Tatjana Pokorny
· 08.01.2018
Endlich Spannung im Volvo Ocean Race: Positionswechsel mit jedem Sechs-Stunden-Report, Dee Caffaris Team Turn the Tide of Plastic führt im Flautenpoker
Aus Seglersicht ist es ein grausames Spiel: Mit teilweise nicht mehr als ein oder zwei Knoten Speed quälen sich die Crews auf der vierten Etappe nach Hongkong nordöstlich der Solomon-Inseln durch die Doldrums. Dieses Mal macht der Kalmengürtel seinem Namen – anders als auf der Etappe nach Kapstadt – alle Ehre. Mit Spannung erwarten Crews und Beobachter die alle sechs Stunden aktualisierten Positionsberichte. Endlich einmal stecken viele Positionswechsel drin. Am Dienstagmorgen hatte Dee Caffaris Team Turn the Tide on Plastic die Führung übernommen, während die Co-Favoriten Dongfeng und Mapfre auf die Plätze fünf und sechs zurückgerutscht waren und Bouwe Bekkings Team Brunel die 50 Seemeilen Rückstand von vor ein paar Tagen nahezu egalisiert und sich auf Platz vier vorgearbeitet hat.
Allzu große Bedeutung darf den aktuellen Platzierungen allerdings nicht beigemessen werden, denn die ersten sechs Boote trennen in der Flautenschieberei nur zehn Seemeilen. Auf der Suche nach jedem Hauch Wind bewegt sich die Flotte auf Kurs Hongkong auf den Äquator zu. Alle haben das gleiche Ziel: Am Ausgang der Doldrums möchten sie in der Spitzengruppe segeln, denn dann beginnt wieder das Spiel "Die Reichen werden reicher", weil es mit den auffrischenden Winden für die führenden Boote zuerst flotter vorangeht. Das erklärt auch die strahlende Dee Caffari: "Wenn wir jetzt dranbleiben können und mit den Spitzenreitern durch die Flaute kommen, den neuen Wind zuerst erreichen und auch mit den Wolkenaktivitäten in den Doldrums etwas Glück haben, dann haben wir im Verdrängungsrennen auf dem Weg ins Ziel eine Chance, wobei die Reichen immer reicher werden."
Aktuell ist es noch anders herum: Mit den sinkenden Bootsgeschwindigkeiten ist die Anspannung gewachsen. Wer entkommt der Flautenfalle am schnellsten und erreicht die noch ein paar Hunderte Seemeilen entfernt einsetzenden nordöstlichen Passatwinde zuerst? "Wir kämpfen mit allem, was wir haben", erklärte AkzoNobel-Skipper Simeon Tienpont. Er stellte nach den vielen Rückschlägen für sein Team klar: "Natürlich dürfte Dongfeng in den vergangenen Tagen einigen Druck durch uns verspürt haben. Wir haben die gleichen Boote, und ich habe großartige Segler in meinem Team. Ich sehe keinen Grund, warum wir mit denen nicht den ganzen Weg nach Hongkong kämpfen können. Deswegen sind wir hier."