Vendée GlobeAtemlos im Südatlantik – ”Wie ein kleines Tier mit Mach 12”

Tatjana Pokorny

 · 25.11.2024

Der am 25. November amtierende 24-Stunden-Solo-EInrumpfrekordhalter Yoann Richomme auf "Paprec Arkea".
Foto: Eloi Stichelbaut/Polaryse/VG2024
Die Spitzenreiter der Vendée-Globe-Flotte haben haben den Südatlantik zu ihrem Nürburgring im Rennens um die Welt gemacht. Mit dem “Kapstadt-Express” sind die Besten über Nacht zu immer neuen 24-Stunden-Rekorden gerast. Schnellster Einrumpf-Solosegler ist seit den Morgenstunden vorerst der Franzose Yoann Richomme.

Es war die pure Raserei über Nacht. Und sie ist noch nicht zu Ende. Mehrfach haben sich die Imoca-Granden an der Spitze des Feldes im Südatlantik mit neuen fabelhaften Etmalen überboten. Mit dem "Kapstadt-Express" brettern die führenden Boote auf Kurs Kap der Guten Hoffnung nach Südosten.

Ich fühle mich wie ein kleines Tier, das in diesem Rumpf überlebt, der mit Mach 12 fährt.” Thomas Ruyant

24-Stunden-Durchschnittsgeschwindigkeiten jenseits von 23 Knoten haben mit Spitzenreiter Charlie Dalin ("Macif Santé Prévoyance", 23,4 Knoten), Thomas Ruyant ("Vulnerable", 23,68 Knoten), Yoann Richomme ("Paprec Arkéa", 23,66 Knoten), Nicolas Lunven ("Holcim - PRB", 23,34 Knoten) und Jérémie Beyou ("Charal", 23,13 Knoten) gleich fünf Solisten erreicht.

Vorerst Vendée-Globe-Speedkönig: Yoann Richomme

Das letzte Ausrufezeichen bei dieser Muskelschau hat einstweilen Yoann Richomme in den frühen Morgenstunden des 25. November gesetzt. Richomme eröffnete die dritte Rennwoche mit sagenhaften 579,86 Seemeilen, nachdem zuvor in schneller Folge "Holcim - PRB"-Skipper Nicolas Lunven (554,55 Meilen), Charlie Dalin (558,82 Meilen), Thomas Ruyant (571,59 Meilen) und auch Yoann Richomme selbst (574,71 Meilen) die Bestmarke immer weiter hochgeschraubt hatten.

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Wir segeln nicht nur so schnell, um den Rekord zu brechen. Insbesondere versuchen wir, die beste Position zum Tief zu erreichen. Wir wissen nicht, was der Rest uns bringen wird, können (den Speed) so aber so lange wie möglich halten.” Thomas Ruyant

Damit rücken die Solisten auch dem Mannschaftsrekord für Einrumpfboote, den offiziell die von Skipper Kevin Escoffier geführte “Holcim - PRB” mit 640,48 Seemeilen bei einem Speedschnitt von 26,68 Knoten im Ocean Race aufgestellt hat, immer näher. Inoffiziell waren Boris Herrmann und Team Malizia auf Etappe fünf im Ocean Race mit 641,13 Seemeilen (Schnitt: 26,71 Knoten) sogar noch schneller.

24-Stunden-Mannschaftsrekord erreichbar?

Weil aber der Unterschied zu “Holcim - PRB” entsprechend der Regel 26.4 der Rekordbestimmungen des World Sailing Speed Record Councils (WSSR) nicht groß genug war (unter einer Seemeile), steht offiziell der Rekord von “Holcim - PRB” in den Rekordlisten. Auch, wenn jeder das Malizia-Etmal kennt und die Crew es damals auf See so stürmisch gefeiert hat wie die Fans an Land.

Die führenden Boote segeln aktuell direkt nördlich des Tiefs, näher an seinem Zentrum. Daher genießen sie etwas mehr Wind und flachere See als die Boote, die ihnen hinterherjagen. Zu den dichtesten Jägern zählten am Montagvormittag Sam Davies (”Initiatives Coeur”) als Zehnte und Justine Mettraux (”TeamWork-Team Snef”) als Elfte. Die furiosen Frauen hatten beim 11-Uhr-Update rund 270 und 330 Seemeilen Rückstand auf die rasende Speerspitze des Feldes angesammelt.

Da lagen die Top-Vier mit Dalin, Ruyant, Richomme und Landsmann Sebastien Simon auf “Groupe Dubreuil” 100 Seemeilen auseinander. Die drei nächsten Verfolger – Sam Goodchild, Jérémie Beyou und Nico Lunven – trennten bei 118 bis 125 Seemeilen Rückstand nur etwa sieben Seemeilen. Dahinter kämpften Titelverteidiger Yannick Bestaven (”Maître Coq V”, 148,6 Seemeilen Rückstand) und Paul Mailhat (”Biotherm”, 211 Seemeilen) darum, den Kontakt zu den führenden Booten nicht abreißen zu lassen.

Boris Herrmann ringt um den Anschluss

Boris Herrmann Rückstand war an diesem Montagvormittag auf 366 Seemeilen angeschwollen. Für den Moment bestätigten sich damit die Prognose des “Malizia – Seaexplorer”-Skippers, dass sein möglichst bald wieder wegzuschaufelnder Meilenberg zunächst wachsen wird. Ob der “Kapstadt” die führenden Boote tatsächlich ohne Unterbrechung weiter so schnell zum Kap der Guten Hoffnung tragen wird, blieb indessen unklar. Es gibt auch Prognosen, die das vorderste Feld in wieder weniger Wind fahren sehen – das wäre die Chance für die Verfolger.

Wer in der Zwischenzeit das Feld detaillierter beobachtet hat, sah vielleicht auch dies: Der Schweizer “Tut gut.”-Skipper Oliver Heer hat eine Zwei-Stunden-Strafe abgebrummt. Die hatte er von der Jury kassiert, weil er vor dem Rennstart ohne vorherige Genehmigung der Rennleitung ein Segel von seinem Boot genommen hatte. Inzwischen hat Olli Heer das Rennen wieder aufgenommen. Sein Rückstand auf Charlie Dalin betrug am zu Ende gehenden 15. Tag der 10. Vendée Globe rund 1194 Seemeilen.

Boris Herrmann kommt an der Kante des Windsystems nicht so schnell voran wie die Spitzenreiter – sein Clip von Sonntagabend zeigt das:

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