Vendée GlobeBoris Herrmann – “Die Vendée Globe ist die ultimative Herausforderung”

Tatjana Pokorny

 · 07.11.2024

Boris Herrmann bei seiner letzten Pressekonferenz vor dem Vendée-Globe-Start
Foto: Screenshot/Team Malizia
Noch drei Tage bis zum Start der 10. Vendée Globe. Am Sonntag (10. November) fällt der Startschuss um 13.02 Uhr vor Les Sables-d’Olonne. Boris Herrmann hat kurz vor seinem zweiten Solo um die Welt eine letzte Online-Pressekonferenz gegeben. Dabei wirkte er fokussiert und sortiert – Lampenfieber inklusive.

Man kann die Countdown-Uhren in Les Sables-d’Olonne fast schon bis Deutschland ticken hören. Die Spannung vor dem Start steigt täglich. Am Sonntag startet in Frankreich die wichtigste Solo-Weltumseglung Vendée Globe. Eine Rekordflotte von 40 Booten wird am 10. November um 13.02 Uhr zur 10. Edition vor Les Sables-d'Olonne aufkreuzen. Boris Herrmann will es zum zweiten Mal nach seiner Premiere 2020/2021 wissen. Sein Motto: “Back for more.”

Anders als oftmals in der Vergangenheit, blicken die 34 Männer und sechs Frauen einem Schönwetter-Auftakt entgegen. Auch der fünfmalige Weltumsegler Boris Herrmann erwartet einen “eher ruhigen Start”. Der 43-Jährige sagte bei seiner letzten Pressekonferenz am Donnerstagmittag: “Momentan sieht es nach leichten bis mittleren Winden aus.”

10. Vendée Globe: Kein neuer Rekord in Sicht?

Statt der möglichen sechs Tage bis zum Äquator könnte der in der Vergangenheit oft ruppige und von vielen Ausfällen geprägte Biskaya-Auftakt fast doppelt so lange dauern. Herrmann präzisierte: “Es sieht aktuell nicht sehr schnell aus, eher nach zehn, elf Tagen bis zum Äquator.” Damit sind die Chancen auf eine neue Bestzeit für das bekannteste Einhandrennen um die Erde gesunken. Den Rekord hält seit der vorletzten Vendée Globe 2016/2017 der Franzose Armel Le Cléac'h mit 74 Tagen, 3 Stunden, 35 Minuten und 46 Sekunden.

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Das Rennen führt seine Herausforderer von Frankreich den Atlantik hinunter. Auf ihrer Südmeerroute um die Welt passieren die Wagemutigen die drei großen Kaps: das Kap der Guten Hoffnung, Kap Leeuwin und Kap Hoorn. Anschließend geht es den Atlantik wieder hinauf in den Start- und Zielhafen Les Sables-d'Olonne.

Für den Start könnte die Flotte “vielleicht eine leichtwindige Kreuz” erwarten, so Herrmann. “Vielleicht gibt es auch eine Brise bei Kap Finisterre”, sagte Herrmann weiter. “Das typische Szenario ist ja ein riesiges Tiefdruckgebiet mit einer Kaltfront, hämmernde Wellen und Reaching raus aus der Biskaya. Das hatten wir letztes Mal. Da mussten ein paar Boote in den ruppigen Bedingungen kurz nach dem Start wieder umdrehen. Tatsächlich also sieht es dieses Mal hübsch, aber nicht sehr schnell aus.”

Boris Herrmanns Favoriten sind Ruyant und Richomme

Auf die Frage nach seinen Rennfavoriten und Frankreichs hoch eingeschätztem Charlie Dalin (”Macif Santé Prévoyance) unterstrich Boris Herrmann erneut seine bereits früh geäußerte Einschätzung: “Für mich sind die Favoriten eher Thomas Ruyant und Yoann Richomme. Ich glaube, Charlie Dalin wird ein starker Wettbewerber im Atlantik sein. Sein Boot ist für flacheres Wasser oder moderaten Seegang optimiert. Ich glaube, dass wir im Southern Ocean die anderen beiden genannten Wettbewerber potenziell vor dem Wind mit schnelleren Durchschnittsgeschwindigkeiten erleben werden. Das hoffe ich auch für uns.”

Eine weitere Begründung für seine Einschätzung lieferte Boris Herrmann gleich mit: “Charlie könnte ein fantastisches Rennen segeln. Er ist einer der besten Segler. Ich glaube nur, dass sein Boot vor dem Wind im Süden schwierig ist. Für den Atlantik allerdings ist es sicher das schnellste Boot. Viel wird davon abhängen, welches Szenario wir etwa südlich vor Kapstadt erleben werden. Wird er Teilen der Flotte ein oder zwei Wettersysteme voraus sein?”

Andererseits erinnerte Boris Herrmann daran, dass der Atlantik nicht alles entscheiden wird: “Die Schönheit der Vendée Globe liegt auch darin, dass du 1000 Meilen zurückliegen, das Rennen aber trotzdem noch gewinnen kannst. Sogar 1500 Meilen Rückstand können im Verlauf des Rennens noch umgedreht werden. Für mich ist nicht Charlie Dalin der große Favorit in diesem Rennenn, auch wenn ich ihn als Ersten im Southern Ocean sehe.”

Welche Design-Philosophie macht das Rennen?

Warum er Yoann Richomme und Thomas Ruyant wie auch sich selbst mit “Malizia – Seaexplorer” zum Favoritenkreis zählt, erklärte Boris Herrmann so: “Thomas Ruyant und Yoann Richomme haben ihre Boote fürs Südmeer und damit fürs Gesamtrennen wie auch wir besser optimiert.” Man werde sehen, so Herrmann, “welche Philosophie am Ende besser aufgeht.” Auch weiß Herrmann, dass noch eine weitere gute Handvoll starker Konkurrenten im Kampf um die Podiumsplätze mitmischen wird.

Ich bin wirklich aufgeregt.” Boris Herrmann

Er selbst habe sich nach Platz fünf bei seiner Premiere «mental besser vorbereitet» auf zweieinhalb Monate Herausforderungen und Einsamkeit. Offen räumte Herrmann ein, dass er das Rennen trotz vorheriger Teilnahme «vielleicht ein wenig unterschätzt habe». Er sagte: “Die Vendée Globe ist die ultimative Herausforderung! Es mag wie eine Phrase klingen, aber ich beginne es jetzt wirklich zu fühlen! Seit September schwitzen mein Hände ein wenig. Ich bin nervös, hüpfe von einem Bein aufs andere.”

Gleichzeitig aber hielt Herrmann, der sich in den vergangenen Wochen bewusst rar gemacht und stark zurückgezogen hatte, fest: “Ich glaube, dass ich mich in einer wirklich guten Gemütsverfassung befinde und wir sehr gut vorbereitet sind. Ich denke, wir sind eines der am besten vorbereiteten Teams. Ich hatte seit Mitte September nicht mehr viel am Boot zu tun. Das ist ein großartiges Gefühl.” Er habe sich auch auf andere Themen und Studien konzentrieren können und fühle sich vor dem Rennen insgesamt “wirklich gut”.


Der Blick hinter die Kulissen – so laufen die Vorbereitungen im Start- und Zielhafen von Les Sables-d’Olonne:

An Bord von “Malizia – Seaexplorer” – der Livestream der Cockpit-Kamera für den Starttag:

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