Tatjana Pokorny
· 03.05.2024
Langweilig ist dieses Transat CIC nicht. Führungswechsel bei den Imoca- und den Class40-Solisten, starke Jäger und ein immer besser in Fahrt kommender Boris Herrmann sorgen für anhaltende Spannung auf dem 3500-Seemeilen-Solokurs von Lorient nach New York. Allein das Imoca-Spitzenduell zwischen den Langzeitrivalen Yoann Richomme (”Paprec Arkea”) und Charlie Dalin (”Macif Santé Prévoyance”) ist sehenswert.
Dabei konnte sich nach fünf Tagen nun aber Yoann Richomme erstmals etwas deutlicher absetzen, hatte sich am Freitagmittag mit fabelhaften Geschwindigkeiten von deutlich jenseits der 20 Knoten rund 60 Seemeilen Vorsprung vor dem lange in Führung gelegenen Charlie Dalin erarbeitet. Rund 1250 Seemeilen waren zu dem Zeitpunkt noch bis New York zu meistern. Am ehesten konnten zuletzt Boris Herrmann (”Malizia – Seaexplorer”) und Damien Seguin (”Groupe Apicil”) mit der hohen Geschwindigkeit der Pacemakers auf “Paprec Arkéa” mithalten.
So war Boris Herrmann am Mittag des 3. Mai auf Platz vier vorgerückt und hatte dabei nur noch gut eine Seemeile Rückstand auf die drittplatzierte Britin Samantha “Sam” Davies”. Die wiederum jagte zehn Seemeilen vor sich schon den etwas zurückgefallenen zweitplatzierten Charlie Dalin. Während also Yoann Richomme vorne zu enteilen schien, rückten die dahinter liegenden Angreifer auf Kurs West im Kampf um die Podiumsplätze dichter zusammen.
Meine Moral ist hoch. Ich habe eine Platzierung, die mir gefällt.” Yoann Richomme
Da für den letzten Abschnitt bis zur Ziellinie schwächere Winde erwartet werden, in denen noch starke Veränderungen möglich sind, bleibt das aktuelle Bild eine Momentaufnahme. Dennoch freute sich Yoann Richomme offen über seine deutliche Führung, die er angesichts der brutalen Bedingungen der letzten 36 Stunden als Belohnung empfand: „Meine Moral ist hoch, ich habe eine Platzierung, die mir gefällt. Ich werde alles tun, um diese Führungsposition bis zum Ende zu halten, auch wenn es bis zum Ziel noch sehr viel zu tun gibt”, sagte Richomme bereits am Donnerstagabend.
Ich bin eher im Vollgas-Modus als im ruhigen Modus.” Charlie Dalin
Angesichts der Lage hat Charlie Dalin seine Strategie geändert. Der kluge Kopf und studierte Konstrukteur, der nach den krankheitsbedingt verpassten Transats 2023 eine eher konservative Herangehensweise ans laufende Transat CIC angekündigt hatte, damit er das Rennen so beenden kann, “wie ich es brauche”, sagte jetzt: “Ich bin eher im Vollgas-Modus als im ruhigen Modus.” Seine Prognose für den langen und fordernden Endspurt verrät, was der Transat-Flotte noch bevorsteht. Dalin sagt: “Auch wenn wir jetzt mit den sehr starken Winden fertig sein sollten, wird es viel mehr Manöver geben als im ersten Teil des Rennens. Es wird nicht unbedingt die entspannteste Zeit werden.”
Die Führenden segelten am Freitag in kalten Nordwinden, während sie aus dem ostwärts ziehenden System nach Westen drängen und in zunehmend schwächere Winde geraten werden. Der sich hinter Richomme und Dalin abspielende Dreikampf zwischen Sam Davies, Boris Herrmann und dem hinter ihm auf Platz fünf liegenden Paul Meilhat wirkt wie ein Revival des Ocean Race. Dort hatte Sam Davies Paul Meilhat auf “Biotherm” unterstützt. Alle drei kennen sich gut, setzen ihren Wettkampf aktuell wieder solo fort.
Die Schweizerin Justine Mettraux (”Teamwork-Team SNEF”) lag mit knapp 170 Seemeilen Rückstand am Freitagmittag auf Platz zehn, ihr Landsmann Alan Roura (”Hublot”) auf Platz 13 vor “Macsf”-Skipperin Isabelle Joschke. Als bester Non-Foiler ist Tanguy Le Turquais mit “Lazare” auf Platz 12 vorgerückt. Sein nächster Konkurrent Benjamin Ferré hat auf “Monoyeur – Duo for a Job”) ein technisches Problem und plant einen Reparaturstopp.
Mit Ian Lipinski (”Crédit Mutuel”) hat auch die Class40 einen Spitzenreiter, der seinen Abstand zuletzt vergrößern konnte. Neun Seemeilen Vorsprung hatte der Franzose am Freitagmittag auf Ambrogio Beccaria auf “Alla Grande Pirelli”. Ian Lipinski berichtete lächelnd: „Es war eine große Freude, am Scheitelpunkt des Wettersystems anzukommen, die Schoten zu lockern und den Spinnaker hochzuziehen, nachdem ein paar Tage wirklich schwierige Verhältnisse herrschten.“ In der Class40 haben inzwischen mit Quentin Le Nabour (”Bleu Blanc Planète Location”) und Aurélien Ducroz (”Crosscall”) zwei Solisten offiziell aufgegeben.