Vendée GlobeAlle Highlights des Rennens – die Welt im Sturm erobert

Tatjana Pokorny

 · 02.02.2025

Impressionen der Vendée Globe 2024/25
Foto: Bernard Le Bars; Alea; VG24
Die Impressionen der Vendée Globe 2024/25 zum Durchklicken
In 80 Tagen um die Welt – Zwölf Wochen voller Höhen und Tiefen liegen hinter Boris Herrmann und seinen Konkurrenten bei der Vendée Globe. Noch ist das Rennen in vollem Gange, doch wir werfen bereits einen Blick zurück auf die bisherige Chronologie des spektakulären Abenteuers.

Noch läuft das Rennen der Rekorde. Viele Skipper sind noch auf See. Die Sieger, Helden und ihre ersten Jäger aber haben ihre Erfolge längst gefeiert, das Ankommen zelebriert und ihre Wunden geleckt. Die zehnte Jubiläumsauflage der Vendée Globe hat ein Rekordkapitel geschrieben, das lange in Erinnerung bleiben wird. Boris Herrmann erlebte seinen schwersten Kampf. Früh im „Pot au Noir“ am Äquator auf dem falschen Fuß erwischt, verpasste er den Anschluss, dem er bis zum Ende hinterherjagte. Er musste Tiefschläge in Serie wegstecken, Resilienz, Kampfgeist und Demut demonstrieren. Die 10. Vendée Globe war nicht sein Rennen. Dass er am Ende einer schwarzen Bruch- und Blitzserie, nach J2-Ärger, ungeliebten Mastarbeiten, Blitzeinschlägen mit üblen Folgen für seine Bordelektronik und Leistungseinbußen von „Malizia – Seaexplorer“ und schließlich einem Foilbruch immer weiterkämpfte, hat ihm auch Respekt eingebracht.

Es war Überflieger Charlie Dalin, der nach seinem Rekordrennen und Blick auf den Vorsprung der Top-Drei vor dem Verfolgerfeld festhielt: „Dieser riesige Unterschied spiegelt nicht das wahre Niveau der besten Imoca-Segler untereinander wider.“ Die Aussage des Maestros rückte einiges gerade, was die unterschiedlichen Wetterfenster bewirkt hatten, in denen die führenden Segler sich schon ab Mitte des Südatlantiks hatten absetzen können. Die Verfolger blieben öfter kleben, während vorne die Post abging. Dass die drei Podiumssegler – Charlie Dalin („Macif Santé Prévoyance“), Yoann Richomme („Paprec Arkéa“) und Sébastien Simon („Groupe Dubreuil“) eine Woche vor den nächsten Booten ins Ziel kamen, haben sie sich mit imposanten Leistungen verdient. Beflügelt wurden sie aber oftmals auch von besseren Bedingungen, als ihren Verfolger vergönnt waren. Bedingungen, wie sie so schnell vielleicht nicht wiederkommen. Dalins Rekord könnte für lange Zeit stehen.


Die Vendée Globe im ausführlichen Protokoll

10. November

DIE FANS RASEN

Ehrgeizige Ziele, große Träume, Respekt vor der größten Herausforderung des Segelsports und ganz viel Abenteuerlust begleiten die Rekordflotte der 40 Herausforderer und ihrer Imocas aus zwei Jahrzehnten (zwischen 2005 und 2023) an die Startlinie zur 10. Vendée Globe. Der Wunsch von 350.000 Fans vor Ort und Millionen Followern rund um die Welt begleitet die Wagemutigen bei der Kanalparade hinaus zur Startlinie: „Rock around the globe!“

10. November

BORIS HERRMANN REPARIERT

Der schlappe Wind kann beim Start mit den hohen Wogen der Emotionen nicht mithalten. Boris Herrmann führt das Rennen eine halbe Stunde nach dem Start kurz an, bevor andere vorbeiziehen. Der „Malizia – Seaexplorer“-Skipper hat direkt einen technischen Defekt zu lösen: Er muss in den ersten 24 Stunden den gebrochenen Hydraulikzylinder seines Autopiloten austauschen, fällt etwas zurück.

12. November

SAM GOODCHILD GLÄNZT

In der Auftaktphase geht es im Nordatlantik ruppig zur Sache. Die Geräuschkulisse an Bord der Imocas ist brutal. Sébastien Simon vermeldet einen Lärmpegel von fast 100 Dezibel an Bord. Das Feld wird vom angriffslustigen „Vulnerable“-Skipper Sam Goodchild angeführt. Er wird bei seiner Premiere insgesamt 24 Male als Spitzenreiter geführt werden – das ist in dieser Statistik-Kategorie am Ende des Rennens Platz drei hinter Charlie Dalin und Yoann Richomme wert.

13. November

LUNVEN RAST LOS

Nicht die üblichen Verdächtigen im Feld, sondern der besonnene „Holcim – PRB“-Skipper Nico Lunven stellt als Erster bei dieser Vendée Globe mit 546,6 Seemeilen einen neuen 24-Stunden-Rekord auf. Doch das ist nur die Ouvertüre zum noch folgenden Rekordspekatekl… An der Spitze messen sich schon die Co-Favoriten Yoann Richomme und Charlie Dalin miteinander. Für Boris Herrmann geht es in teilweise 30 bis 40 Knoten Wind in der zweiten Hälfte der Top Ten auf und ab.

15. November

AUS FÜR „MONSIEUR EVEREST“

Drei Tage hat „V and B – Monbana – Mayenne“-Skipper Maxime Sorel wie ein Löwe gegen sein drohendes Aus gekämpft. Dann muss er nach Problemen mit dem Großsegelschloss und einem teilweisen Bänderriss als Erster aufgeben. Der geplatzte Traum schmeckt für den Zehnten der neunten Vendée Globe, der im Mai 2023 nach seinem ersten „Everest der Meere“ auch den echten Mount Everest bestiegen hatte, besonders bitter: Seine Sponsoren hatten schon vor dem Startschuss das Ende des Projekts bekanntgegeben. Boris Herrmann lässt seine Fans beim Aufstieg bis auf Platz drei träumen.

16. November

JEAN LE CAM BRICHT AUS

Nach seinem Ausbruch auf Höhe der Kanaren und einem zunehmend großen Split von der Flotte führt Altstar Jean das Feld auf extremer östlicher Route zum Äquator an, während die Favoriten auf Kurs Äquator in leichteren Winden im Westen teilweise stark zurückfallen. Boris Herrmann hält sich beim Segelschach in den Top-20. Charlie Dalin und Yoann Richomme finden sich im hinteren Drittel der Flotte wieder.

17. November

BURTON-SCHOCK & WEÖRES-AKROBATIK

Louis Burton entdeckt am Ende der ersten Woche Risse im Deck von Bureau Vallée – der Anfang vom qualvollen Ende des furchtlosen Angreifers. Gleichzeitig muss Szabi Weöres nach einem Knockdown mit Riesenloch im Großsegel und dem ums Vorstag gewickelten A7 sowohl in den Mast als auch am Vorstag hochklettern.

18. November

HERRMANN OHNE FLAUTEN-FORTUNE

In Zitterwinden rauscht Boris Herrmann auf Kurs Äquator beim Topfschlagen unter dunklen Wolken im Klassement bis auf Platz 33 zurück. Sein Boot dreht etwa beim 24. Breitengrad Nord Kreise. „Es sieht aus wie in den Doldrums. Wünscht uns Glück, hier durchzukommen“, sagt er im frustrierenden Spiel. Doch Fortuna umarmt ihn nicht. In seinem YACHT-Sonntagsblog erklärt Herrmann, taktisch „nicht das beste Händchen“ gehabt zu haben. Diese Tage inklusive weiterer Verluste am 19. November werden sich im weiteren Rennverlauf als die „teuersten“ seiner zweiten Vendée Globe erweisen.

19. November

FIESE GROSSE WOLKEN

Boris Herrmann ist drei Tage vor Erreichen des Äquators auf Platz 23 zurückgefallen, hat fast 250 Seemeilen Rückstand auf den mit Boot von 2019 furios agierenden Spitzenreiter Sam Goodchild. Herrmann nennt „ein bisschen Speedprobleme in den leichten Winden“ und „Pech mit einzelnen großen Wolken“ als Gründe.

20. November

FANS GLAUBEN AN HERRMANN

Eine aktuelle Umfrage der Yacht ergibt an diesem Tag: 10 Prozent der Teilnehmer glauben, dass der Zug hier schon für Team Malizias Skipper abgefahren ist. 18 Prozent glauben, dass er schon ab den Doldrums aufholen kann. 71 % denken, er wird später im Rennen wieder aufholen.

21. November

RUYANT IST ERSTER AM ÄQUATOR

„Vulnerable“-Skipper Thomas Ruyant erreicht den Äquator nach 11 Tagen, 7 Stunden, 8 Minuten und 15 Sekunden als Erster. Zu diesem Zeitpunkt ist es ein insgesamt langsames Rennen. Alex Thomson war mit „Hugo Boss“ acht Jahre zuvor schon zwei Tage eher da. Boris Herrmann braucht zehneinhalb Stunden länger als Ruyant.

24. November

DER WETTLAUF ZUM KAPSTADT-EXPRESS

Die Flottenspitze hat sich zwei Wochen nach dem Start sortiert: Charlie Dalin führt vor Thomas Ruyant, Yoann Richomme, Sam Goodchild, Seb Simon und Jérémie Beyou. Boris Herrmann ringt als Dreizehnter wie weitere Verfolger um den Anschluss an den „Kapstadt-Express“ ein perfekt ziehendes Tief, dass seine Mitfahrer rasant schnell zum Kap der Guten Hoffnung galoppieren lässt. Herrmanns Eindruck sollte nicht trügen: „Ich bin leider an der Kante dieses Systems etwas am Verhungern. Jetzt ist es wieder eine Nagelkaupartie. Es kann gut sein, dass hier ein sehr großer Abstand entsteht zwischen den Führenden und meiner Position. Was ein bisschen Glück für die Führenden ist – und ausgesprochenes Pech für mich.“

25. November

RASENDE ZEITEN

Die Frontmänner überbieten sich bei der Speedbolzerei im „Kapstadt-Express“ mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von 23 Knoten und neuen 24-Stunden-Rekorden. Bestes Etmal sind jetzt die 579,86 Seemeilen von Yoann Richommes „Paprec Arkéa“. Sein Kommentar: „Ich fühle mich wie ein kleines Tier, das in diesem Rumpf überlebt, der mit Mach 12 fährt.“

27. November

MINUS EIN VORSEGEL

Justine Mettraux verliert als Dreizehnte ihr J0-Vorsegel. Es ist gerissen und nicht mehr reparabel. Der Verlust wird bei Raumschots- und Reaching Bedingungen auf den verbleibenden knapp 19.000 Seemeilen schmerzen. Boris Herrmann hat jetzt 500 Seemeilen Rückstand auf die Spitze, die bei Führung von Dalin weiter Richtung Kapstadt heizt.

27. November

DER 24-STUNDEN-REKORD

Sébastien Simon segelt wie im Rausch, überbietet mit „Groupe Dubreuil“ (Ex-Ocean-Race-Siegerin „Malamā“) mehrfach in Folge die 24-Stunden-Bestmarke. Mit 615,33 Seemeilen (1139,6 km) setzt er das finale Ausrufezeichen bei dieser Vendée Globe. Boris Herrmann beschleicht ein „graues Gefühl“. Er sagt, er falle „langsam aus dem Kapstadt-Express“ und ahnt schon für die kommende Zeit „noch ein paar Hunderte Meilen mehr“ auf seinem Konto. Er wird Recht behalten.

28. November

KAPSTADT-EXPRESS: BITTE AUSSTEIGEN!

Auch Sam Goodchild, Titelverteidiger Yannick Bestaven und Paul Meilhat verlieren zunehmend den Anschluss an die enteilenden Spitzenreiter.

29. November

DIE FORMIDABLEN VIER

Charlie Dalin passiert das Kap der Guten Hoffnung als Erster (19 Tage, 3 Stunden, 43 Minuten, 2 Sekunden). Gemeinsam mit Thomas Ruyant, Yoann Richomme und Sébastien Simon bildet er die „Formidablen Vier“. Die Pacemaker liegen beim ersten der drei Kaps nur 36 Seemeilen auseinander. Drei von ihnen werden am Ende auf dem Podium stehen. Boris Herrmann steckt in der Flautenfalle, verliert binnen 24 Stunden mehr als 200 Seemeilen im Südatlantik.

1. Dezember

EINE VORENTSCHEIDUNG

Der Tag ist einer der einflussreichsten des gesamten Rennens, denn mit zunächst Yoann Richomme (1.), Thomas Ruyant (4.) und Jérémie Beyou (5.), dann auch Nico Lunven (6.), Sam Goodchild (7.) und Yannick Bestaven (8.) entscheiden sich sechs der Top-Acht zur Sicherheitsflucht vor einem aus Westen heranbrüllenden Monster-Tief, das 50, 60 Knoten bringen soll. Sie eröffnen riesige Nordschleifen, Thomas Ruyant hinauf bis über den 36. Breitengrad Süd. Zwei aber ziehen im tiefen Süden durch: Charlie Dalin und Seb Simon.

2. Dezember

DER GROSSE FEHLENDE

An diesem Tag vor vier Jahren hat Seb Simon nach einer Kollision mit stark beschädigtem Steuerbordfoil Kapstadt anlaufen und aufgeben müssen. Damals war er Vierter. Jetzt überholt er Yoann Richomme, fährt er auf Platz zwei hinter Charlie Dalin vor. Richomme hält fest: „Das Niveau ist ähnlich wie bei den letzten Rennen. Seb Simon hat sich in letzter Zeit wirklich gesteigert. Er ist der große Fortschritt. Ansonsten sind es die üblichen Verdächtigen. Der große Fehlende ist Boris.“ Der liegt 1274 Seemeilen hinter der Spitze zurück auf Platz 13.

4. Dezember

IN VERSCHIEDENEN WELTEN

„Paprec Arkéa“-Skipper Yoann Richomme hält 328 Seemeilen „hinter“, vor allem aber 550 Seemeilen nördlich von Charlie Dalin im Indischen Ozean fest: „Wir sind jetzt in zwei verschiedenen Welten, jeder auf einer anderen Seite des Sturms.“ Auf „Malizia – Seaexplorer“, die 1273 Seemeilen hinter Dalin auf Platz zwölf segelt, muss Boris Herrmann die gebrochene Hydraulikverstellung vom Backbord-Foilcase reparieren. Das Rake, die Neigung, muss er fortan fixieren. Der Schweizer Oliver Heer bangt um seine Vendée-Globe-Premiere, weil seine Maschine unter Wasser steht, doch die aufwendige Reparatur gelingt.

5. Dezember

AUS FÜR „BAUMEISTER“ BURTON

Gerne hätte man gesehen, zu was der angriffslustige Dritte der 9. Vendée Globe bei dieser Runde imstande gewesen wäre. Doch „Bureau Vallée“-Skipper Louis Burton muss aufgeben. Seine kreative Bootsbaukunst unter widrigsten Bedingungen war nach der frühen Entdeckung von Rissen im Rumpf legendär. Jetzt sorgt zusätzlich ein irreparabler Riggschaden fürs Aus.

7. Dezember

DÉJA-VU FÜR SIMON

Zum zweiten Mal in Folge wird Sébastien Simon bei einer Vendée Globe von einem Foil-Bruch geschockt. Das Steuerbord-Foil ist bei einer Kollision am Ellenbogen abgebrochen. Dieses Mal kämpft der Flotten Zweite hinter Charlie Dalin bei 250 Seemeilen Vorsprung auf Yoann Richomme festentschlossen weiter.

8. Dezember

QUARTETT MIT DREI DAMEN

Auf den Plätzen elf bis 13 trennen Justine Mettraux, Boris Herrmann, Sam Davies und Clarisse Crémer an Renntag 28 nur 50 Seemeilen. Die Schweizerin, der Deutsche, die Britin und die Französin bilden die internationalste Gruppe des Feldes. Hin und wieder tauschen sie die Plätze, doch kommt zwischen dem 23. November und 17. Dezember kein anderes Boot dazwischen.

9. Dezember

DALIN STÜRMT KAP LEEUWIN

Erster auch bei Kap Leeuwin: Charlie Dalin heizt nach einer Renndauer von 29 Tagen, 2 Stunden, 10 Minuten und 58 Sekunden am zweiten der drei Kaps vorbei. Ihm auf den Fersen: Seb Simon, Yoann Richomme und Thomas Ruyant. Einer der Vier wird es nicht aufs Podium schaffen.

Boris Herrmann wird Kap Leeuwin als Zehnter gut drei Tage nach Dalin passieren, aber: Er meistert die Passage vom Kap der Guten Hoffnung mit der zweitschnellsten Zeit der Flotte (10 Tage, 1 Stunde, 49 Minuten) – ein gutes Gefühl bei der atemlosen Aufholjagd und eine Auszeichnung für das Südmeer-Boot „Malizia – Seaexplorer“. Nur einer war auch hier knapp dreieinhalb Stunden schneller: Charlie Dalin!

12. Dezember

BLACKOUTS BEI DAVIES

„Initiatives – Cœur“-Skipperin Sam Davies hat eine Serie von Blackouts wegzustecken, muss dazu das Lashing für ihren Großsegelkopf austauschen. Vor Rennbeginn als Co-Favoritin auf einen der vorderen Plätze gehandelt, kommt sie nicht ran an die Top-Akteure.

13. Dezember

VORENTSCHEIDUNG IM KAMPF UMS PODIUM

„Vulnerable“-Skipper Thomas Ruyant sowie die ihm folgenden Jérémie Beyou, Nico Lunven, Sam Goodchild, Yannick Bestaven und Paul Meilhat werden im Südmeer zwischen Tasmanien und Neuseeland von einer Hochdruckbarriere ausgebremst, die sich in Nord-Süd-Achse wie eine Wand vor sie legt – die Vorentscheidung. Ruyant hat den Sprung auf die andere Seite als erster Leidtragender nur knapp verpasst. „Für mich ist das Worst-Case-Szenario eingetreten“, sagt der Co-Favorit am Freitag, den Dreizehnten. Zwei Tage später wird er 800 Seemeilen Rückstand auf Dalin haben, der mit Yoann Richomme und dem auch auf einem Foil noch schnellen Seb Simon davonfliegt.

16. Dezember

DER ERSTE MASTBRUCH

Das Unglück trifft Pip Hare. Die Britin verliert im Indischen Ozean einen Teil ihres Riggs. „Ich weiß nicht, was da passiert ist. ‚Medallia‘ ist einfach abgehoben – als sie landete, kam der Mast in zwei Teilen von oben.“ Pip Hare stellt ein Notrigg, segelt ins australische Melbourne und erzählt bis dahin mitreißend von ihrer Reise mit dem „Slow Boat“. Fast unglaublich: Auf den Tag genau 16 Jahre zuvor war bei ihrem Landsmann Mike Golding auf „Ecover“ bei dessen Vendée Globe gebrochen. An diesem Tag muss in Folge seines gebrochenen Backbord-D2-Wants auch Szabolcs Weöres als vierter Skipper nach Sorel, Burton und Hare aufgeben. Beim 58. Breitengrad Süd tobt das Duell der Giganten Dalin und Richomme, die im Pazifik nur eine Handvoll Seemeilen trennen. Boris Herrmann rückt auf Platz neun vor.

18. Dezember

BUG AN BUG

Unfassbares Duell am anderen Ende der Welt: Mit Charlie Dalin und Yoann Richomme liegen die beiden Rennfavoriten nach mehr als 13.500 Seemeilen exakt gleich auf, spornen sich zwischen Neuseeland und Point Nemo entlang der Eisgrenze gegenseitig an, den kurzzeitig nördlich von ihnen an die Spitze durchgeschlüpften Seb Simon wieder einzufangen. Boris Herrmann rückt nach starker Aufholjagd auf Platz acht vor.

21. Dezember

„MALIZIA – SEAEXPLORER“ KENTERT

Eiskalt wird Boris Herrmann beim 53. Breitengrad im Südpazifik auf Kurs Point Nemo erwischt: „Malizia – Seaexplorer“ schmiert in diffus-ruppigen Bedingungen ab, kentert. Ihr Skipper kann sie aber wieder aufrichten und jagt als Achter Kap Hoorn entgegen. Am selben Tag noch kommt es zur menschlich schönen Begegnung im einsamsten Revier der Welt: Herrmann liefert sich ein Duell mit Titelverteidiger Yannick Bestaven, kann sich durchsetzen, rückt auf Platz sieben vor.

22. Dezember

WEISSE WEIHNACHTSZEIT

Zwei Tage vor Heiligabend erlebt Boris Herrmann, was in seinem Heimathafen ausbleibt: eine weiße Weihnachtszeit mit Schnee und Hagel. Mit seinem Ocean-Race-Navigator Nico Lunven auf „Holcim – PRB“ liegt der nächste Konkurrent nur noch 100 Seemeilen voraus. 230 Seemeilen trennen ihn vom vierplatzierten Thomas Ruyant. „Platz für Platz“… hofft ein Herrmann-Fans in den sozialen Netzwerken. „Die für das Südmeer optimierte VPLP-Kosntruktion stellt einmal mehr ihr Potenzial unter Beweis“, halten die Veranstalter zum Deutschen fest.

24. Dezember

DIE KAP-HOORN-KRONE

Segel-Blockbuster zu Heiligabend: Bug an Bug streben die Vendée-Globe-Giganten Dalin und Richomme dem letzten und legendärsten der drei Kaps entgegen. Es ist Vendée-Globe-„Rookie“ Richomme, der sich mit 9 Minuten und 30 Sekunden Vorsprung durchsetzt und den Coup bei Tageslicht und stolzem Blick auf den Felsen feiert. Bis hierhin ist nun der fulminante Franzose nach 43 Tagen, 11 Stunden, 25 Minuten und 20 Sekunden der Flottenschnellste. Boris Herrmanns Weihnachtswunsch? „Mein größter Wunsch ist es, Kap Hoorn zu sehen.“ Er wird keine Erfüllung finden. Das führende Trio Richomme/Dalin/Simon ist inzwischen mit starken Wetterfenstern so weit enteilt, dass sogar der viertplatzierte Thomas Ruyant 1500 Meilen Rückstand auf die Spitze hat. Der Kampf ums Podium ist hier längst entschieden – doch wer wird siegen?

26. Dezember

„JUJU“ IN DEN TOP TEN

Justine Mettraux feiert ihr Comeback in den Top Ten. Sie überholt Yannick Bestaven, der nach dem Versagen eines Fallenschlosses und ohne den nicht mehr einsetzbaren Code 0 mit stumpfem Schwert kämpft.

27. Dezember

SCHLAFLOS IM SÜDMEER

Nie zuvor ist Boris Herrmann so tief im Süden gesegelt. Beim 59. Bereitengrad fühlt er sich nicht in Weihnachtsstimmung, stellt auch den mitgebrachten Christbaum nicht auf, sucht nach seinem Rhythmus.

28. Dezember

KAP HOORN, DIE SIEBTE

Boris Herrmann passiert Kap Hoorn bei seiner sechsten Weltumseglung zum siebten Mal. Er bekommt den Felsen, an dem er sich 2023 im Ocean Race noch mit Team Malizia die Ocean-Race-Krone holte, in weit entfernter Dunkelheit nicht einmal zu sehen. Kleine Wiedergutmachung: Er erreicht den Längengrad von Kap Hoorn 31 Sekunden vor „Biotherm“-Skipper Paul Meilhat.

29. Dezember

KAP-HOORN-PREMIERE FÜR „JUJU“

Justine Mettraux passiert mit ihrem 2018er-Design „TeamWork – Team Snef“ Kap Hoorn als einzige Frau in den Top Ten. Sie erinnert sich für ihre Gruppe mit Boris Herrmann an „einen eher milden Indischen Ozean und einen engagierten Pazifik“. Zeitgleich liegt die Deutsch-Französin Isabelle Joschke auf Platz 18, muss zehn Stunden ihren defekten Motor investieren und hat den Bruch ihres Steuerbord-Foils zu beklagen.

30. November

DER TITELVERTEIDIGER GIBT AUF

Yannick Bestaven gibt mit nicht auf See reparierbaren Steuersystem-Problemen auf. Sein Zwischenstopp in Ushuaia besiegelt die unglückliche Aufgabe. Paul Meilhat katapultiert sich binnen fünf Tagen mit guten Positionierungen in wechselhaften Bedingungen von Platz zehn auf Platz fünf.

Silvester

DALIN LÄSST ES KRACHEN

Zum 170. Mal übernimmt Charlie Dalin die Führung im Vendée-Globe-Klassement, das seit dem Start alle vier Stunden aktualisiert wird. Er kommt nach epischem Duell mit Richomme entlang der Eisgrenze und den Atlantik hinauf schneller aus dem zuletzt leichtwindigen Katz-und-Maus-Spiel beim 27. Breitengrad raus. Es ist der Beginn von Dalins nun fast 5000 Seemeilen andauernden Siegergala bis ins Ziel.

2. Januar

EISBERGE IN SICHT

Eisbergsichtungen sorgen für Alarmstimmung in einer Gruppe, die noch entlang der antarktischen Ausschlusszone auf Kurs Point Nemo segelt. Die Zone kann nicht mehr verlegt werden, wenn sie zuvor schon von Solisten passiert wurde. Zum ersten Mal seit 2008 sehen Skipper wie Conrad „Crazy Kiwi“ Colman wieder weiße Riesen auf ihrem Kurs.

3. Januar

RÜCKSCHLAG FÜR RUYANT

Der seit dem 18. Dezember ununterbrochen auf Platz vier liegende Vorstart-Co-Favorit Tomas Ruyant wird 360 Seemeilen vor Uruguay von 55 Knoten Wind wie wie von einer Räuberbande aus dem Nichts überfallen. „Vulnerable“ wird auf die Seite geworfen. Zwei Stunden erlebt Ruyant 45 bis 60 Knoten Wind. Danach ist sein zerfetztes J2 Geschichte. Und damit auch die letzten Hoffnungen, bei 1000 Seemeilen Rückstand auf Seb Simon vielleicht doch noch an Platz drei ranzukommen.

5. JANUAR

DER MALIZIA-REKORD HÄLT

Boris Herrmann muss einen gebrochenen Unterliekstrecker reparieren, kann sich aber aus der Ferne freuen: Charlie Dalin hat den Abschnitt von Kap Hoorn bis zum Äquator in 12 Tagen und 15 Stunden geschafft. Boris Herrmann war vier Jahre zuvor mit 11 Tagen und 18 Stunden schneller. Er behält die Bestmarke und rückt am nächsten Tag auf Platz sieben vor.

7. Januar

HERRMANN BESIEGT HÖHENANGST

Angstaufgabe für Boris Herrmann: Er muss in den Mast, seine „Arbalète“ reparieren. Diese Kontrolleine macht – wenn gefiert – das Backstag zu einem Toppmast-Backstag. Wenn angezogen, zieht sie das Backstag auf Höhe des Vorstags an den Mast und arretiert. Danach segelt der Malizia-Mann stolz als Siebter in die Nacht und ringt am Folgetag in schweren Gewittern mit Thomas Ruyant um Platz sechs.

8. Januar

BLITZEINSCHLAG BEI „MALIZIA“

Ein naher Blitzeinschlag legt weite Teile der Elektronik von „Malizia – Seaexplorer“ lahm. Als westlichstes der aufgefächerten Boote auf den Plätzen vier bis zehn in der unbeständigen Südatlantik-Arena knapp 400 Seemeilen östlich vor Salvador de Bahia mit stark reduziertem Equipment unterwegs, findet sich Herrmann zwei Tage nach „dem schlimmsten Tag meines Lebens“ auf Platz neun wieder. 24 Stunden später werden ihm nur 34 Seemeilen auf Jérémie Beyou auf Platz vier fehlen.

9. Januar

KÜKEN VOR KAP HOORN

Während Charlie Dalin bei 1900 Seemeilen ins Ziel schon im Endspurtmodus segelt, ist Violette Doranges Kap-Hoorn-Jubel ansteckend. Die „DeVenir“-Skipperin hat mehr als eine halbe Million Follower bei Instagram, steht ihre Frau beim ersten Solo um die Welt in allen Segellagen Der erfahrene Haudegen Arnaud Boissières bezeichnet die mit 23 Jahren jüngste Teilnehmerin respektvoll als Mitglied seiner „Pazifik-Gang“.

10. Januar

FALLENSCHLOSSBRÜCHE IM TREND

Nächster Fallenschlossbruch: Yoann Richomme verliert sein J0. Ob es ihm bei 200 Seemeilen Rückstand auf den entschlossenen Charlie Dalin noch geholfen hätte?

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11. Januar

IM MONDLICHT IN DEN MAST

Nach dem Bruch seines Fallenschlosses für das J2 am Vortag, steigt Boris Herrmann wieder in den 29 Meter hohen Mast. Er tut es im Mondlicht beherzt und erfolgreich – ohne Angst. Ein Erfolg. Beim Filmemacher und Fernsehmann Éric Bellion dagegen hält die J2-Reparatur nicht. Der Franzose muss einen Tag später Port Stanley auf den Falklandinseln anlaufen und aufgeben.

12. Januar

POSITIVE ZWISCHENBILANZ

Boris Herrmann ist Neunter, zieht im Boris BLog für die YACHT Zwischenbilanz: „Ich war bis 25 Seemeilen an Platz vier dran. Es ist nicht toll, im Rennen nach hinten zu sacken.“ Dennoch schätzt er seine Leistung höher ein als bei der Premiere. „Auch als Projekt ist es eine größere Leistung mit dem eigenen Schiffbau, der sich so weitgehend bewährt, und einer erfolgreichen Kampagne und bisher auch einer ganz guten Platzierung.“ Im Gespräch mit Renndirektor Hubert Lemonnier sagt Boris Herrmann auf die Frage, ob er aus dem Rennen schon Erkenntnisse für ein nächstes Boot ziehen konnte: „Dieses Mal waren es eine Menge meteorologischer Barrieren, die das Feld in Stücke gerissen haben. Die ersten Drei sind so weit weg, dass das nicht alleine mit Bootsdesign zu erklären ist.“

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14. Januar

DER VOLLENDETE: CHARLIE DALIN SIEGT

Charlie Dalin kommt mit Fabelrekord nach 64 Tagen, 19 Stunden, 22 Minuten und 49 Sekunden ins Ziel.

15. Januar

RICHOMME SCHNELLER, DALIN EFFEKTIVER

„Nicht schlecht für einen, der erst seit zwei Jahren Imoca segelt“, schreibt ein Fan als Kommentar in die Live-Übertragung von Yoann Richommes Finale. Der ebenbürtige Gegner von Charlie Dalin folgt einen Tag nach dem Sieger. Interessant der Zahlenvergleich: Richomme absolvierte 28.326 Seemeilen über Grund mit durchschnittlich 17,95 Knoten. Dalin brauchte ohne Richommes Nordschleife im Indischen Ozean insgesamt nur 27,667 Seemeilen, war mit seinem Schnitt von 17,79 Knoten einen Tick langsamer, aber effektiver.

16. Januar

SCHWARZE SERIE HÄLT AN

Schocknachricht von See: Boris Herrmann vermeldet den Bruch seines Backbordfoils in Folge einer Kollision mit einem „OANI“ (nicht identifiziertes Objekt oder Tier) um 3.31 Uhr in der Nacht etwa 750 Seemeilen südwestlich der Kapverden. Dem Skipper geht es gut, das Boot trägt keine weiteren Schäden davon. Das Vendée-Globe-Ergebnis aber wohl.

17. Januar

DAS KIND DER VENDÉE GLOBE

Ebenfalls nur auf einem Foil kommt Sébastien Simon mit „Groupe Dubreuil“ ins Ziel. Er kreuzt dabei die Kurse, die er als Optisegler im Heimatrevier von Les Sables-d’Olonne kennengelernt hat. Der Jubel bei seiner Kanalfahrt ist riesig, er sagt: „Ich bin ein Kind der Vendée Globe. Es ist ein fabelhafter Kurs. Es ist mein Kurs. Ich bin hier großgeworden.“ Vier Jahre nach dem Foilbruch-Aus bei seiner Vendée-Globe-Premiere hat Simon sein Blatt dieses Mal gut ausgespielt. Sponsor Groupe Dubreuil hat schon die Fortsetzung der glücklichen Partnerschaft signalisiert. Und Simon hat versprochen: „Meine Geschichte mit der Vendée Globe ist nicht beendet, bevor ich sie nicht gewonnen habe.“

18. Januar

NICHT MEHR TOP TEN

Benjamin Dutreux überholt den flügellahmen Boris Herrmann, zieht daraus aber keine Freude: „Ich bin jetzt vor Boris. Ich hatte das Gefühl, auf ein verwundetes Tier zu schießen.“

19. Januar

PLATZ VIER UMKÄMPFT WIE DER SIEG

Sam Goodchild, 35, und Jérémie Beyou, 48, ringen im Dauerduell um die Holzmedaille wie um einen Sieg. Der ältere Guillaume-Verdier-Entwurf „Vulnerable“ (2018) des jüngeren Seglers aus Thomas Ruyants Rennstall TR Racing und das Sam-Manuard-Design „Charal“ von 2022 trennt kurz vor dem Ziel nach 22.430 Seemeilen nur eine Zehntelseemeile!

20. Januar

GOODCHILDS GROSSSEGEL EXPLODIERT

Sam Goodchilds Traum von Platz vier platzt mit seinem Großsegel in einer Crash-Halse in stürmischen Winden. Kaum vorstellbar, doch Macgyver Goodchild klebt, näht und patcht sein Groß in den Folgetagen wieder zusammen, leert dabei 14 Kleber-Kartuschen.

24. Januar

GUTER VIERTER PLATZ

Jérémie Beyou, 48, wollte bei seiner fünften Vendée Globe mit seinem Neubau „Charal“ unbedingt auf Podium und bekam mit Platz vier das zweitbeste Ergebnis seiner Karriere nach Platz drei vor acht Jahren. Das versöhnliche Echo des Ehrgeizigen: „Es gibt gute und nicht so gute vierte Plätze. Das hier ist ein guter vierter Platz.“

FORMIDABLER FÜNFTER

Kein technischer Rückschlag, nicht der Wassereinbruch und auch nicht der mastgefährdende Vorstagbruch auf dem atlantischen Rückweg, haben den Entschlossenen aufhalten können. Paul Meilhat, 42, hat nach seinem Aus vor acht Jahren, als er Dritter war, im zweiten Anlauf mit eigenem Biotherm-Projekt, kleinem Team, Privatkredit für neue Foils und starker Positionierung im Endspurt mit Platz fünf bewiesen, dass er zu den Besten seiner Generation zählt.

GLÜCKLICHER SECHSTER

Boris Herrmanns Ocean-Race-Navigator Nico „The Brain” Lunven hatte nach der Last-Minute-Übernahme von „Holcim – PRB“ als einziger Skipper nur ein Jahr Vorbereitungszeit für die Vendée Globe. Der 42-Jährige Routing-Experte und Intensiv-Mannschaftsweltumsegler hat nach drei Ocean-Race-Teilnahmen in Folge bei seiner Solo-Premiere auf „Holcim – PRB“ mit Platz sechs bewiesen, dass er es auch alleine kann.

25. Januar

GESCHLAGENER CO-FAVORIT

Mit “Vulnerable”-Skipper Thomas Ruyant, 43, kommt einer der großen Vorstart-Favoriten als Siebter ins Ziel. Zwischen Rückschlägen wie dem Wassereinbruch in der Auftaktphase, dem Blackout an der Eisgrenze im Südpolarmeer und dem J2-Verlust bei einem schweren 55-Knoten-Knockdown im atlantischen Schlusssprint konnte der Imoca-Klassenantreiber immer wieder seine Klasse zeigen. Das erhoffte Podium bleibt für den Mini-Transat-, Route-du-Rhum und Transat-Jacques-Vabre-Sieger und Herrmann-Verbündeten in Imoca-Klassenangelegenheiten auch im dritten Anlauf nach Strukturschaden-Aufgabe bei der Premiere 2016 und Foilbruch 2020 unerreichbar.

SCHWEIZER GIPFELSTURM

Ihm folgt im Ziel das erste nicht-französische Boot auf Platz acht im Jubelsturm: Die Schweizerin Justine „Juju“ Mettraux, 38, etabliert mit 76 Tagen, 1 Stunde, 36 Minuten und 52 Sekunden einen neuen Vendée-Globe-Frauenrekord. Dabei hat die einzige zweimalige Ocean-Race-Gewinnerin der vorherigen Rekordhalterin Clarisse Crémer, die als Elfte ins Ziel kommt, rund elf Tage abgenommen. Die Skipperin vom Genfer See ist nach Catherine Chabaud, Ellen MacArthur und Samantha Davies erst die vierte Frau, die es in die Top Ten einer Vendée Globe schafft. Ihre besten Waffen: starke Wurzeln in einer extrem segelaffinen Familie mit vier professionell segelnden Geschwistern, Erfahrung aus drei Mannschaftsrennen um die Welt, belastbare Allround-Könnerin, mehr Wettkämpferin als Abenteurerin.

DEM DIE ZUKUNFT GEHÖRT

Hinter ihr kommt mit Thomas Ruyants jungem Rennstallgefährten Sam Goodchild, 35, ein Aufsteiger ins Ziel, der schon im ersten Anlauf das Zeug zu mehr hatte. Das im Atlantik-Finale geplatzte Großsegel verhinderte die verdiente Top-Fünf-Platzierung des multitalentierten britischen Generalisten mit 2019er-Imoca, von dem man in Zukunft alles erwarten darf.

26./27. Januar

HISTORISCHES NOVUM

Im Sturm müssen sich Benjamin Dutreux als Zehnter und Clarisse Crémer als Elfte durch die tobende Biskaya ins Ziel kämpfen. Beide kreuzen die Linie alleine auf See und müssen noch in der Nacht ohne Hilfe La Rochelle anlaufen, weil die Einfahrt durch den Kanal nach Port Olona unmöglich ist. Das gab es nie zuvor in der Geschichte der Vendée Globe. Ben Dutreux, 34, hat zum zweiten Mal nach Platz neun im vorherigen Rennen als Top-Ten-Skipper bewiesen, dass er auch mit älterer Imoca von 2015 zum erweiterten Hochleistungszirkel der Imoca-Granden zählt. Clarisse Crémer, 35, hat gezeigt, dass sie nach vielen Qualifikationshürden stürmische Zeiten sowohl an Land als auch auf See meistern kann. Ihr Selfie-Video beim „wohl einsamsten Vendée-Globe-Finale“ in dunkler Sturmnacht zeigt sie lachend und weinend zugleich. Ihr abgeschlossenes zweites Solo um die Welt nennt die Pariserin, die erst als Studentin zum Segelsport fand, ein „immenses Geschenk“.

29. Januar

“ES IST GESCHAFFT”

Boris Herrmann hat nach 80 Tagen wieder festen Boden unter den Füßen. Er schließt seine Liebsten in die Arme, genießt die Jubelparade im Kanal nach Port Olona und gibt erste Interviews. Mit einer Zeit von 80 Tagen, 10 Stunden, 16 Minuten und 41 Sekunden unterbot er die eigene Zeit von seiner Premiere vier Jahre zuvor um gut viereinhalb Stunden. Sein Minimalziel einer Top-Ten-Platzierung konnte Herrmann bei dieser zweiten Solorunde um die Welt allerdings nicht erreichen. Klar wird schnell: Es soll weitergehen, der sechsmalige Weltumsegler will es in vier Jahren wieder wissen. Davor warten neue Herausforderungen auf den einzigen deutschen Segler, der zwei Vendée Globes ins Ziel gebracht hat.

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