Tatjana Pokorny
· 14.12.2017
Nahe des 46. Breitengrads rasen die Spitzenreiter Dongfeng und Mapfre in Richtung Osten. AkzoNobel ist nach Bruch an Bord zurückgefallen. Brunel holt auf
Auch zu Beginn des sechsten Tages der dritten Etappe führt Charles Caudreliers Dongfeng Race Team das Feld tief unten im Südpolarmeer weiter an. Nahe des 46. Breitengrads jagen Dongfeng und das nur rund 20 Seemeilen dahinter liegende spanische Team Mapfre mit Kurs auf das australische Melbourne in Richtung Osten. 80 Seemeilen hinter Donfeng behauptete das dänisch-amerikanische Team Vestas 11th Hours Racing am Freitagnachmittag den dritten Platz. Doch die größten Gewinne der vorangegangenen sechs Stunden konnten die Verfolger Brunel (rund 25 Seemeilen) und Sun Hung Kai / Scallywag (knapp 30 Seemeilen) verzeichnen. Sie waren zuvor weiter nach Norden gesegelt und nutzten die Starkwinde zuletzt zur Aufholjagd.
Böen bis zu 62 Knoten!
Die Crew auf dem niederländischen Boot hat zu Kämpfen mit dem Schaden, der bei einer nicht gelungenen Halse im Sturm entstand: die Mastschiene ist dabei herausgerissen, mehrere Segellatten gebrochen
Hinter der Volvo-Ocean-Race-Flotte liegt die erste Begegnung mit einem schweren Sturm bei dieser 13. Auflage des Rennens um die Welt. Alle Crews haben haarsträubende Bedingungen hinter sich, verzeichneten Böen von bis zu 62 (!) Knoten. Daraus sind die Mannschaften erstaunlich unversehrt hervorgegangen. Bislang hat nur AkzoNobel ärgerlichen Bruch bekanntgegeben; auf dem Boot unter niederländischer Flagge brach die Mastschiene aus dem Rigg. Auch gingen mehrere Segellatten zu Bruch. Das Malheur infolge einer misslungenen Halse hat das Team von Skipper Simeon Tienpont und dem bei der Halse steuernden Chris Nicholson seitdem deutlich zurückgeworfen. Die Crew musste ihr Tempo drosseln und zeitgleich die Reparaturarbeiten mit allen Kräften vorantreiben, lag am Freitagnachmittag aber bereits 260 Seemeilen hinter dem führenden Boot nur noch auf dem letzten Platz.
Dongfengs Anbord-Reporter Martin Keruzore beschrieb den stürmischen Ritt der vergangenen zwei Tage so: "Das Schlafen fühlt sich an, als würde man in einem Auto bei der Rallye Paris–Dakar sitzen. Man muss sich nur den Sand wegdenken und eine Extraportion Feuchtigkeit hinzufügen. Die Decke tropft. Unsere Nasen auch. Die Temperaturen sind deutlich gefallen. Ohne Handschuhe an Deck geht es nicht mehr, will man am Ende der Wache relativ schnell von seinen Fingern Gebrauch machen, um zu einer warmen Mahlzeit zu kommen."
Noch immer profitieren einige Teams von Winden um 25 bis 30 Knoten, andere verzeichnen bereits weniger Druck. Auf "Turn the Tide on Plastic" notierte Jeremie Lecaudey: "Inzwischen begleiten uns die Albatrosse regelmäßig. Sie surfen über die höchsten Wellenkämme und drehen dann eine Runde ums Boot, um nach ihrem nächsten Frühstück Ausschau zu halten." Weiter berichtete Lecaudey von Bord: "Später in der Nacht hört man während der Bearbeitung der Stories des Tages von alten Geschichten und dem Südpolarmeer, von der letzten Auflage des Volvo Ocean Race, vom Whitbread vor langer Zeit, als Nico Lunvens Vater es noch gesegelt hat. – zur genau gleichen Zeit am genau gleichen Ort unter den gleichen Bedingungen."
Bouwe Bekking, dessen Team die fast 200 Seemeilen Rückstand inzwischen wieder auf etwas mehr als 150 Seemeilen drücken konnte, schrieb in einer Meldung von Bord: "Es ist nass und wild. Das Tippen ist fast unmöglich. Alles ist klitschnass. Wir müssen aufpassen, dass dieser Computer intakt bleibt – es ist unser Navigations-Rechner. Der Rechner unseres Anbord-Reporters hatte weniger Glück... Crew und Boot geht es gut. Wir haben etwas konservativ gesegelt, denn dieses Tiefdruckgebiet ist massiv! Wir können uns keinen Bruch leisten. Zum einen, weil es ein extrem weiter Weg nach Australien ist. Und auch, weil wir für Hilfe von außen Strafpunkte kassieren. Ich kann mir vorstellen, dass die teuer sein könnten, weil es auf dieser Etappe die doppelte Punktzahl gibt. Halsen macht gerade gar keinen Spaß. Heute haben wir eine Halse in 45 Knoten Wind absolviert. Zum Glück surften wir gerade auf einer Riesenwelle, und das Groß kam gut rüber. Du hast unter diesen Bedingungen permanent Sorge um die Latten oder die Großsegelschiene. Die schwerste Bö bislang haben wir mit 62 Knoten gemessen. Gut, dass wir den Gennaker zu dem Zeitpunkt eingerollt hatten. Nun reiten wir den Sturm ab. Kyles Knöchel geht es besser. Einige Leute sehen müde aus. Aber allen geht es gut."