Tatjana Pokorny
· 25.03.2018
Erstmals bei dieser 13. Auflage des Meeres-Marathons kann Bouwe Bekkings Team Brunel seinen Vorsprung als Spitzenreiter in einem Verdrängungsrennen verteidigen
Viele Experten hatten Bouwe Bekkings Team Brunel im Kampf um den Sieg bei der 13. Auflage des Volvo Ocean Race schon abgeschrieben. Zu langsam das Boot, zu unbeständig die Ergebnisse des achtmaligen Rekordteilnehmers und seiner Crew. Top-Resultate blieben bislang auf den Etappen Mangelware. Doch nun scheint die Crew auf dem gelben Boot den fünften Gang gefunden zu haben. Erstmals dominiert Bekkings Team die Flotte über einen längeren Zeitraum, hatte am Montagmorgen auf Kurs Kap Hoorn weiter 31 Seemeilen Vorsprung vor der dem zweitplatzierten Team Vestas 11th Hour Racing und 37 Seemeilen vor Charles Caudreliers Dongfeng Race Team, wies dabei mit zuletzt durchschnittlich rund 24 Knoten Speed die höchste Geschwindigkeit in der Flotte der sieben Boote auf. Alle anderen Boote waren binnen der sechs Stunden zwischen dem letzten und dem aktuellen Positionsreport im Vergleich zu Team Brunel um 5,5 (Mapfre) bis 44,6 Seemeilen (Sun Hung Kai / Scallywag) zurückgefallen. Während der inzwischen passierten Front hatte Team Brunel seine Halse in 35 Knoten Wind perfekt geplant und ausgeführt, damit den Vorsprung auf der Innenbahn der Flotte ausbauen können.
Bekking selbst hatte schon am Vortag vom Segeln entlang der Eisgrenze berichtet: "Wir erleben großartiges Segeln, aber auch extrem stressige Zeiten. Das gilt insbesondere für die Notwendigkeit von Halsen. Die bringen immer die Sorge mit sich, ein Segel zu verlieren oder in diesen Situationen Crew-Mitglied zu verletzen. Die Leute sind dann nicht alle angeleint. In der Nacht kannst Du nicht sehen, was die Wellen tun. Steckst Du deine Nase bei 30 Knoten Speed in eine von ihnen hinein oder kommst Du gerade so über sie hinweg?"
Bekking beschrieb angesichts der mitunter engen Boot-gegen-Boot-Kämpfe auch die Sorge vor Kollisionen: "Die Boote liegen so eng beisammen und segeln manchmal auf unterschiedlichen Kursen, dass du wirklich vorsichtig sein musst. Das gilt für uns ganz esonders, weil unser AIS nicht funktioniert. Wenn du auf Steuerbordbug segelst, musst du dem Boot auf Backbordbug Raum gewähren, weil es Vorfahrt hat. In der Nacht ist es sehr schwer zu beurteilen, ob du vorne oder hinten liegst. Natürlich wirst du immer eher hinten herum gehen, weil das die sicherere Variante ist. Manchmal sieht es so aus, als würdest du deutlich hinten liegen, doch dann segelst du plötzlich eine Minute mit 30 Knoten Speed. Da kommt dann die gute alte Seemannschaft ins Spiel."
Die Segelbedingungen beschreibt Bekking eindrücklich: "Wir haben schon 40 bis 45 Knoten Wind erlebt. Das macht dann keinen Spaß mehr. Das sind pure Überlebensbedingungen, während du immer noch mit 22 bis zu Top-Geschwindigkeiten von 39 Knoten unterwegs bist. Verrückt. Aber du weißt, dass auch die anderen sich nicht zurückhalten. Die Leute werden also müder und es sind immer noch 4 Tage (aktuell nur noch rund drei, d. Red.) bis Kap Hoorn. Danach wird die Flotte vermutlich wieder eine Kompression und einen Neustart erleben. Es ist also ausgeschlossen, dass wir uns momentan zurückhalten. Jeder macht es wie wir. Das ist die Art, wie wir segeln."