Die vierte Rennwoche der Vendée Globe ist beendet. Es war eine eher friedliche Woche im Indischen Ozean. Die letzten Tage waren recht angenehm. Ich fühle mich tatsächlich ganz gut, bin realitv entspannt und versuche, meinen Job hier so gut wie möglich zu machen. Das ist unsere Kultur als Segler. Du lässt Dich nicht rumtreiben. Und die Mädels sollen auch nicht einfach vorbeikommen.
Im Moment ist es sehr neblig hier draußen. Die Mädels um mich herum und ich haben uns heute Vormittag ein wenig gegenseitig geschrieben. (Redaktion: Rund 20 Seemeilen vor Boris Herrmann segelte am Vormittag des 8. Dezember die Schweizer “TeamWork - Team Snef”-Skipperin Justine Mettraux auf Platz zehn, gut 20 Seemeilen hinter ihm die britische “Initiatives-Cœur”-Skipperin Samantha Davies als Zwölfte). Ich habe beiden einen schönen Sonntag gewünscht und Sam Davies vorgeschlagen, Pfannkuchen zu backen.
Über die weiteren Entwicklungen unserer Gruppe möchte ich aktuell gar nicht so viel spekulieren. Wir nehmen, was kommt – und was wir kriegen. Die Vorhersage sagt, dass wir in den kommenden Tagen ganz gut weiterkommen werden. An Bord ist insgesamt alles okay. Das denke ich auch von der Foilkasten-Reparatur. Die Frage ist nur, wie viel ich dadurch verliere, dass ich das Rake (Redaktion: die Anstellung der Foils) nun nicht mehr verstellen kann. Ich schätze, es sind fünf bis zehn Prozent der Performance auf Backbordbug.
Ein bisschen Geräusche macht mein oberes Ruderlager an Steuerbord. Da muss ich gut schauen, wie es sich entwickelt. Ich hoffe, es hält bis ins Ziel. Aktuell glaube ich das schon. Insgesamt bleibt für mich auch nach vier Wochen erstaunlich, wie wenig starken Bruch es in der Flotte gibt. So richtig harte Bedingungen hatten wir ja auch immer noch nicht. Nur die beiden Boote an der Spitze der Flotte – über etwa zwei Tage, als sie in diesem Tief waren.
Meinen Glückwunsch an Charlie Dalin.” Boris Herrmann
Da macht Charlie Dalin einen mega guten Job. Irre gut und toll zu sehen. Das freut mich für ihn. Es muss sich gut anfühlen. Ich habe es nicht detailliert verfolgt, aber ich glaube, dass sie es auch mit dem Tief sehr gut gemeistert haben. Echt, meinen Glückwunsch dazu. Toll gemacht!
Ganz so kalt, wie es die Führenden erlebt haben, ist es bei uns hier gerade noch nicht. Tagsüber geht es besser als nachts, weil ein gewisser Treibhauseffekt durch die Cockpit-Fenster auftritt. Für die Nächte habe ich eine Heizdecke, die ein bisschen auf kleiner Stufe Wärme von unten liefert. Ich liege auf einer dicken dreifachen Schicht. Damit kommt man ganz gut zurecht. Tagsüber ist es gut aushaltbar. Man hat den dicken Midlayer an. Und ein paar Schichten Pullis.
Ich esse normal viel Warmes. So eineinhalb Malzeiten am Tag. Na, das Frühstück ist auch warm. Das ist aber immer so. Das mache ich auch in den Tropen so. Ich esse eigentlich nicht groß anders, habe vielleicht ein bisschen mehr Appetit.
Mein wichtigstes Ziel bleibt die Rundung von Kap Hoorn am 30. Dezember oder 1. Januar. Ich glaube, das ist nicht leicht zu schaffen. Sam und ich haben heute morgen mal gemeinsam überlegt und nachgeschaut: Wie lange haben wir im Ocean Race vom Kap Leeuwin bis zum Kap Hoorn gebraucht? Das waren damals 18 Tage. Von hier bis Tasmanien brauchen wir noch sieben Tage. Es könnte also in den 23 Tagen, die wir noch haben, klappen, bis zum Hoorn zu kommen. Am liebsten am 31. Dezember oder am 1. Januar. Das wäre das Coolste!
Wir erleben hier draußen momentan lange Tage, haben lange Tageslicht. Oft haben wir Wind zwischen 80 und 95 Grad. Seit Tagen. Auch heute noch. Und das bedeutet, dass sich das Boot nicht selbst reguliert, so mit Abfallen und Anluven wie beim Downwind, sondern dass man in den zu- und abnehmenden Winden doch schon immer einschreiten muss. Da müssen immer mal die Schoten – Foilrake und Tweaker – ein bisschen verstellt werden. Ich habe auch regelmäßig ein Reff rein- und wieder rausgenommen, habe also ein bisschen was zu tun in dieser Situation hier.