Mit Beginn der neunten Rennwoche ist an diesem Sonntag wieder etwas mehr Bewegung in die Top Ten der Vendée Globe gekommen. Geblieben ist es im Duell um die Führung bei Charlie Dalins Vorsprung von knapp 130 Seemeilen vor Yoann Richomme. Beide Franzosen sorgten aber am Nachmittag für die Nachricht des Tages als zuerst Charlie Dalin um 15.28 Uhr den Äquator kreuzte, bevor ihm Yoann Richomme später folgte.
Den Abschnitt von Kap Hoorn bis zum Äquator meisterte Charlie Dalin in nur 12 Tagen und 15 Stunden. Das war schnell, doch verfehlte der “Macif Santé Prévoyance”-Skipper die bestehende Bestmarke um fast einen Tag. Den Rekord hält vorerst weiter Boris Herrmann. Der "Malizia"-Skipper hatte den Abschnitt bei seiner Vendée-Globe-Premiere vor vier Jahren in 11 Tagen und 18 Stunden geschafft.
Diese symbolträchtige Passage zeigt, dass der Ausgang des Rennens nun immer näher rückt – und weiter spannend bleibt. Die ewigen Rivalen Dalin und Richomme, die seit zwei Tagen im Passatwind segeln, halten das Tempo hoch. Im Duell war Yoann Richomme in den letzten 24 Stunden sogar etwas schneller als Charlie Dalin, auch wenn sich der Abstand kaum verändert hat.
Nun lauert mit dem “Pot-au-Noir” der Kalmengürtel, den die Frontmänner voraussichtlich in der Nacht durchgequeren. Vendée-Globe-Wetterexperte Christian Dumard sagte zu den weiteren Prognosen für das Spitzenduell zwischen Dalin und Richomme: „Bis 500 Seemeilen vor dem Ziel ist die Strecke insgesamt recht schnell.”
Der noch auf der Südatlantik-Piste auf Platz drei segelnde Seb Simon hatte am Sonntagnachmittag zu Beginn von Renntag 57 rund 855 Seemeilen Rückstand auf Charlie Dalin angesammelt. Gleichzeitig quälten sich an diesem Sonntag auf den Plätzen vier und fünf Thomas Ruyant ("Vulnerable") und Paul Meilhat ("Biotherm") bei vier bis sieben Knoten "Speed" weiter durch ein Leichtwindband. Die Quittung dafür folgte von hinten.
Das Szenario hat die zuvor von Meilhat so fulminant abgehängten Verfolger wieder aufkommen lassen. “Charal”-Skipper Jérémie Beyou fehlten am Sonntagnachmittag nur noch fünf Seemeilen zu Meilhats “Biotherm”. Vorgerückt ist auch Sam Goodchild ("Vulnerable"), der Nico Lunven ("Holcim - PRB") überholen konnte. Was wiederum daran lag, dass Lunven sich zu einem kleinen Ostausbruch entschieden hat, um dort ein möglichst schmales Band des Hochdruckgebietes möglichst schnell passieren zu können. Ob Nico “The Brain” Lunven hier richtig liegt und Erfolg hat?
Boris Herrmann blieb bei der 15-Uhr-Positionsaktualisierung an diesem 5. Januar an Goodchilds Heck dran – den Briten und den Deutschen trennten dabei 34 Seemeilen. In einer Nachricht von Bord hatte Boris Herrmann sein Team zuvor über eine Reparatur informiert: „Ich wurde von einer Böe mit 26 Knoten getroffen. Dabei ist der Unterliekstrecker gebrochen. Es hat eine Weile gedauert, bis ich das repariert hatte.”
Bei seiner Aufholjagd genießt Boris Herrmann „super angenehmen Temperaturen“, die sich „wie auf den Kanaren“ anfühlen. Nach dem schwierigen 4. Januar mit „negativen Geschwindigkeitsrekord“ bei einem Durchschnitt von nur 4,6 Knoten pro Stunde, hat Herrmann wieder Fahrt aufgenommen.
Trotz Erschöpfung in Folge des Schlafmangels signalisierte der "Malizia – Seaexplorer"-Skipper via Team seine Entschlossenheit, den britischen Konkurrenten, Freund und "Vulnerable"-Skipper Sam Goodchild dringlich wieder überrunden zu wollen: “Ich habe noch nicht geschlafen. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich will Sam unbedingt einholen.“
In der Sendung Vendée Live! sagte Sam Goodchild über die laufenden Positionskämpfe auf die Frage, ob er mehr für sich selbst oder in Attacke-Modus segle: "Es ist tatsächlich ziemlich schwierig, die richtige Balance zu finden. Die Boote werden jetzt müde. Da kommen viele Geräusche aus vielen verschiedenen Ecken. Du musst also auch nach dem Boot schauen, während du um die Meilen kämpfst."
Auch war Goodchild sich sehr bewusst darüber, dass sein Rennstallboss und "Vulnerable"-Teamgefährte Thomas Ruyant vor wenigen Tagen in diesem Revier mit dem J2 ein wichtiges Segel verloren hatte, als ihn eine Sturmböe erwischte. Goodchild beschrieb die schwierigen Windverhältnisse vor der brasilianischen Küste als gerade "größtes Risiko".
Goodchild sagte: "Da sind ein paar ziemlich kraftvolle Wolken unterwegs. Da müssen wir vorsichtig sein, so dass das Boot nicht beschädigt wird und wir durchkommen. Das kann von absolut keinem Wind bis 50, 60 Knoten gehen." Goodchild ging von einem eher leichtwindigen Wochenbeginn und dann wieder zunehmenden Winden am Dienstag aus.
Auf Platz zehn rang indessen weiter "Juju" Mettraux um die Verkürzung ihres etwa 100 Seemeilen betragenden Rückstandes auf Boris Herrmann. Sie blieb wie Goodchild und Herrmann zunächst näher an der brasilianischen Küste. Die Kämpfe auf den Positionen vier bis zehn blieben beim leichten “Ausschwärmen” der Konkurrenten am Sonntagabend spannend.
Vendee Live! Moderator Andi Robertson hatte am Sonntag Boris Herrmanns aktuell direkten Gegener und Freund zu Gast. “Vulnerable”-Skipper Sam Goodchild beschrieb die aktuellen Bedingungen vor der brasilianischen Küste: