Neue Woche, neues Glück? Für Boris Herrmann war das zweite Vendée-Globe-Wochenende teuer. Der "Malizia – Seaexplorer"-Skipper war in der Nacht zum Montag bis auf Platz 33 und 264 Seemeilen hinter Spitzenreiter Sam Goodchild zurückgefallen. In seinem BLog für die YACHT hatte sich Boris selbst taktisch "nicht das beste Händchen" attestiert. Die Lage sei "nicht katastrophal", aber "man sieht die beiden 'Vulnerable'-Boote mit einer jetzt recht komfortablen Führung".
Man müsse sehen, so Boris Herrmann bereits am Sonntag, wie es sich "in zwei, drei Tagen ausgeht, wenn wir die Passatwinde erreichen". Am sehr frühen Montagmorgen konnte Boris Herrmann binnen weniger Stunden wieder 15 Seemeilen und fünf Plätze gutmachen, lag beim 7-Uhr-Update am Morgen des achten Tages der Vendée Globe auf Platz 28. Boris Herrmann sagte auch: "Ich bin sehr zuversichtlich für den Süden, auch wenn ich da ein paar Hundert Seemeilen Rückstand habe. Ich sollte imstande sein, das wieder aufzuholen."
Während die enteilten Spitzenreiter am Montagmorgen in für sie aktuell sehr leichten Winden um zwei bis fünf Knoten etwas ins Stocken gerieten, konnten die Verfolgergruppen am Montagmorgen in etwas mehr Druck um sieben bis neun Knoten weiter Boden gutmachen. Für die Jäger könnte der Hochdruckrücken, den die führenden Sam Goodchild ("Vulnerable"), Sebastien Simon ("Groupe Dubreuil") und Goodchilds Teamchef Thomas Ruyant ("Vulnerable") am Montagmorgen zu meistern haben, etwas schmaler ausfallen.
Der heftig angeschwollene Rückstand wird sich so leicht aber nicht reduzieren lassen. Rund 150 bis 170 Seemeilen hinter Sam Goodchild kämpften auch die drei Co-Rennfavoriten Charlie Dalin (12.), Jérémie Beyou (18.) und Yoann Richomme (19.) um Anschluss an das enteilte Führungtrio mit Goodchild, Simon und Ruyant.
"Die Wetterdaten korrespondieren nicht so richtig mit der Realität und Sam hat das richtig gut gemacht", verneigte sich die Schweizerin Justine Mettraux, die am Montagmorgen auf Platz 17 lag. Detaillierter sagte die "TeamWork - Team Snef"-Skipperin: "Sam war in der Lage, die Winddreher zum richtigen Zeitpunkt auszunutzen, anstatt längerfristig auf eine Windänderung zu warten. Einige von uns haben auf eine Windwende gewartet, die lange auf sich warten ließ. Ich habe die erst seit gestern Abend."
Auch “Stand as One - Altavia”-Skipper Eric Bellion, der am Montagmorgen auf Platz 24 lag, huldigte dem erst 34-jährigen “Vulnerable”-Skipper Sam Goodchild aus Bristol: “Sam Goodchild ist Sam Goodchild. In meiner Prognose hatte ich gesagt, dass er der erste Ausländer sein wird, der die Vendée Globe gewinnen wird.” Bellion begründete seine Aussage so: “Auch, wenn die Winde instabil sind, schafft er es, die lokalen Effekte zu seinem Vorteil zu nutzen und das Gummiband auszudehnen.”
Der Vielgelobte selbst blieb gewohnt zurückhaltend. In seinem Sonntagsvideo ist er vor dem Sonnenuntergang zu sehen. Sam Goodchild spricht über das Wetter (”Wir hatten Sturmböen, Wind, Regen“), über die kleinen Dinge des Alltags (”Ich konnte zum ersten Mal duschen und mein T-Shirt wechseln“) und über das, was als Nächstes ansteht („Wir fahren in den Süden“). Über seine Top-Position verliert er kein Wort. Goodchild versicherte, dass „alles in Ordnung ist“. Er sei “glücklich, hier zu sein“.
Während sich die Segler an den Gedanken gewöhnen, dass diese Regatta von enormer Länge ist, haben die letzten leichtwindigen Tage ihnen geholfen, sich ans Leben auf dem Meer zu gewöhnen und auch den Abschied von Familien und Freunden Lieben zu verkraften. „Ich habe eine Weile gebraucht, um ins Rennen zu kommen“, erklärte nicht nur Damien Seguin (”Apicil Group”) am Wochenende.
Ich bin glücklich. Ich bin da, wo ich sein will. Ich fühle mich extrem privilegiert... Und ich habe einen Riesenspaß!“ Eric Bellion
Auch der 48-järhige Segler, Autor, Filmemacher und TV-KolumnistEric Bellion sprach vielen Vendée-Globe-Solisten aus der Seele, als er sagte: „Die Traurigkeit, die ich empfand, als ich meine Familie verließ, hat viel Raum eingenommen. Sie hinderte mich daran, ganz der zu sein, der ich war. Ich musste besonders wachsam sein und Dinge sehr einfach verrichten, weil ein Teil von mir nicht da war. Jetzt liegt das hinter mir.”