Tatjana Pokorny
· 20.03.2025
Zwei Weltumseglungen, sechs Atlantiküberquerungen und rund 100.000 Seemeilen hat “Malizia – Seaexplorer” fast durchweg rocksolide für ihr Team gemeistert. Jetzt kommt die von Boris Herrmann in enger Zusammenarbeit mit VPLP entwickelte und am 19. Juli 2022 in Lorient vom Stapel gelaufene Imoca in neue Hände. Fernziel für das Boot in neuen Händen ist wieder die Vendée Globe. Übernommen wird die bei Multiplast gebaute Rennyacht vom Team Francesca Clapcich Powered By 11th Hour Racing. Team Malizia bleibt technischer Partner.
In Triest geboren, mit der US-amerikanischen Top-Seglerin Sally Barkow verheiratet, lebt die Ocean-Race-Siegerin von 2023 in Park City im US-Bundesstaat Utah. Sie zählt heute zu den erfolgreichsten Seglerinnen ihrer Generation.
2015 hatte Francesca Clapcich mit Italiens Women’s-America’s-Cup-Star Giulia Conti im olympischen 49erFX sowohl die Europameisterschaft als auch die Weltmeisterschaft gewonnen, nahm zweimal in unterschiedlichen Bootsklassen an Olympischen Spielen teil. 2012 segelte sie in Weymouth im Laser Radial auf Platz 19. 2016 wurde sie mit Giulia Conti Fünfte in Rio de Janeiro. Die Premiere des Women’s America’s Cup im vergangenen Jahr in Barcelona bestritt sie für das Frauen-Team von American Magic.
Auf hoher See war Francesca Clapcich mit dem Ocean-Race-Sieg schon extrem erfolgreich, nimmt nun mit der Unterstützung von 11th Hour Racing Kurs auf ihre Vendée-Globe-Premiere 2028. Dabei soll ihr Boris Herrmanns treue Imoca unter neuem Namen dienen. Ihr Team wird die Rennyacht nach dem Ocean Race Europe 2025 übernehmen, das dadurch für Boris Herrmann und Team Malizia zur Abschiedstour wird.
Die 37 Jahre alte Francesca “Frankie” Clapcich begibt sich danach auf ihre rund dreieinhalb Jahre währende Reise, während der sie sich für die Vendée Globe 2028/2029 qualifizieren, in Form bringen will und dann im Solo um die Welt angreifen will.
Ein Ziel der italienisch-amerikanischen Seglerin ist es, als erste Segelsportlerin an allen vier großen Segelveranstaltungen teilgenommen zu haben, von denen sie drei schon bestritten hat: Olympische Spiele, America's Cup und The Ocean Race. Nun will sie mit der Vendée Globe das vierte Kapitel schreiben. Das ist in der Geschichte des Segelsports bislang noch keinem Mann und keiner Frau gelungen.
‘Malizia –Seaexplorer’ wird immer das wichtigste Schiff in meinem Leben bleiben.” Boris Herrmann
Boris Herrmann sagte zum nahenden Abschied von seinem Boot und der Übergabe an Francesca Clapcich: „Ich bin unglaublich stolz auf dieses Boot und auf das, was wir gemeinsam erreicht haben. Es wird traurig sein, sich nach all der Zeit, Energie und Arbeit, die wir in sie gesteckt haben, zu verabschieden. Andererseits freue ich mich darauf, sie an eine Seglerin wie Frankie weiterzugeben, an jemanden mit so viel Elan, Leidenschaft, Ehrgeiz und einem starken Sponsor wie 11th Hour Racing im Rücken.”
Der 43 Jahre alte Boris Herrmann begleitet den Übergang mit einer Mischung aus Wehmut und Neugier, sagte: “Ich kann es kaum erwarten zu sehen, was sie mit ‘Malizia - Seaexplorer’ bei der Vendée Globe 2028 erreichen wird. Darüber hinaus werden wir im technischen Bereich gemeinsam arbeiten, um sicherzustellen, dass Frankie das bestmögliche Boot für ihre Rennen hat!”
Die künftige Zusammenarbeit beinhaltet Überschneidungen sowohl im technischen als auch im organisatorischen Bereich. Bei der gerade zu Ende gegangenen Vendée Globe hatte “Malizia – Seaexplorer” ihre bekannten Starkwindqualitäten in tendeziell eher leichteren Bedingungen mit Platz zwölf zwar nicht ganz so ausspielen können wie erhofft und wie bei den beiden Transat-Rennen im Vendée-Globe-Startjahr 2024 mit zwei zweiten Plätzen gezeigt.
Doch bleibt spannend, wie Francesca Clapcich und ihr Team mit dem Boot umgehen und wie sie es weiterentwickeln werden. “Heute ist der erste Schritt einer langen Reise zur Vendée Globe 2028. 11th Hour Racings Vertrauen auf meiner Seite zu wissen, ist eine unglaubliche Ehre. Mein Team und ich sind zutiefst stolz darauf, dass wir ihre Mission um die Welt tragen dürfen”, sagte Francesca Clapcich an diesem 20. März.
Sie segelt nicht nur – sie führt.” Jeremy Pochman
Das gilt auch andersherum, wie Jeremy Pochman erklärt. Der CEO von 11th Hour Racing sagte: „Francescas Vision für den Sport ist mutig und notwendig. Ihr unermüdlicher Antrieb und ihre Leidenschaft haben sie zu einer angesehenen Persönlichkeit in der Segelwelt gemacht, und ihr Engagement für die Förderung von Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit passt perfekt zu unserer Mission. Durch die Erweiterung dieser Partnerschaft unterstützen wir nicht nur eine Weltklasseseglerin, sondern auch eine Bewegung, die neu definiert, wer an Wettkämpfen teilnehmen, führen und die Zukunft des Sports gestalten darf."
Zum sportlichen Programm erklärte die italienisch-amerikanische Seglerin: “Die Vendée Globe ist die ultimative sportliche Herausforderung für einen einzelnen Segler. In den nächsten dreieinhalb Jahren wird es das Ziel meines Teams sein, an mehreren Segelveranstaltungen der Imoca Globe Serie teilzunehmen, während ich in die Welt des Solo-Hochseesegelns eintauche.“
Die Kooperation beider Teams macht auch für Boris Herrmann und Team Malizia viel Sinn. Herrmann sagt: “Uns verbinden ähnliche Ziele in Bezug auf Nachhaltigkeit und den Ozean. Die Zusammenarbeit in diesen Bereichen wird das nächste Abenteuer sein.“ Über den Rennsport hinaus diente die “Malizia - Seaexplorer” ihrem Skipper Boris Herrmann und Team Malizia auch als Plattform für Klimaschutz und Meeresschutz.
Glaube und Zugehörigkeit sind entscheidend für den Erfolg.” Francesca Clapcich
Die doppelte Mission – Sport und Umwelt-Engagement – wird im Rahmen von Clapcichs Kampagne „Believe, Belong, Achieve“ (dt.: Glauben. Dazugehören. Erreichen.) fortgesetzt, die darauf abzielt, mehr Gerechtigkeit und Klimaschutz in den Segelsport und darüber hinaus zu bringen. „Wenn meine Eltern, Trainer und Lehrer nicht an mich geglaubt hätten, wäre ich heute nicht hier, um meine Vendée-Globe-Kampagne anzukündigen. Ich möchte sicherstellen, dass andere die gleichen Chancen haben“, sagte Clapcich.
Clapcich hatte The Ocean Race mit 11th Hour Racing Team als erste Italienerin in der 50-jährigen Geschichte des Rennens gewonnen. Sie ist seit einem Jahr Skipperin von UpWind by MerConcept, dem ersten rein weiblichen Team in der Ocean Fifty Series. Zusammen mit ihrem Titelsponsor 11th Hour Racing setzt sie sich für mehr Inklusion im Segelsport ein.
„Glaube und Zugehörigkeit führen zu besseren Leistungen, sowohl individuell als auch im Team. Neben meiner sportlichen Kampagne arbeite ich mit Akademikern, Experten und Kreativen zusammen, um Lösungen zu fördern, die Menschen dabei helfen, ihre lebenslangen Ziele zu erreichen“, fügte sie hinzu. Arbeit und Ziele ihrer Kampagne umfassen Bildung, Interessenvertretung und kollektives Handeln. In der vergangenen Woche hatte das Team eine Forschungspartnerschaft mit der Carnegie School of Sport an der Leeds Beckett University im Vereinigten Königreich angekündigt.
Obwohl das Boot den Besitzer wechselt, wird die “Malizia - Seaexplorer” weiterhin mit dem Team Malizia verbunden bleiben, das als technischer Partner von Clapcichs Team auch in Zukunft auf der organisatorischen Seite an Land für den neuen Rennstall im eigenen Rennstall tätig ist. Zu den eigenen Neubauplänen will sich Team Malizia erst im April äußern. Auch hier spielen Vereinbarungen mit Partnern eine Rolle.
„Für diesen ersten Versuch bei der Vendée Globe brauche ich ein Boot, dass sich als schnell und zuverlässig erwiesen hat. Wir haben uns für Team Malizia als technischen Partner entschieden, weil sie das Boot in- und auswendig kennen und mich am besten auf das Solo-Offshore-Segeln mit Imocas vorbereiten können. Ihr Engagement für die Gesundheit der Ozeane und Nachhaltigkeit steht auch im Einklang mit unserer Mission“, erklärte Clapcich die neue Teampartnerschaft aus ihrer Sicht.
“Malizia – Seaexplorer”-Fans können die weitere Entwicklung der Rennyacht also auch in Zukunft aus nächster Nähe verfolgen, wenn mit Francesca Clapcich eine neue Skipperin am Ruder steht. Ihr Team wird nach dem Ocean Race Europe übernehmen und Hand in Hand mit Team Malizia arbeiten. Der erste Vendée-Globe-Zyklus für Clapcich beginnt sportlich mit der Teilnahme am Transat Café L'Or.
Der Startschuss für das Zweihand-Transat, an dem beispielsweise auch Melwin Fink und Lennart Burke in der Class40 teilnehmen, fällt am 26. Oktober dieses Jahres im französischen Le Havre. Das Rennen führt seine Herausforderer nach Fort-de-France auf Martinique.
Ein neues Kapitel für “Malizia – Seaexplorer” und Francesca Clapcich:
Believe. Belong. Achieve. Im Video-Clip hat Francesca Clapcich sich und die Ziele ihres Teams schon vor einigen Monaten gut vorgestellt: