Dieter Loibner
· 12.03.2012
Geschundene Segler, geschundene Boote und nur wenig Zeit, beides zu heilen. Doch weil's sonst zu langweilig wäre, springen ein paar vom Turm
The show must go on, wie das bei den Angelsachsen so heißt. Beim Volvo Ocean Race gilt dies vielleicht noch mehr als sonst. Und so gab es heute einige Unruhe über einen merkwürdigen Fotoshoot außen am 328 Meter hohen Sky Tower, in dessen Verlauf vier Segler in orangefarbenen Jumpsuits in luftiger Höhe angeleint in die Kameras eines schwebenden Hubschraubers winkten und sich hernach als Bungee-Jumper in die Tiefe stürzten.
Touristen, die dies beobachteten, äußerten sich laut Auckland Now besorgt über das riskante Flugverhalten des Helikopters, wurden aber von Volvo-Sprecher Jon Bramley beruhigt. Die Aktion sei vollkommen legal, von allen Seiten abgenickt, und überhaupt sei's nur einer von mehreren Features gewesen, die zur Vermarktung Aucklands aufgenommen werden. „Dabei wollten wir auch die Stadt aus der Luft zeigen und vier Segler von vier teilnehmenden Yachten wurden zum Sky Walk und Sky Jump eingeladen.” Eine Zeugin fand es dennoch „beängstigend” und sagte, der Hubschrauberpilot sollte zumindest zu dieser riskanten Aktion befragt werden.
Ganz ohne Frage wird am Freitag wieder gesegelt, zwar eher entspannt beim Pro-Am Race, doch immerhin um die Wette. Bis dahin versuchen jene Segler, die nicht auf Türme steigen, um Helis zuzuwinken, gut zu essen, wirklich horizontal zu schlafen und sich mit leichtem Sport wie Laufen oder Radfahren zu regenerieren. Ganz anders schaut es im berühmten Viaduct Basin Aucklands aus. Da muss das Bodenpersonal kräftig zupacken, denn die vorangegangenen fünfeinhalbtausend gesegelten Meilen von China nach Neuseeland haben allen schwer zugesetzt.
Besonders die letzten 48 Stunden, in denen sich die Boote durch schwere Seen kämpfen mussten, haben diese VO 70 aufs Äußerste strapaziert und mit dem Groupama-Drama die sehr knapp kalkulierte Haltbarkeit wieder deutlich vor Augen geführt. Nun sind die Serviceleute dran, die mit Ultraschall die Rumpfstrukturen prüfen, aber auch das stehende Gut genau auf Schwachstellen sondieren. Dabei gilt: Work fast, slow. Also Eile mit Weile, denn ein Flüchtigkeitsfehler könnte sich auf der kommenden und gefürchteten Kap-Hoorn-Etappe fatal auswirken.
Bei Groupama glühen die Arbeitslampen im behelfsmäßigen Werkzelt, denn der Delaminierungsschaden im Bugbereich, der dem Team beinahe am Ende der vierten Etappe noch einen Strich durch die Siegesrechnung gemacht hätte, muss trotz des feucht-kühlen Wetters sach- und fachgerecht repariert werden. „Kitt und Farbe müssen noch drauf”, sagte der Leiter des Reparaturtrupps Ben Wright. „Aber das kommt nach der Struktur. Das Wetter ist miserabel, alles braucht länger und wird deshalb schwieriger, besonders das Laminieren. Aber wir machen das Beste draus und kommen damit auch gut hin.”
Bei Telefonica war die Jobliste mit 70 Punkten ganz schön lang. Zu lang, wie sich im Nieselregen schnell zeigte. Das hatte zur Folge, dass aus Zeitgründen von einem kompletten Tausch des Riggs abgesehen werden musste. Der soll nun am Ziel der nächsten Etappe im brasilianischen Hafen von Itajai stattfinden. „Wir waren über das in Sanya getauschte stehende Gut besorgt”, sagte Horacio Carabelli, Chef von Telefonicas Bodentruppe. „Wir wollten es hier ersetzen, aber so wie es (von der vierten Etappe) reinkam, sind wir damit zufrieden.”
Nach dem Aufgalopp mit Promis und Sponsoren am Freitag gibt's am Samstag die obligate In-Port-Regatta und am Sonntag dann den Start zur Königsetappe nach Brasilien über Kap Hoorn.
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