Volvo Ocean RaceAtemlos in Auckland: AkzoNobel gewinnt Etappe 6

Tatjana Pokorny

 · 26.02.2018

Volvo Ocean Race: Atemlos in Auckland: AkzoNobel gewinnt Etappe 6Foto: Jesus Renedo/VOR
Finale Etappe 6

Es war ein knappes Finale vor Auckland, doch am Ende konnten sich die Holländer auf Etappe 6 gegen David Witts "Scallywags" durchsetzen

  AkzoNobel gewinnt Etappe 6 nach Auckland, erreicht den Viaduct Harbour als erstes TeamFoto: Ainhoa Sanchez/VOR
AkzoNobel gewinnt Etappe 6 nach Auckland, erreicht den Viaduct Harbour als erstes Team

"Hat irgendjemand noch Fingernägel, oder sind sie alle abgeknabbert? Das hier ist so eng!!!" Die Frage kam wenige Stunden vor dem Zieldurchgang der sechsten Etappe von Charles Caudreliers Dongfeng Race Team. Da hatte sich der Kampf um den Auckland-Triumph am Finaltag bereits zugespitzt. Und Caudreliers Team hatte sich ebenso wie das in der Gesamtwertung führende spanische Team Mapfre im Kampf um die Podiumsplätze trotz großen Rückstandes am Vortag noch einmal zurückgemeldet.

  Im Endspurt Platz drei erkämpft: Das in der Gesamtwertung führende spanische Team Mapfre bleibt deswegen Spitzenreiter bei dieser Auflage des Volvo Ocean RaceFoto: Jesus Renedo/VOR
Im Endspurt Platz drei erkämpft: Das in der Gesamtwertung führende spanische Team Mapfre bleibt deswegen Spitzenreiter bei dieser Auflage des Volvo Ocean Race
  Dee Caffaris eigene Worte am Morgen des Finaltags: "Schreibe nie ein rotes Boot ab!" Und so sollte es kommen. Bitteres Finale für die Skipperin und ihr Team Turn the Tide on Plastic: Nach zwischenzeitlicher Etappenführung segelte die junge Mixed-Mannschaft auf Rang drei lange einem Podiumsplatz entgegen, bevor Mapfre (3.) und Dongfeng (4.) Caffaris Crew auf den letzten 50 Seemeilen noch abfingenFoto: Jeremie Lecauday/Volvo Ocean Race
Dee Caffaris eigene Worte am Morgen des Finaltags: "Schreibe nie ein rotes Boot ab!" Und so sollte es kommen. Bitteres Finale für die Skipperin und ihr Team Turn the Tide on Plastic: Nach zwischenzeitlicher Etappenführung segelte die junge Mixed-Mannschaft auf Rang drei lange einem Podiumsplatz entgegen, bevor Mapfre (3.) und Dongfeng (4.) Caffaris Crew auf den letzten 50 Seemeilen noch abfingen

"Die roten Boote kommen mit hoher Geschwindigkeit von hinten auf", musste Dee Caffari feststellen, deren Team Turn the Tide on Plastic eigentlich schon einem sicheren Podiumsplatz entgegensegelte. Eigentlich. Denn plötzlich kamen diese roten Boote mit hohem Tempo von hinten wieder ins Spiel. Caffaris ahnungsvoller Kommentar am Dienstagmorgen: "Das muss ein Scherz sein. Eben lagen sie noch 140 Seemeilen hinten, und nun sind sie da. Schreibe nie ein rotes Boot ab!"

  Symbolbild: Dee Caffaris junges Team wurde kurz vor dem Ziel noch von den beiden roten Booten – Mapfre und Dongfeng – abgefangen und verlor den fast schon sicher geglaubten PodiumsplatzFoto: Ainhoa Sanchez/Volvo Ocean Race
Symbolbild: Dee Caffaris junges Team wurde kurz vor dem Ziel noch von den beiden roten Booten – Mapfre und Dongfeng – abgefangen und verlor den fast schon sicher geglaubten Podiumsplatz

An der Spitze hatten sich auf Kurs Auckland gleichzeitig Simeon Tienponts Team AkzoNobel und David Witts Team Sun Hung Kai / Scallywag ein Bug-an-Bug-Duell um die Führung geliefert. Der Schlussspurt hätte nicht spannender verlaufen können. Wer die Etappe gewinnen würde, war an diesem 21. und letzten Tag der Etappe bis kurz vor der Ziellinie nicht sicher. In Neuseeland drückten viele Fans AkzoNobel, Turn the Tide on Plastic und den roten Booten die Daumen. Sie alle haben Neuseeländer an Bord, die ihrer Heimat entgegensegelten. Nur Sun Hung Kai / Scallywag ist ohne Kiwis im Einsatz.

  Ein erster Schnappschuss des glücklichen Skippers Simeon Tienpont und seiner Crew im Hafen von AucklandFoto: VOR/Screenshots Live-Übertragung
Ein erster Schnappschuss des glücklichen Skippers Simeon Tienpont und seiner Crew im Hafen von Auckland
  Im Schlussspurt kam die "rote Gefahr" von hinten mächtig auf und machte fast Unmögliches doch noch möglichFoto: Ainhoa Sanchez/Volvo Ocean Race
Im Schlussspurt kam die "rote Gefahr" von hinten mächtig auf und machte fast Unmögliches doch noch möglich

Die Ziellinie vor dem Viaduct Harbour erreichte nach großem Kampf schließlich AkzoNobel als erstes Boot. "Was für ein Team! Ich bin so stolz auf meine Mannschaft", sagte Skipper Tienpont fast ein wenig atemlos im Etappenhafen Auckland. Minuten später kam Sun Hung Kai / Scallywag als zweites Team ins Ziel, bevor Mapfre und Dongfeng das bittere Ende für Dee Caffaris Team besiegelten und die Ziellinie noch vor Turn the Tide on Plastic erreichten. Dabei hatte Caffaris junge Mixed-Mannschaft diese Etappe zwischenzeitlich sogar angeführt und den Podiumsplatz erst auf den letzten 50 Seemeilen an Mapfre verloren. "Es war kein sehr faires Ergebnis für Turn the Tide on Plastic. Sie sind sehr gut gesegelt und hätten diesen dritten Platz verdient", sagte der als Fairplayer bekannte Dongfeng-Skipper Charles Caudrelier.

In Auckland hat es in der Vergangenheit des Volvo Ocean Race schon oft spannende Zieldurchgänge gegeben. Den knappsten 1994, als sich "La Poste" und "Galicia '93 Pescanova" auf dem Weg zur Linie duellierten und "La Poste" mit Skipper Eric Tabarly 12 Sekunden schneller war als die Spanier, für die damals schon der heutige "Mapfre"-Skipper Juan Vila im Einsatz war. Doch das war nicht der engste Schlussspurt in der gesamten neuseeländischen Ocean-Race-Geschichte, denn im Rennen 2005/2006 hatte die spanische "Movistar" mit Bouwe Bekking Wellington neun Sekunden vor dem Team ABN Amro One erreicht.

Für Olympiasieger und America's-Cup-Gewinner Blair Tuke im Team Mapfre gab es am Ende dieser so wechselhaft verlaufenen Etappe ein kleines Happy End: Die Spanier schlugen ihre direkten Rivalen im Kampf um den Gesamtsieg, konnten Caudreliers Dongfeng Race Team auf Rang vier verweisen. Blair Tuke berichtete im neuseeländischen Fernsehen: "Auf diese Etappe hatte ich mich am meisten gefreut, weil sie mir die Möglichkeit bot, nach Neuseeland zu segeln. Ich war lange fort. Ich habe seit dem Start des Volvo Ocean Race in keinem Flugzeug gesessen und war seit September nicht mehr in Neuseeland. Und davor gab es den America's Cup. Ich habe also sehr wenig Zeit in Neuseeland verbracht und freue mich sehr auf meine Familie und meine Freunde. Das hier ist ein ziemlich cooler Weg, sie wiederzusehen."

  49er-Olympiasieger, Weltmeister, America's-Cup-Gewinner und mit dem spanischen Team Mapfre Spitzenreiter im Volvo Ocean Race nach 6 Etappen: der Neuseeländer Blair TukeFoto: Mapfre
49er-Olympiasieger, Weltmeister, America's-Cup-Gewinner und mit dem spanischen Team Mapfre Spitzenreiter im Volvo Ocean Race nach 6 Etappen: der Neuseeländer Blair Tuke

Zur bisherigen Leistung seines Teams sagte Tuke: "Wir hatten zuletzt einige harte Etappen. Die nach Hongkong war nicht so doll für uns. Und wir sind auch auf dem Heimweg nicht in allzu großartiger Position gewesen, aber wir führen die Gesamtwertung weiter an. Also war es bislang ein großartiges Rennen."

Tukes Freund, 49er- und America's-Cup-Ausnahmesteuermann Peter Burling, würde eine solche Bilanz auch gerne ziehen, kann es aber nicht. Sein Team Brunel um Skipper Bouwe Bekking hatte während der sechsten Etappe eine Achterbahnfahrt durch die Ergebnislisten hingelegt, alle Positionen mindestens einmal innegehabt. Am Ende wurde der Mannschaft auf dem gelben Boot die Wahl des direkten Kurses nach Auckland ab Neukaledonien zum Verhängnis. Was zunächst gut aussah, entwickelte sich zur frustrierenden Flautenstocherei. Brunel sackte weit hinter die Flotte zurück, bevor die Bekking-Crew ihre teilweise fast 200 Seemeilen Rückstand im Endspurt binnen 24 Stunden zwar noch auf unter 40 Seemeilen drücken konnten. Doch nicht einmal dieser furiose Zwischenspurt reichte, um die rote Laterne des Schlusslichts auf dieser Etappe noch loszuwerden – die Konkurrenz war schon zu weit enteilt. Und so kam der sympathische Segel-Superstar Peter Burling ausgerechnet in seinem Heimathafen als Letzter an. Wer Bouwe Bekkings Humor kennt, der kann sich vorstellen, dass der achtmalige Rekordteilnehmer am Volvo Ocean Race trotz dieses Rückschlags in den kommenden Tagen noch aufmunternde Worte der Entschuldigung dafür finden wird, dass sein Team Neuseelands Segel-Darling so spät nach Hause gebracht hat.