Vendée GlobeBoris Herrmann ist “aufgeregter als letztes Mal”

Tatjana Pokorny

 · 14.10.2024

Was ihm wohl seine zweite Vendée Globe bringen wird?
Foto: Team Malizia
Am 10. November fällt vor Les Sables-d’Olonne der Startschuss zur 10. Vendée Globe. Boris Herrmann blickt seiner sechsten Weltumseglung und dem zweiten Solo entlang der drei Kaps entgegen. Er ist bereits in die letzte Phase der mentalen und sportlichen Vorbereitung eingetaucht.

Boris Herrmann ist fast bereit für sein zweites Solo um die Welt. Knapp vier Wochen vor dem Start zu 10. Vendée Globe am 10. November im französischen Les Sables-d'Olonne berichtete der 43-Jährige aus seiner Wahlheimat Hamburg bei einer Online-Pressekonferenz vom Stand Vorbereitungen seines Teams Malizia auf den erneuten Gipfelsturm im Alleingang.

Vendée Globe mit Redkordflotte

“Ich bin aufgeregter als letztes Mal. Woran das liegt, weiß ich gar nicht so genau”, sagte Herrmann offen. Zu weiteren Unterschieden zwischen seiner Premiere 2020/2021, die er nach dramatischer Kollision mit einem Fischerboot in der letzten Nacht vor dem Zieldurchgang als Fünfter beendet hatte, und dem zweiten Gipfelsturm, sagte Boris Herrmann: “Beim letzten Mal sind wir in Corona-Zeiten gestartet, jetzt ist es das volle Leben. Letztes Mal waren wir 32 Starter an der Linie, dieses Mal ist es ein Rekordfeld von 40 teilnehmenden Booten, die noch stärker ausgesiebt wurden.”

Entsprechend geht Boris Herrmann von einer starken Flotte aus. Die eigenen Chancen bewertet er vorsichtig optimistisch: “Es ist alles drin. Auf dem Papier sind wir das Team, das am besten vorbereitet ist. Darauf können wir schon einmal stolz sein. Wir sind mit unserem Schiff im Ocean Race schon im Southern Ocean gesegelt. Ich hoffe natürlich auf ein super Ergebnis. Alles schlechter als Top-Ten wäre eine große Enttäuschung. Es können sechs bis zehn Leute um den Sieg segeln. Wir gehören dazu.”

Gleichzeitig ist sich Boris Herrmann bewusst darüber, dass es neuere Boote mit einigem Potenzial gibt: “Da sind die Teams mit den späteren Schiffen, die schon wieder neue Tendenzen aus dem Yachtsportdesign haben einfließen lassen. Wir sind sicher eine sehr starke Flotte.”

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Mit neuem Segelsatz ins Rennen

Herrmann berichtete, dass sein Boot mit neuen optimierten Segeln bereits gut vorbereitet ist. Ein 30-köpfiges Team bereite aktuell das Rennen in "Malizia – Seaexplorers" Basiscamp in Lorients La Base vor. “Die meisten sind Ingenieure, Yachtbauingenieure, Elektroniker, Kompositexperten, Handwerker, Mechaniker, Tauwerkspezialisten und einige mehr”, sagte Boris Herrmann. Intensiv beteiligt sei auch sein Co-Skipper Will Harris, der sich um viele Themen kümmere.

Boris Herrmanns Blick aufs Boot fällt sorgenfrei und optimistisch aus. "Malizia – Seaexplorer” sei nach dem Ocean Race und vielen Transatlantik-Rennen “gut erprobt und optimiert”. Obwohl Boris Herrmann Kap Hoorn bereits sechsmal passiert hat, bleibt die legendäre Landmarke für ihn auch dieses Mal ein großes Ziel: “Ich hoffe, den großen Berg zu sehen. Wenn ich das Glück habe, Kap Hoorn zu sehen, würde ich mich wirklich freuen.”

Im Vergleich zu seiner ersten Vendée-Globe-Teilnahme, sieht Boris Herrmann der zweiten Prüfung mit gutem Gefühl für sein Boot entgegen: “Ich habe mir beim ersten Mal sehr viele Sorgen um mein Schiff gemacht. Ich habe mein Schiff mit etwas zittriger Hand gesegelt. Ich segle ich mein Boot jetzt so, wie ich es kenne. Und ich spüre auch nicht den gleichen großen Druck wie beim ersten Rennen.”

Das Alleinsein als schwerste Prüfung

Boris Herrmann selbst ist aktuell noch zuhause in Hamburg. Dort stehen die sportliche und mentale Vorbereitung auf die voraussichtlich knapp drei Monate währende Härteprüfung an. Er sei bereits "im Tunnel". Er mache “ein bisschen Sport” und lasse sich dabei sehr gerne von den America’s-Cup-Rennen in Barcelona motivieren. “Ein bisschen schlägt mein Herz ja für die Englänger”, verriet Boris Herrmann am Montag.

Hin und wieder streue er bei seinen Vorbereitungen in Hamburg eine kleine Siesta in seinen Tagesablauf ein, “um die Übung schnell einzuschlafen immer wiederholen zu können”. Mehr als die zuletzt im Ocean Race mit einer Mannschaft absolvierte Weltumseglung, sei seine Vendée-Globe-Premiere der wichtigere Wegweiser für die aktuellen Vorbereitungen.

“Es gibt wenige Gelegenheiten, bei denen man drei Monate alleine ist. Außer im Gefängnis vielleicht.” Boris Herrmann

“Es ist mehr das Alleinsein als das rein technische Segeln mit dem Boot, auf das ich mich jetzt einstelle”, erklärte Boris Herrmann. Die Einsamkeit, so der Familienvater und Gerne-Teamplayer, sei die große Besonderheit der Vendée Globe. “Ich versuche, demgegenüber die größtmögliche Lockerheit zu entwickeln”, sagte Boris Herrmann. Gleichzeitig weiß er: “Es gibt nicht das eine große Rezept, was man dagegen tun kann. Ich werde mich beobachten, habe, glaube ich, die eine oder andere Resource, auf die ich im mentalen Bereich zurückgreifen kann.”

Geteilte Leidenschaft

Hilfreich sei später im Rennen der Austausch mit anderen Seglern. “Aber ganz weg kriegt man das Gefühl nicht, wenn man sensibel und davon bertoffen ist. Es gibt auch einige Mitbewerber, die damit eher cool umgehen. Bei mir ist das immer wieder einmal ein Thema”, sagte Herrmann. Was ihm auch hilft, ist seine Leidenschaft, die Abenteuer der Vendée Globe mit den Fans zu teilen.


Das offizielle Vendée-Globe-Vorstellungsvideo für Boris Herrmann:

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