Es gibt schönen Spruch, den mir der französische Skipper Louis Berrehar neulich im Gespräch gesagt hat: ‚Ich bin total motiviert und du auch. Und da, wo die Motivation ist, kommen nur gute Sachen.‘
Die Motivation ist die große Voraussetzung. Wenn man ihr beharrlich folgt, kommen gute Dinge. Da steckt ein tieferer Gedanke dahinter. Der, dass es so richtig doll ‚hardcore‘ motivierte Menschen, die eine Sache ganz unbedingt wollen, kaum gibt. Wenn du also der bist, der das mehr will, dann wird etwas Tolles dabei rauskommen. Daran glaube ich. Es war bei mir der Fall. Da waren diese große Motivation und noch ein bisschen mehr: Dass ich es unbedingt wollte und brauchte und immer wieder dieses Ziel Vendée Globe angepeilt habe.
Diese Bücher über die Vendée Globe haben mich angezündet. Die Bücher, in denen steht, dass Ellen MacArthur im Container wohnt oder ein Pete Goss sich nach 20 Kilometern Fahrradfahrt auf dem Parkplatz umzieht, um in ein Meeting zu gehen. Das waren die Geschichten, die mich fasziniert haben. Man kann Grenzen sprengen und Dinge möglich machen, die nicht unbedingt in deinem sozialen Horizont stehen. Das ist die tiefere Motivation: diese Grenzen zu sprengen, eine Art von Freiheit anzustreben, anzunehmen, dass diese Regeln für mich nicht gelten. Nicht automatisch zu denken, dass du Kind in einer Lehrerfamilie bist und deshalb vielleicht Berufsschullehrer wirst.
Ich wollte beweisen: Wenn man von etwas träumt, kann man es auch machen.” Boris Herrmann
Für mich war die Vendée Globe die große Faszination. Ich wollte mir beweisen, dass es geht. Die Leute dachten: ‚Der will die Vendée Globe? What the fuck!“. Ich wollte zeigen: Es gibt keine Grenzen. Für mich war das der wichtige Motor in den Segelsport. Andere wie beispielsweise Charlie Dalin, die sind klassische Wettkämpfer, total von der Ingenieurskunst fasziniert. Der hat noch nie wirklich einen Sponsor suchen müssen. Er war einfach immer der Beste und wurde so auf die Pilotensitze gesetzt. Bei jemandem wie Thomas Ruyant, Alex Thomson oder mir spielt dieses andere Thema total rein. Bei Yoann Richomme auch ein bisschen.
Es gibt eine Perlenkette von Begegnungen mit vielleicht einem Dutzend Leuten auf dem Weg, die sehr nachhaltigen Einfluss und prägende Bedeutung für mich hatten. Von privaten Unterstützern in meinem Umfeld über Segler bis hin zu Partnern und Sponsoren, die ich gefunden habe. Der erste war im Prinzip Matthias Beilken.
Er hatte damals auch den YACHT-Test für die Pogo gemacht. Das war der Auslöser.” Boris Herrmann
Er hat mir relativ viel Geld für mein erstes Schiff geliehen. Seine Story (Red.: YACHT-Autor Matthias „Matze“ Beilken hat 1997 das Mini-Transat mit dem Prototypen „Eissing“ mit kleinem Budget bestritten und kam als letzter gewerteter von 52 Teilnehmern mit Platz 42 ins Ziel) hat mich fasziniert und motiviert.
Er war auch ehrgeizig und ein guter Regattasegler, hatte dann ein bisschen Pech. Über ihn habe ich Ralf Brauner und Arno Kronenberg kennengelernt. Vor allem Arno war immer ein wichtiger Unterstützer. Über ihn lernte ich damals den Immobilienunternehmer Gerald Senft kennen. Ohne den hätte es nie eine Imoca-Kampagne Malizia gegeben. So haben sich seit der ersten Stunde die Wege verzweigt, auf den in weiteren prägenden Menschen begegnet bin.
Unsere Teammanagerin Holly ist die rechte Hand. Die Kampagne gab es schon, als sie kam. Den Vendée-Globe-Hype hätten wir vielleicht auch ohne sie gehabt. Aber danach eine neue Kampagne zu stemmen, das ist aus dem Binom von Holly und mir entstanden. Das hätte ich ohne sie nicht geschafft.
Sie war cool genug zu sagen: ‚Wir machen das jetzt! Wir sind jetzt mal keine Bedenkenträger. The sky is the limit!‘ Sie wischte meine Bedenken weg, sagte, ich solle die vergessen. Das Wichtigste war nach der ersten Vendée Globe ihre Dynamik, ihre Entschlossenheit. Als ich ‚durch‘ war, sagte sie: ‚Nicht lange sorgen, wir haben doch schon gewonnen!‘
Ich fragte mich im Ziel, wo der Galgen für mich steht. Wann die Guillotine fällt, die mich nach dem Crash in der Presse zerlegt.” Boris Herrmann
Ich fragte mich im Ziel, wie viele Schulden ich eigentlich habe. Und was nun die Risiken waren? Ich war eher sorgenvoll. Wir hatten das Boot noch nicht verkauft. Wir hatten nicht mal einen Käufer. Ich hatte Schulden. Ich hatte keinen Sponsor. Ich hatte nichts.
Ich wusste nicht, wie es weitergeht. Aber mit Holly – und dann auch weiteren Teammitgliedern – haben wir es perfekt hingekriegt. Sie sagte ‚Junge, das wird schon werden‘. Sie ist immer mega optimistisch. Und das brauchte ich: Einen starken Optimisten an meiner Seite, der einfach sagt: Wir greifen jetzt mal nach den Sternen. Da haben wir uns super ergänzt.
Es war meine Idee zu sagen: Wir machen es ganz simpel: Die Sponsoren kriegen ein Paket. Die Pakete sind alle gleich. Wir brauchen sieben Partner, die es nicht über vier, sondern über fünf Jahre machen. Das waren die Parameter, die die Kampagne von vornherein so solide gemacht haben.
Nein, nicht sehr. In meiner Biografie ist das Solo das, was die Freude am Teamsegeln ermöglicht hat.
So würde ich es nicht sagen. Das Vendée Globe und The Ocean Race haben eine symbiotische Beziehung. Das Ocean-Race-Buch von Tim Kröger hat mich früh fasziniert. Das weiß ich noch genau. Es war wie mit den Vendée-Globe-Büchern. Aber der Weg wäre für einen deutschen Außenseiter wie mich nie der gewesen: Oh, ich will jetzt ein Crew-Mitglied im Ocean Race werden. Für einen Michi Müller hat dieser Weg geklappt. Aber für mich war immer klar: wenn, dann einhand. Die Begeisterung dafür ist bei mir ungebrochen.
Auch die öffentliche Wahrnehmung, das Echo. Die Begeisterung für die Vendée Globe ist heute mindestens zehnmal so hoch wie fürs Ocean Race. Unser Buch von der ersten Vendée Globe hat sich durchgehend mehr verkauft als das Ocean-Race-Buch, obwohl es ein tolles Cover hat und gut geschrieben ist.
Ja, da mag etwas dran sein. Es ist aber auch einfach so, dass sich das Ocean Race in der Seesegelnation Frankreich schwertut. Da behaupten einige Sponsoren, dass es nichts bringt. Was ja nicht richtig ist. Auch die Vendée Globe passiert und fasziniert jenseits französischen Grenzen. Und wirkt in Frankreich. Und wenn das Ocean Race rund Kap Hoorn geht, wirkt es auch in Frankreich. Die Haltung macht keinen richtigen Sinn.
Politisch und menschlich passt es mit der Imoca-Klasse und der Ocean-Race-Organisation gut.” Boris Herrmann
Aber die Imoca-Teams kriegen es nur schwer hin, bei den Ocean-Race-Veranstaltungen teilzunehmen. Das französische Segel-Ökosystem funktioniert in sich gut, schafft es aber weniger gut, da weiter rauszukommen und sich zu internationalisieren. Dabei gibt es anscheinend viele der Skipper, die großes Interesse an Ocean Race Europe, Ocean Race Atlantic und The Ocean Race haben. Doch viele französische Sponsoren schöpfen die Möglichkeiten nicht über französische Grenzen hinaus aus.
Nein, nicht so viele. Eine schwerere Maschine für mehr Vortrieb in Notfällen kommt, aber es ist insgesamt ein recht hohes Plateau der Imoca-Entwicklung erreicht. Man ist jetzt auf abnehmender Kurve eher am Ausdesignen des Zusatznutzens. Dadurch wird die Flotte, so hoffe ich, 2028 homogener. Da werden nicht so sehr große Steps drin sein. Es gibt wieder mindestens ein halbes Dutzend oder mehr Neubauten.
Man kann es ja kaum kaputtkriegen.
Ja. Holly Cova bleibt Teamdirektorin und Pifou (Red.: Pierre-François Dargnies) der Technische Direktor, der gleichzeitig eine Art Managing Director für Frankreich ist. Dann ist da unser Boat Captain Stu McLachlan als Dreh- und Angelpunkt. Wichtig ist auch unsere Finanzmanagerin Kerstin Hainke, die gleichzeitig ein bisschen Mutter des Teams ist. Für mich wichtige Techniker bleiben auch an Bord, ebenso unser Kommunikationsteam.
Wir sind aktuell sieben Männer und Frauen auf der Seglerliste. Bekannt sind unsere Co-Skipper Will Harris und Cole Brauer. Weitere werden wir in den kommenden Wochen und Monaten vorstellen und sehen, wer wann im Einsatz sein wird. Es hängt eher an ihnen, ihren Projekten und ihren Wünschen, dass wir jetzt noch nicht alle öffentlich nennen können.
Auf jeden Fall Neuland. Und ich freue mich darauf. Das ist mit dem Mix aus kürzeren küstennahen Rennen und dem Rolex Fastnet Race eine Art des Segelns die ich länger nicht gemacht habe. Das hat mir damals beispielsweise mit Jochen Schümann auf ‚Esimit Europe‘ totalen Spaß gemacht. Man muss aber auch sagen, dass ich nicht auf dem Trainingslevel dort antreten kann, wie es aus meiner Sicht sein müsste.
Ich beschreibe es mit einer Erinnerung: Als wir im Portimão Global Race 2008/2009 nach Etappe zwei in Wellington waren, habe ich einen Abstecher nach Auckland gemacht. Dort lief eine TP52-Serie mit den neuseeländischen America’s-Cup-Seglern, bei der auch Jochen Schümann mitmischte. Während die Segler bei einer Pressekonferenz waren, sah ich, wie ihr Teamchef Grant Dalton auf dem Boot ackerte und einen nassen Spi aus dem Vorschiff zerrte. Das hat mich beeindruckt. So eine Art teamdienliche Rolle sehe ich für mich auch beim Admiral’s Cup.
Das ist noch einmal eine tolle Chance für uns, alles aus dem Boot herauszuholen, was geht.