The Ocean Race“Guyot” erreicht Halifax – gibt es eine Comeback-Chance?

Tatjana Pokorny

 · 13.05.2023

"Guyot"-Co-Skipper Robert Stanjek vor dem Notrigg mit Sprietsegel und Sturmfock
Foto: Robert Stanjek/Guyot Environnement – Team Europe/The Ocean Race

Nach dem brutalen Mastbruch auf Etappe vier im Ocean Race hat Team Guyot am Samstag unter Motor und Notrigg die kanadische Hafenstadt Halifax in der Provinz Nova Scotia erreicht. An Land und an Bord hat das Team weiter intensiv alle Möglichkeiten für ein Comback ins Ocean Race geprüft. Dazu zeigen wir die sehenswerte Etappenzusammenfassung im Video.

Aufatmen im Guyot Environnement – Team Europe. Die Crew um Skipper Ben Dutreux und Co-Skipper Robert Stanjek aus Berlin hat rund viereinhalb Tage nach dem Mastbruch-Knockout einen sicheren Hafen erreicht. Mit Navigator Sébastien Simon, der Britin Annie Lush und Anbord-Reporter Gauthier Lebec machte die Mannschaft am Samstag am Dock im kanadischen Hafen von Halifax fest. Jens Kuphal, Mitglied in Guyots Management-Team, vermeldete glücklich: “Sicher in Halifax gelandet!”

Mit smartem Notrigg nach Nova Scotia

Zurück in den rettenden Hafen ging es für die Mannschaft mit einem geschickt gestalteten Notrigg. Was zeigte, dass Optimisten-Erfahrung auch auf hoher See zählen kann. Die Überbleibsel des Großsegels hatte die Crew zu einem viereckigen Sprietsegel ähnlich wie auf einem Opti umfunktioniert, das offensichtlich effizient wirkte. Als Spriet funktionierte eine umgebaute Großsegellatte. Die organgefarbene Sturmfock davor wurde als zusätzliches Notsegel gesetzt. So kam die Imoca, deren Mast etwa 600 Seemeilen östlich von Newport gebrochen war, auf Kurs Halifax auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit um sieben Knoten Fahrt.

Noch immer brütet Team Guyot intensiv über der Frage, ob und wie nach dem zweiten Etappen-Aus in Folge mit knappem Budget ein erneutes Comeback gelingen kann. Jens Kuphal sagte: “Montag entscheiden wir. Eigentlich gibt es kaum eine Chance… eigentlich.” Es bleibt damit übers Wochenende spannend. Der Gedanke an einen möglicherweise schnellen Schiffstransport nach Europa liegt in einem der größten Häfen Nordamerikas zumindest nah.

Die der Norden ruft…

2020 wurden im Port of Halifax 549.242 Container umgeschlagen. Zwischen April und November herrscht hier zusätzlich zum Güterumschlag reger Kreuzfahrtschiffsverkehr. Es war auch der Hafen von Halifax, von dem aus 1912 viele Schiffe zur Rettung der Passagiere der gesunkenen “Titanic” auf den Nordatlantik eilten. Kann Halifax nun für Team Guyot, dem leidgeprüftesten Stehauf-Team dieser 14. Ocean-Race-Auflage, zum Ausgangshafen für einen erneuten Comeback-Versuch werden?

Die fünfte Etappe startet am 21. Mai. Dann wird mindestens klar sein, ob Kevin Escoffiers Team Holcim-PRB nach seinem Mastbruch auf Etappe vier das Rennen gegen die Uhr gewonnen hat und mit starkem Ersatzmast an der Startlinie aufkreuzen kann. Eine ganz normale Transatlantik-Etappe ist es nicht, die das Ocean-Race-Quartett auf dem 3500-Seemeilen-Abschnitt über den Atlantik erwartet. Es geht nicht – wie so oft – nach Frankreich, sondern in die Seglerstadt Aarhus.

Nordatlantik, Nordsee, Kattegat und Aarhus warten

Dafür muss das Feld Großbritannien im Norden passieren, durch die Nordsee um Skagen herum und schließlich durchs Kattegat den dänischen Etappenhafen ansteuern. Sicher ist nun, dass die Crews in Aarhus von einem begeisterten Publikum empfangen werden. Den sehr hohen Stellenwert des Segelsports in Aarhus haben der dänische Fly-By beim letzten Ocean Race, mehrere SailGP-Regatten und auch die Segel-WM aller olympischen Klassen 2018 in Dänemark eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Must-See: Die bewegende Video-Zusammenfassung der bislang vielleicht verrücktesten Etappe im 14. The Ocean Race: