Tatjana Pokorny
· 16.06.2022
An Tag vier des Imoca-Rennens sind die Aussichten stürmisch. UPDATE, 13.30 Uhr: Die Wettfahrtleitung hat die Bahn verkürzt. Es geht nicht mehr rund Island!
Zu Schlafmangel und Regattastress gesellt sich bei der laufenden zweiten Auflage der Vendée Arctique nun auch noch ein bedenkliches Wetterszenario, das der Flotte in den kommenden Tagen harte Prüfungen bescheren wird. Während Charlie Dalin das Feld am ausgehenden vierten Tag des Rennens von Les Sables-d'Olonne rund Island und zurück mit satten 100 Seemeilen Vorsprung weiter dominiert, müht sich die Konkurrenz um Anschluss und die bestmögliche Positionierung zum erwarteten schweren Wetter.
Besonders gefährdet sind einige der "Rookies" und Non-Foiler im Rennen, die sich aktuell auf Kurs Nord noch querab der Hebriden befinden. Louis Duc auf "Fives – Lantana Environnement", Antoine Cornic auf "EBAC Literie" und Denis Van Weynbergh auf "Laboratoires de Biarritz" könnten die volle Wucht des heranrauschenden Tiefs zu spüren bekommen, das sich in erheblicher Nord-Süd-Ausrichtung nach Osten bewegt. Entsprechend ruppige Winde jenseits der 40 Knoten und brutaler Wellengang sind zu erwarten. Der Nordatlantik rund um Island könnte mit Blick auf die Wellenhöhe zum Minenfeld werden. Die Bewegungen der Front sind auf dem Live-Tracker gut zu verfolgen, wenn man den Wind drüberlegt und oben via Zeitklick in die prognostizierte Zukunft schaut. Hier geht's zum Tracker (bitte anklicken!).
Aktuell genießt die Mehrheit der Flotte noch Downwind-Bedingungen. Spitzenreiter Dalin hatte am Donnerstagmorgen noch etwa 250 Seemeilen zum Wegpunkt von Island zu absolvieren. Ihm auf den Fersen sind "Charal"-Skipper Jérémie Beyou, der die Premiere des Rennens im Juli 2020 gewinnen konnte, und "LinkedOut"-Skipper Thomas Ruyant. "MACSF"-Skipperin Isabelle Joschke liegt nach starken Phasen aktuell auf Platz 17 im Feld der 24 Imocas. Eine längere Flautenphase hatte zuvor die Nervenstärke der Solisten auf die Probe gestellt. Auch jene von erfahrenen und mental starken Seglern wie dem italienischen Philosophie-Absolventen Giancarlo Pedote: "Stress ändert nichts. Wir lernen, die Dinge mental unter Verschluss zu halten. Wir tun einfach unser Bestes, um den neuen Wind zu erschnuppern." Gleiches gilt für "Apicil"-Skipper Damien Seguin: "Ich bin niemand, der auf seinem Boot gestresst ist. Ich bin ziemlich Zen, aber ich hasse die Ruhe der Flaute. Ich versuche, ruhig zu bleiben, auch wenn es einem auf die Nerven geht. Es kommt ein Tiefdruckgebiet aus dem Westen. Das wird den Wind zurückbringen und es uns ermöglichen, ziemlich schnell nach Island aufzusteigen."