SportVendée Globe: "Apivia" mit Foilschaden

Andreas Fritsch

 · 14.12.2020

Sport: Vendée Globe: "Apivia" mit FoilschadenFoto: Jean-Marie Liot / Alea / Disobey/ApiviaVG2020
Apivia

Charlie Dalins Backbord-Foil ist beschädigt, er fährt mit 6 Knoten weiter und untersucht das Problem. Thomas Ruyant übernimmt die Führung

Dalin segelte gegen 19 Uhr gestern Abend mit einer Führung von 65 Meilen und 17 bis 19 Knoten Speed vor seinen Verfolgern, als er ein lautes Geräusch hörte, aber offenbar keinen Aufprall spürte. Er verlangsamte das Boot sofort; eine Kontrolle unter Deck ergab einen Schaden am Backbord-Foil. Es gab aber wohl keinen Wassereinbruch. Nach letzten Infos seines Teams ist die untere Aufnahme des Foil-Kastens am Rumpf beschädigt. Das Profil des Foils sei unbeschädigt, es habe wohl keine Kollision gegeben. Das Team arbeitet einen Reparaturplan aus und Dalin will den nachlassenden Wind dafür ausnutzen.

  Charlie DalinFoto: Vincent Curuchet// Imoca
Charlie Dalin

Allerdings spricht der Tracker für sich, Dalin war beim Positions-Update heute Morgen um 4:00 Uhr immer noch mit knapp 6 Knoten unterwegs, während Thomas Ruyant weiter südlich mit 18 und Yannick Bestaven nördlich mit 12 Knoten segelten. Letzterer überraschte dann gestern Abend auch noch mit einer unerwarteten Meldung von Bord: "Ich komme gerade aus dem Mast zurück. Ich bin durchgeschwitzt, aber glücklich! Ich habe es niemandem gesagt, aber es hat mich seit Tagen beschäftigt. Ich konnte meine J2 nicht mehr benutzen, die wirklich das Allzweck-Segel an Bord ist und vielseitiger einsetzbar als der Gennaker. Ich musste die ganze Zeit meinen kleinen Gennaker benutzen, das Boot war immer am Rande des Kontrollverlustes. Es war nicht sehr komfortabel und manchmal sogar gefährlich."

Rund eineinhalb Stunden dauerte die Reparatur am Vorstag, der Franzose konnte das Segel wegen des Schadens wohl über eine Woche nicht benutzen. Dass er mit dem Gennaker die meiste Zeit offensichtlich überpowert fuhr, erklärt auch seine spektakuläre Aufholjagd, die ihn nun nur 2,5 Seemeilen hinter Thomas Ruyant Platz zwei beschert.

  Stand des Rennens heute Morgen Foto: Vendèe Globe
Stand des Rennens heute Morgen 

Nun fährt an der Spitze ein sehr ungewöhnliches Trio: zwei Yachten, die ihr Backbord-Foil – das wichtigere in diesem Teil des Rennens – nicht benutzen können und ein Boot der letzten Generation mit den kleinen Foils. Wie die Speeds der letzten Tage gezeigt haben, konnte Thomas Ruyant ohne Foil das Tempo von Bestaven mit altem, nicht einmal halb so großem Foil knapp halten. Sollte Dalin seinen Schaden nicht reparieren, aber weitersegeln können, ergäbe das eine interessante Gruppe.

Während an der Spitze also die Karten neu gemischt werden, müssen sie sich um ihre Führung nach hinten sich derzeit nicht sorgen. Die Verfolger mit Boris Herrmann parkten dort ziemlich im Leichtwind ein. Sie wurden gestern im Laufe des Abends vom Hochdruck eingeholt und sind heute Morgen mit 4 bis 9 Knoten Bootsspeed quälend langsam unterwegs. Allerdings lief es für Herrmann nicht schlecht. Er konnte über Nacht Louis Burton einholen, liegt jetzt praktisch gleichauf mit dem Siebtplatzierten.

Gestern meldete Boris Herrmann sich noch einmal von Bord anlässlich seiner Kap-Leeuwin-Passage:

"Ich hatte nicht wirklich Zeit, die Passage des Kaps zu feiern, auch wenn es natürlich ein schöner Moment war. Ich denke, ich hebe mir das Feiern für die zweite Hälfte des Rennens auf. Der Hochdruck hat uns ein bisschen gestoppt am Rand der Eis-Exklusions-Zone. Mein Routing gestern zeigte, dass es uns alle aufhält, auch Damien Seguin und Jean vor mir, und vielleicht gibt es ein paar Positionsverschiebungen. Aber die Wettermodelle sind hier unten nicht so akkurat. Also bleibe ich einfach entspannt, ich kann nichts tun, wir können nicht links oder rechts ausweichen, müssen warten, bis der Hochdruck uns passiert hat."

Boris Herrmann gibt im ZDF-Intervew tiefe Einblicke in seine Gefühle während des Rennens

Dem ZDF gab Herrmann gestern ein Interview, das tiefen Einblick in seine Gefühle während des Rennens gewährt.

"Aber die Trennung von Yannick, der so lange eine Art Weg-Genosse für mich war, es schmerzt ein wenig, wie viele Meilen ich an ihn verloren habe. Er segelt exzellent, zeigt sein ganzes Können und ich bewundere ihn aufrichtig dafür. Mit 300 Meilen Abstand ist die Trennung zur Spitze deutlicher ausgeprägt, und es sieht so aus, als ob das auch länger so bleibt, zumindest so weit, wie ich in meinen Wettermodellen sehen kann. Wir müssen also abwarten, ob sich in der zweiten Hälfte des Pazifiks für uns noch einmal Chancen ergeben aufzuholen."

Boris Herrmann filmte sich beim Ausreffen und Trimm seiner "Seaexplorer"