auch beim aktuellen Solo hatte die 48 Jahre alte Deutsch-Französin heftige Herausforderungen zu meistern, bis sie nach 85 Tagen, 11 Stunden, 26 Minuten und als Neunzehnte ins Ziel kam.
Fast drei Wochen nach Sieger Charlie Dalin kreuzte Isabelle Joschke die Ziellinie in eiskalter dunkler Nacht. In ihrem Heck liegen 29.659,77 bewegte Vendée-Globe-Seemeilen, die sie mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 14,46 Seemeilen bestritten hat. Damit war sie schneller unterwegs als die Skipper vor ihr bis hinauf zu Romain Attanasio auf Platz 14, hat aber mit teilweise bewusst defensiven Kursen in Folge von Bruch an Bord auch mehr Seemeilen über Grund gesammelt als andere.
Isabelle Joschke hatte bei ihrem Solo mehr als einmal MacGyver-Qualitäten unter Beweis stellen müssen. Sie überwand zahlreiche Probleme, vor allem den “sauberen” Bruch ihres Steuerbordfoils im Pazifik. Ihr wichtigstes Ziel, die Vendée Globe mit positiver und kämpferischer Grundhaltung zu beenden, hat sie trotz allem erreicht.
Als Isabelle Joschke vor vier Jahren auf derselben Imoca “Macsf” den Kanal von Sables d'Olonne hinaufgesegelt ist, sah die Welt sehr anders aus als an diesem Tag. Mitgebracht in den Start- und Zielhafen hat Isabelle Joschke mit 458 Seemeilen auch eine neue persönliche 24-Stunden-Bestmarke. Ihre 2007 gebaute Imoca ist mit der etwas gleichalten “Lazare” von Tanguy Le Turquais das älteste Boot in den Top-Zwanzig dieser 10. Vendée Globe.
Bei ihrem zweiten Vendée-Globe-Einsatz hatte Isabelle Joschke vor allem die Phase im Indischen Ozean als hart und fordernd empfunden. Dort hatte sie wie Jean Le Cam und Alan Roura die Nordroute gewählt. Im Verlaufe ihres Rennens konnte sich die in Lorient lebende Skipperin oft gut gegen potenziell schnelle Boote behaupten. Sie zeigte eine beeindruckende Konstanz, passierte Kap Leeuwin als Neunzehnte.
Der Schock kam am 29. Dezember, als Isabelle Joschke plötzlich ein lautes Knacken hörte. Sie befürchtete schon, erneut von einem Kielschaden heimgesucht worden zu sein. Dann entdeckte sie, dass ihr Steuerbordfoil in einem Stück abgebrochen war. Hinzu kam am selben Wochenende ein Motorschaden, der das Aufladen der Batterien erschwerte. Außerdem riss das Großsegel. Danach wusste Isabelle Joschke: “Mein Rennen wird von nun an nicht mehr dasselbe sein.“
Begleitet von der Sorge, ihr Rennen womöglich wieder nicht ins Ziel bringen zu können, fokussierte sie sich fortan darauf, die Linie um jeden Preis zu erreichen. So drosselte sie ihre Fahrt vor Kap Hoorn, um den schlimmsten Auswirkungen eines Sturms zu entgehen. Dabei fiel sie auf Platz 18 zurück. Im Gegensatz dazu, kamen ihr die Bedingungen im Atlantik mehr entgegen, weil nun die vor ihr liegende Skipper-Gruppe ausgebremst wurde.
Im “Vendée-Globe-Achter” mit acht Booten, die weniger als 150 Seemeilen voneinander entfernt lagen, beschloss Isabelle Joschke in der Schlussphase, ihr Glück näher an der brasilianischen Küste zu versuchen. Sie überquerte den Äquator als Fünfzehnte und beschleunigte in den Passatwinden, solange sie ihr unbeschädigtes Foil nutzen konnte. Als die Gruppe im Azoren-Hoch wieder zusammenkam, wurde sie langsamer.
In der sehr hart umkämpften Schlussphase ihres Rennens gab die in München geborene Isabelle Joschke noch einmal alles. Da ware einige Boote schneller, andere konnte sie stark in Schach halten. Morgens am 3. Februar hatten zunächst Damien Seguin (”Apicil”) und danach in kurzen Abständen Benjamin Ferré (”Monnoyeur – Duo for a Job”), Tanguy Le Turquais (”Lazare”) und Alan Roura (”Hublot”) auf den Plätzen 16 bis 18 das Ziel erreicht.
Isabelle Joschke folgte noch vor Mitternacht rund viereinhalb Stunden vor Altmeister Jean Le Cam auf seinem Non-Foiler “Tout commence en Finistère – Armor-Lux”. Keine Viertelstunde nach “König Jean” kam Conrad “The Crazy Kiwi” Colman auf “MS Amlin” an. Am Dienstagmorgen dann beendete der Italiener Carlo Pedote (”Prysmian”) sein Rennen um die Welt mit Platz 20. In Les Sables-d’Olonne nehmen die Jubelstürme für die ins Ziel kommenden Weltumsegler aktuell kein Ende.