RegattaMutiges Vendée-Globe-Comeback: Co-Favorit Beyou macht es!

Tatjana Pokorny

 · 15.11.2020

Regatta: Mutiges Vendée-Globe-Comeback: Co-Favorit Beyou macht es!Foto: Olivier Blanchet/Alea/VG2020
"Charal"-Skipper Jérémie Beyou

Mit mehr als 2500 Seemeilen Rückstand will "Charal"-Skipper Beyou nach Bruch und Blitz-Refit noch einmal durchstarten. Boris Herrmann findet das "beeindruckend"

Bis zu 20 Teammitglieder haben seit Jérémie Beyous Rückkehr in den Start- und Zielhafen Les Sables-d'Olonne am vergangenen Samstag Tag und Nacht geschuftet, um diese kleine Sensation zu ermöglichen: Der "Charal"-Skipper will am Dienstag mit neuntägigem Rückstand noch einmal in die neunte Auflage der Vendée Globe durchstarten. Spitzenreiter Alex Thomson wird dann voraussichtlich mehr als 2500 Seemeilen Vorsprung haben. Doch Beyou – getragen von immensem öffentlichem Zuspruch und seinem Team – will nicht aufgeben. Als ehemaliger Co-Favorit neben dem führenden Thomson sagte der 44-Jährige bei seiner gestrigen Online-Pressekonferenz: "Ich bin noch nicht fertig mit diesem Rennen." Gefragt nach seiner neuen Zielsetzung für das zumindest vorerst höchst einsame Rennen sagte der Franzose ehrlich: "Das weiß ich noch nicht."

  Das Interesse an der Entscheidung von Beyou war nicht nur in Les Sables-d'Olonne großFoto: Olivier Blanchet/Alea/VG2020
Das Interesse an der Entscheidung von Beyou war nicht nur in Les Sables-d'Olonne groß

"Wunder können passieren, wenn man es wirklich versucht"

Beyou sagte weiter:

"Dank der harten Arbeit meines Teams wird 'Charal' morgen früh bereit sein, das Rennen wieder aufzunehmen. Der Plan sieht vor, dass wir mit der Nachmittagstide ablegen. Das sind großartige Neuigkeiten. Das Team hat rund um die Uhr geschuftet, um das zu ermöglichen. Ich möchte ihnen allen danken. Eigentlich hatten sie gedacht, dass sie nach dem Start endlich mal Ferien machen können. Doch daraus ist nichts geworden. Ihnen, den Ausrüstern und allen Menschen, die dazu kamen, danke ich sehr. Es waren 10 bis 15 Leute, die ihre Talente gebündelt und den Job erledigt haben. Die Konstrukteure von VLPM, die Kompositleute, Manu Le Borne. Und ein paar mehr. Ich habe oft gesagt, dass die Vendée Globe ein Rennen ist, das von Teams bestritten wird. Und da seht ihr es nun: Diese Leute haben es demonstriert. Wunder können passieren, wenn man es wirklich versucht.

  Das "Charal"-Team hat Tag und Nacht geschuftet, damit Skipper Beyou am Dienstag neu durchstarten kannFoto: Olivier Blanchet/Alea/VG2020
Das "Charal"-Team hat Tag und Nacht geschuftet, damit Skipper Beyou am Dienstag neu durchstarten kann

Es ist eine wundervolle Nachricht, dass das Rennen für mich morgen noch einmal beginnt.

Das Hauptproblem, das mich zur Umkehr gezwungen hatte, war das Thema mit dem Ruder. Die technisch anspruchsvollste Reparatur war die des Travellers. Tatsächlich aber war es die Montage des Ruders und seines Kontrollarms, der gebrochen ist, die uns gefordert hat, weil das Teil der Struktur des Bootes ist. Wir mussten den Schaden erst genau untersuchen und schauen, wo Wasser eingedrungen ist und bis wohin wir zu reparieren haben. Das Ganze auf beiden Seiten."

  Auch die große Unterstützung der Öffentlichkeit habe ihn bei seiner Entscheidung für den Neustart mitgetragen, erklärte Beyou in Les Sables-d'OlonneFoto: Olivier Blanchet / Alea
Auch die große Unterstützung der Öffentlichkeit habe ihn bei seiner Entscheidung für den Neustart mitgetragen, erklärte Beyou in Les Sables-d'Olonne
  So rasant wie zuvor soll sich die reparierte "Charal" nun an die Aufholjagd machenFoto: Jean-Marie Liot / Alea / VG2020
So rasant wie zuvor soll sich die reparierte "Charal" nun an die Aufholjagd machen

Beyou hat Boris Herrmanns Hochachtung

Boris Herrmann kommentierte die Neuigkeiten aus dem Charal-Rennstall von See: "Ich finde das total beeindruckend von Jérémie. Super, dass er es macht. Das muss mental so hart sein. Für ihn war immer völlig klar, dass er um den Sieg segeln will. Als Abenteurer hinterherzusegeln ist überhaupt nicht seins. Ich weiß nicht, was ihn jetzt bewegt, was seine Motivation ist und was vielleicht auch von außen für ein Druck auf ihm lastet. Es wäre interessant, da in ihn reinschauen zu können. Er hat meine Bewunderung. Es erfordert extrem viel Mut, in so eine Vendée Globe zu starten. Das ist schon an sich anstregend. Man fährt aber mit der aus der Hoffnung geschöpften Energie, dass man eine gute Platzierung erreichen kann. Dass man einen guten Wettkampf liefern kann. Wenn das von vornherein alles nicht gegeben ist, ist es umso härter zu wissen, dass man jetzt wochenlang hinterher fährt."

  Boris Herrmann genießt die guten Bedingungen und verneigt sich vor Beyous EntscheidungFoto: Boris Herrmann / Team Malizia / VG2020
Boris Herrmann genießt die guten Bedingungen und verneigt sich vor Beyous Entscheidung

Herrmann erinnerte daran, dass es für Beyous Kraftakt schon einmal einen Vorreiter gab: "Mit Mike Golding gibt es ein historisches Vorbild. Der hatte einen Mastbruch, ist zehn Tage später hinterhergestartet, hat die schnellste Runde gemacht und ist am Ende in der Mitte des Feldes angekommen. Das ist natürlich eine Option. Er hat das damals mit seinem britischen Charme und seiner Coolness super gemacht. Und er hat gezeigt, dass sowas auch einen Wert hat. Das demonstriert viel Kampfgeist. Die Vendée Globe ist nicht zuletzt eine Bewährungsprobe für Kraft, Durchhaltevermögen und Widerstandsfähigkeit. Das alles beweist so ein neuer Start. Also meine Hochachtung hat er."

Boris Herrmann ist am späten Montagnachmittag auf Platz zehn vorgefahren. Der hinter Alex Thomson zweiplatzierte Jean Le Cam ("Yes We Cam") hält noch einen kleinen Vorsprung von knapp 15 Seemeilen auf den von hinten drückenden Thomas Ruyant ("LinkedOut").