Die letzten Tage im Pazifik waren hart - hartes Wenden gegen den Wind in brutalen Bedingungen. Ich bin erleichtert, den Pazifik hinter mir gelassen zu haben. Ganz ehrlich, ich hatte genug davon. Ich kann es nicht mehr ertragen, ihn zu sehen. Es war rau, und ich habe es hinter mir. Es war hart, aber jetzt ist es genug.
Kap Hoorn, der Felsen selbst, bleibt für mich aber positiv, klar!” Boris Herrmann
Jede Rundung ist anders, ein anderes Erlebnis. Am Morgen meiner Rundung war ich dieses Mal nicht so gut drauf. Ich war ein paar Tage mehr in mich gekehrt, habe auch Weihnachten gar nicht so sehr vermisst. Seglerisch war alles okay. Ich brauchte einfach meinen Fokus hier, weil die unsteten Winde anstregend waren.
Wie schon angekündigt: Ich habe den Übergang (Red.: von einem in den anderen Ozean) mehr empfunden, als sich die Bedingungen dann tatsächlich geändert haben. In den See- und Windbedingungen später am Tag. Inzwischen sind wir im Südatlantik angekommen, haben die Staateninsel östlich passiert.
Ich wurde gefragt, ob ich es eigentlich als ungerecht empfinde, dass die verschiedenen Gruppen in den Top Ten in so unterschiedlichen Wetterfenstern segeln, dass man sich gar nicht direkt vergleichen kann. Aber es ist ja fast schon das ganze Rennen so, dass die Position in den jeweiligen Wetterbedingungen das Rennen prägen und entscheiden.
Man ist gar nicht mehr im Rennen gegen die Führenden, sondern ich bin im Rennen gegen Paul, Sam und Justine – und das ist es. (Red.: “Biotherm”-Skipper Paul Meilhat lag nachmittags am 29. Dezember knapp vor Boris Herrmann. Hinter “Malizia – Seaexplorer” folgten auf den Plätzen neun und zehn “Vulnerable”-Skipper Sam Goodchild und Justine Mettraux auf “TeamWork - Team Snef).
Alle anderen fahren in anderen Wettergebieten. Selbst Nico mit „Holcim – PRB“ und Jérémie mit „Charal“, würde ich sagen, sind auch schon ein bisschen außer Schlagweite. Man muss sich einfach auf die direkten Konkurrenten fokussieren. Dann gibt es diese großen Dynamiken, die sich über lange Zeiträume entwickeln und abspielen. Mit dem Verschieben der Konstellationen und den Wettersystemen, so dass sich die Gruppen vielleicht noch einmal anders anordnen.
Das muss aber gar nicht so sehr der eigene Verdienst sein, sondern ist den Wetterdynamiken geschuldet. Ich blicke relativ nüchtern auf die kommende Zeit im Rennen. Ich glaube nicht, dass sich da jetzt viele Optionen auftun. Sam Goodchild hat letzte Nacht eine coole Möglichkeit gezogen mit der Le-Maire-Straße und der Strömung, die er da auch von hinten hatte, glaube ich. Ich selbst will einfach nach Hause kommen und den Job gut machen. Dann rechnen wir im Ziel ab.
Ich würde vorsichtig pssimistisch sagen: Mit einem neunten Platz wäre ich zufrieden. Wenn ich Justine halten kann, wäre ich zufrieden. Paul Meilhat und Sam Goodchild, die auf Schwesterschiffen segeln, sind unheimlich stark in diesen Übergangswinden, am Wind, beim Reaching, bei Leichtwind und bei flacher See. Da sind sie auch schneller als einige der Favoritenschiffe. Da hat man eigentlich keine Chance, wenn man ganz ehrlich ist.
Teamherausforderungen reizen mich vielleicht sogar mehr.” Boris Herrmann
Die beiden werden in den nächsten 24 Stunden vorbeifahren (Red.: Paul Meilhat hat diese Prognose von Boris Herrmann am frühen Nachmittag bereits erfüllt). Man ist aber auch nicht vor positiven Überraschungen gefeit… Eine weitere Frage war, ob mich in Zuklunft Teamherausforderungen wieder mehr reizen werden?
Ja, die Teamherausforderungen reizen mich ohnehin stark, vielleicht sogar mehr. Ich habe aber auf jeden Fall auch noch Lust auf Solorennen. Diese Vendée Globe ist ja keine schlechte Erfahrung. Ich habe ein gutes Match gemacht. Es ist ein tolles Niveau mit den Leuten, tolle Schiffe, tolle Skipper. Mein Ergebnis bislang ist respektabel. Wenn es so bleibt bis ins Ziel, kann ich nichts sagen.
Als mich Andi Robertson in der Sendung Vendée Live! gefragt hat, wie viele Kap-Hoorn-Passagen ich wohl noch machen will, hatte ich mit ‘insgesamt vielleicht zehn’ geantwortet. Für die mittel- und langfristige Zukunft habe ich auf jeden Fall noch ein Ocean Race im Visier. Und vielleicht auch noch eine Vendée Globe. Und dann vielleicht mal Expeditionssegelreisen in die Antarktis.
Vor uns liegt jetzt noch der Atlantik. Ich glaube, wir sind bei der letzten Vendée Globe mit super Bedingungen in 23 Tagen nach Hause gesegelt. Mein Tipp für unsere Ankunft in Les Sables-d’Olonne dieses Mal wäre von heute aus mal der 23. Januar, aber das ist auch noch eine ganze Weile hin.
Ein Thema, das in dieser Woche wieder auffiel, waren die Mastlocks, die auf einigen Booten Probleme machen. Ja, sie bereiten nach wie vor Schwierigkeiten. Ich hatte auch Probleme mit einem Mastlock. Ich habe darüber nicht groß gesprochen, aber wenn wir dann mal da oben im Mast sein werden, dann wird man sicher sehen können, warum es dieses Problem gab. Ich weiß es jetzt noch nicht. Für den Moment kann man nur sagen, dass bei den Mastlocks ein bisschen was passieren muss. Vor diesen Pronlemen scheint keiner gefeit zu sein. Ich auch nicht.
Drei Tage sind es noch bis Silvester. Dann kommt das neue Jahr. Meine Wünsche für 2025? Ich hätte gerne ein bisschen mehr Ruhe, möchte gerne ein bisschen mehr bei mir sein. Und Lebensfreude wünsche ich mir für 2025. Es muss nicht so viel Action sein. Wir haben ja das Ocean Race Europe und noch ein paar andere Pläne. Es wird ein Jahr des Übergangs sein vor dem, was dann danach kommt.