Tatjana Pokorny
· 08.03.2015
Ein Untersuchungsausschuss unter Leitung von Ex-Konteradmiral Oxenbould hat das Vestas-Unglück analysiert. Hier Ergebnisse und Empfehlungen
Überraschendes birgt der mit Spannung erwartete Bericht des Untersuchungsausschusses nicht. Gemeinsam mit Navigations-Guru Stan Honey (Ex-Navigator "ABN Amro One") und Chuck Hawley, dem Vorsitzenden des Sicherheitskomitees für Seesegeln im amerikanischen Segler-Verband, hat Ex-Konteradmiral Chris Oxenbould das Vestas-Unglück untersucht. Die dänische Yacht war Ende November während der zweiten Etappe inmitten des Indischen Ozeans im Revier der Cargados-Carajos-Inseln rund 400 Kilometer nordöstlich von Mauritius auf ein Riff aufgelaufen. Die Mannschaft musste das Schiff unter dem Kommando von Skipper Chris Nicholson verlassen, konnte sich auf die Ile du Sud retten. Das 65-Fuß-Boot wurde schwer beschädigt, konnte aber später ebenfalls geborgen werden und wird derzeit auf der italienischen Werft Persico in Bergamo auf sein Comeback für die letzten europäischen Etappen des Rennens um die Welt vorbereitet. Der holländische Navigator Wouter Verbraak ist trotz anfänglicher Teamgeistbeschwörungen inzwischen entlassen worden.
Das Volvo-Ocean-Race-Management hatte die unabhängige Untersuchung im Dezember in Auftrag gegeben. Die drei wichtigsten Untersuchungsergebnisse: 1. Es gabe Defizite im Umgang mit den elektronischen Karten und anderen navigatorischen Daten an Bord von "Vestas Wind". 2. Es gab auch Defizite in der kartografischen Darstellung navigatorischer Gefahren in kleiner und mittlerer Auflösung des elektronischen Kartendarstellungs- und Informationssystems. Hierzu kommentierte der Untersuchungsausschuss: "Das Team war sich keiner unmittelbaren Gefahr bewusst, denn der Tiefgang im Revier der Cargados-Carajos-Inseln war mit mindestens 40 Metern angegeben. Aus diesem Grund ging die Crew davon aus, es sei sicher, die Untiefe zu passieren." 3. Das Notfall-Management hat gut funktioniert. Es gab keine Aspekte in den Bereichen der Rennüberwachung oder das Rennmanagements, die zu dem Unfall beigetragen haben.
In einfachen Worten ausgedrückt, lautet die Botschaft der Experten so: Der Navigator hätte eine höhere Auflösung der Revier-Karte wählen sollen. Die Karten-Software sollte auch in kleineren und mittleren Auflösungen auf Untiefen hinweisen – sie sollte verbessert werden. Und: Das Rennmanagement trägt keine Schuld an diesem Vorfall, sollte aber seinen Einfluss auf die Yachtindustrie zur Anregung von Verbesserungen der Navigationssoftware nutzen. Die Mitverantwortung von Chris Nicholson als Skipper des Teams auch für navigatorische Grundsatz-Entscheidungen ist nicht Thema des Reports.
Die Expertenkommission sprach außerdem einige Empfehlungen aus, damit die Gefahr solcher dramatischer Unfälle in Zukunft minimiert werden kann. Knut Frostad, CEO des Volvo Ocean Race, sagte, dass alle Empfehlungen berücksichtigt werden würden. Frostad weiter: "Es liegt in unserem Interesse, dass dieser Report in Zukunft von der gesamten Gemeinschaft der Seesegler genutzt wird. Es wird immer Unfälle auf See geben. Wir hoffen, dass sie hierdurch weniger wahrscheinlich werden."
Die Flotte der verbliebenen sechs Boote startet am 15. März von Auckland in die sechste und längste Etappe der Weltumsegelung über 6776 Seemeilen in den brasilanischen Etappenhafen Itajaí. Legendäre "Bahnmarke" dieser berüchtigten Südpolarmeer-Etappe ist Kap Hoorn.