Vendée GlobeBlitzeinschlag bei Boris Herrmann – zum zweiten Mal

Tatjana Pokorny

 · 08.01.2025

Gespenstisch war die Szenerie in stürmischem Regen und Gewitter für Boris Herrmann in der Nacht vom 6. auf den 7. Januar, als ein Blitz in der Nähe der "Malizia – Seaexplorer" einschlug.
Foto: Boris Herrmann/VG2024; Blitz Montage
“Oh, mein Gott, sowas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen”, entfuhr es Boris Herrmann. Der “Malizia – Seaexplorer”-Skipper hatte nicht nur dramatische Wetterbedingungen, sondern auch zum zweiten Mal binnen eines Jahres einen nahen Blitzeinschlag zu überstehen. Während er selbst unverletzt blieb, trug das Boot Schäden davon.

Boris Herrmanns “Malizia – Seaexplorer” hat zum zweiten Mal binnen eines Jahres einen nahen Blitzeinschlag überstanden. Während der Skipper selbst unverletzt blieb, wurden Teile der Ausrüstung in Mitleidenschaft gezogen. Der Vorfall hat sich bereits in der Nacht von Montag auf Dienstag ereignet, wie Herrmanns Team Malizia am Mittwoch vermeldete. Das Boot wurde weniger beschädigt als bei der ersten unheimlichen Blitzbegegnung im Mai vergangenen Jahres in New York.

Vendée Globe: massive Front, unerbittliche Gewitter

“Gestern war einer der verrücktesten Tage, die ich je auf See erlebt habe“, sagte Boris Herrmann, der nicht viel Ruhe bekam, seit er am Montagnachmittag den Mast seiner Rennyacht Malizia - Seaexplorer bestiegen und ein Problem mit der Takelage behoben hatte.

„Es begann mit einer massiven Front und unerbittlichen Gewittern, wie ich sie in all meinen Jahren als Segler noch nie erlebt habe. Es dauerte die ganze Nacht und bis in den Tag hinein, mit heftigem Regen, wie ich ihn noch nie erlebt habe.“ Der Malizia-Skipper segelte bei seiner zweiten Vendée Globe in der Nähe von Cabo Frio vor der brasilianischen Küste in Richtung Äquator, als er in den Sturm geriet.

“Ein paar Male lagen wir flach auf dem Meer und ich wurde herumgeschleudert.” Boris Herrmann

In einem Video abends am 7. Januar erklärte Boris Herrmann: „Die Gewitter waren heftig, mit Blitzen aus allen Richtungen, krachenden Wellen und einem Boot, das Mühe hatte, aufrecht zu segeln. Zum Glück ging nichts kaputt, bis ein Blitz in der Nähe einschlug.”

Sofort begann mein Bildschirm zu blinken, wurde schwarz und der Autopilot schaltete sich zusammen mit den Instrumenten ab.” Boris Herrmann

Danach erlebte Boris Herrmann das unwirkliche Szenario so: „Alarme ertönten, und das Boot verlor die Kontrolle und lag flach im Wasser. Der Wind nahm wieder zu, es donnerte und blitzte noch mehr, er war unerbittlich. Ich glaube, das Meer hat mir gestern wirklich die Zähne gezeigt. Ob es nun an der Vendée Globe oder am Wetter lag, diesen Tag werde ich nicht vergessen.”

Autopilot wieder klar, Radar nicht

Einige elektronische Ausrüstung an Bord, so vermeldete Boris Herrmann inzwischen, ist in Folge des Blitzeinschlages beschädigt, muss repariert oder ausgetauscht werden. Am späten Dienstagabend sagte der Skipper zum Zustand seiner Ausrüstung: “Dank des Shore-Teams waren wir imstande, einen Autopiloten und einen Satz Windinstrumente wieder in Gang zu bringen. Das ist wirklich gut!”

Vieles andere aber habe er vorerst nicht: “Das Radar ist kaputt. Der Bildschirm hier arbeitet nicht mehr. Ich habe keine Daten mehr für die Lasten, das Foil-Rake. Das Kiel-System arbeit nicht mehr normal. Ich muss vieles mehr im Handbetrieb machen als normal. Aber ich kann die Batterien laden, habe Strom, den Watermaker…” Detailliert ist Boris Herrmanns Bestandsaufnahme im Video zu sehen.

Mit minimalem Schlaf, ohne Zeit zum Essen und immer noch mit reichlich Adrenalin im Blut, sagte Deutschlands bekanntester Segler später: „Seitdem kämpfe ich darum, mich zu erholen. Wir sind gerade aus der Front herausgekommen. Seit einer halben Stunde habe ich endlich wieder Nordwind. Zuvor machte der Südwind fast alles unmöglich. Das Boot konnte leicht 30 Knoten erreichen, wenn ich nicht aufpasste, und mit der Dünung, die von vorne kam, war es ein Chaos.”

Vendee-Globe-Ernährung: Kraftgel vom Freund

Er habe gemerkt, dass er seit der Mastbesteigung nicht mehr richtig gegessen habe, “nur ein Gel von meinem Freund Thomas Theriult und etwas Kraftnahrung”. Während für die Spitzenreiter der 10. Vendée Globe schon die letzte Woche auf See läuft, hat Boris Herrmann seine Positionierung im laufenden Wettkampf bei allen Dramen nicht außer Acht gelassen.

In seiner Gruppe kämpfen er und seine Rivalen um die besten Plätze in den Top Ten wie um den Sieg. Boris Herrmann bleibt mit langem Atem mittendrin. Zum Ende von Renntag verteidigte der “Malizia – Seaexplorer”-Skipper morgens am 8. Januar Platz sechs.

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Für seine Gruppe scheint sich die Formel “Am besten im Westen” auszuzahlen. Während an der Spitze des Feldes Charlie Dalin (”Macif Santé Prévoyance”) seine Führung vor Yoann Richomme über Nacht auf knapp 170 Seemeilen weiter ausbauen konnte und Les Sables-d’Olonne mit guter Geschwindigkeit entgegensegelte, lagen die Verfolger auf den Plätzen vier bis zehn am Mittwochmorgen – gemessen in Seemeilen – immer noch eng beisammen.

Dennoch zeichnet sich ab, dass die vor der brasilianischen Küste von West nach Ost verteilten Boote von ihrer Routenwahl unterschiedlich profitieren. Es war aktuell die westlich und dichter an der Küste segelnde Gruppe um den viertplatzierten Jérémie Beyou (”Charal”), den Briten Sam Goodchild (”Vulnerable”) und Boris Herrmann (”Malizia – Seaexplorer”), die sich dort Vorteile erkämpfen konnte. Die Ost-Boote mit Nico Lunven (”Holcim - PRB”) und Paul Meilhat (”Biotherm”) dagegen haben Meilen eingebüßt.

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