The Ocean Race Europe“Der Kiel-Start ist fast wie ein Heimstart”

Tatjana Pokorny

 · 04.08.2025

Für YACHT online berichtet "Holcim-PRB"-Skipperin Rosalin Kuiper regemäßig vom 2. Ocean Race Europe.
Foto: Amory Ross/11th Hour Racing/The Ocean Race; Jean-Louis Carli/The Ocean Race
Team Holcim-PRBs Skipperin Rosalin Kuiper berichtet in ihrem Race Blog für YACHT online vom Ocean Race Europe. Das Europa-Rennen startet am 10. August. Zum Auftakt geht es im Race Blog um die intensive Vorbereitung, die Stärken der einzelnen Akteure im Team, die Verbundenheit der niederländischen Seglerin im Schweizer Team mit den deutschen Fans und das kleinste Buch im Rennen.

Von Rosalin Kuiper

Ich kann die Countdown-Uhr ticken hören. Tatsächlich tickt sie jetzt jeden Tag lauter. Und so fühlen wir uns auch. Das ganze Team fühlt es. Wir sind positiv aufgeregt. In einer Woche starten wir die erste Etappe! Das bedeutet mir sehr viel. Wir haben uns lange auf das Ocean Race Europe vobereitet. Das Team hat sich nach der Vendée Globe sehr verändert. Da ist ein neuer Vibe. Das sind neue Dinge, die wir miteinander erreichen wollen. Das Team ist sehr, sehr gut, talentiert und bereit. Ich fühle mich bereit.

Gleichzeitig bin ich sehr ruhig. Ich bin meist ruhig vor großen Events, fühle aber auch die Schmetterlinge im Bauch. Da ist dieses Prickeln in meiner Brust, Aufregung und Fokus. Wir haben in allen Bereichen unseres Teams sehr hart gearbeitet. Das gilt fürs Kommunikationsteam, fürs Nachhaltigkeitsteam, das Technik-Team, das Segel-Team, das Management-Team und unsere Sponsoren und Partner. Wir haben im zurückliegenden Jahr in allen Bereichen große Fortschritte gemacht.

Wir haben auch am Verbund zwischen den einzelnen Teams gearbeitet um sicherzustellen, dass alle Bereiche gut zusammenarbeiten. Da ist es, wo auch meine Verantwortung greift: sicherzustellen, dass alle Abteilungen gut laufen, am gleichen Strang ziehen und das Gesamtbild einen guten Return of Investment für unsere Partner ergibt.

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Ocean Race Europe: die Kieler Countdown-Woche

Es geht jetzt in die letzte Vorbereitungswoche bis zum Start. Da ist noch einmal sehr viel los: Das Boot muss sicher ankommen, wir haben den Ocean Summit zum Meeresschutz in Kiel, das Gästesegeln und einfach eine sehr, sehr intensive Woche vor uns. Ich sehe es als meine Herausforderung sicherzustellen, dass wir diese Woche gut meistern und gleichzeitig alle Segler und Seglerinnen sicherstellen, dass sie gut ausgeruht ins Ocean Race Europe starten. Sind wir dann erstmal auf dem Boot, sind wir auf dem Boot (lacht).

Ich habe viel Vertrauen in unsere Vorbereitung und unser Training. Wir arbeiten gut zusammen. Wir hatten im Mai und Juni einen superintensiven Sechs-Wochen-Trainingsblock mit Über-Nacht- und mehrtägigen Einsätzen, kommen auf 23 gemeinsame 24/7-Tage auf dem Wasser. Dazu kommt natürlich die Arbeit an Bord mit dem technischen Team. Es ist immer ein Geben und Nehmen, eine feine Balance dazwischen, wie viele Tage Training du mit dem Team auf dem Wasser und wie viele Tage du an Land verbringst, um das Boot immer besser und besser zu machen.

Unser Team ist mit Franck Cammas, Nicolas Lunven, Alan Roberts und Carolijn Brouwer stark. Franck Cammas ist ein absolut legendärer Segler. Ich komme sehr, sehr gut mit ihm aus. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der so sehr auf Performance fokussiert ist wie er. Das ist auch seine Rolle bei uns im Team. Er ist der Performance-Leiter, arbeitet eng mit dem Performance-Team zusammen, das unser Boot 24/7 analysiert. Da geht es auch um die Daten, die wir mit dem Boot sammeln und mit den VPPs der Designer und unseren eigenen Targets vergleichen. So können wir das Boot immer wieder optimieren.

Gewinner-Mentalität für Team Holcim-PRB

Franck bringt eine Gewinner-Mentalität mit. Er trägt eine Ultim-Performance in unser Team. In dem Moment, in dem er die Team Base betritt, kann man spüren, dass er Wandel bringt. Ich respektiere ihn sehr. Von dem Moment an, in dem er begonnen hat mit uns zu segeln, haben wir viel für unser Team gewonnen. Viele unnötige Dinge sind vom Boot gegangen. Ich nenne ihn “Mister Light & Fast”.

Dann ist da Nico. Er kennt dieses Boot in- und auswendig, hat damit die Vendée Globe 2024/2025 bestritten. Er ist ein exzellenter Navigator, einer der besten der Welt, bringt viel Erfahrung fürs Ocean Race Europe ins Team ein. Nico stellt sicher, dass sich das Team immer weiterentwickelt. Es ist sehr, sehr wertvoll, ihn im Team zu haben.

Dann haben wir Alan Roberts aus England. Alan ist in allen Bereichen involviert, arbeitet eng mit dem Technik-Team zusammen, ist verantwortlich für die Segel. Er hat die Modifikationen angeführt und koordiniert. Er ist ein sehr toleranter Charakter, ein gutes Bindeglied zwischen allen Charaktären. Alan ist sehr engagiert und enthusiastisch. Es ist ein Vergnügen, ihn im Team zu haben.

Brouwer an Bord fürs Ocean Race Europe

Dazu kommt Carolijn Brouwer mit ihrem breiten Erfahrungshorizont. Sie ist eine sehr gute Steuerfrau. Sie hat das Ocean Race mit Dongfeng und SCA gemacht und ist eine Olympia-Seglerin. Für sie ist Imoca-Segeln ziemlich neu. Das ist cool, weil sie viele Fragen stellt. Das wiederum schärft den Blick des Teams. Durch sie stellen wir vieles wieder in Frage und schauen, was wir optimieren können. Sie wird sich um den Trimm kümmern und im Ocean Race Europe sehr viel steuern.

Als stärkste Konkurrenten für unser Team Holcim-PRB sehe ich im Ocean Race Europe Allagrande Mapei Racing, Team Biotherm mit einem guten Boot und sehr guter Crew und Paprec Arkéa. Ich glaube, dass die sehr starke Konkurrenten sind. Das Niveau wird insgesamt sehr hoch sein. Ich glaube, es wird sehr eng zur Sache gehen. Wir möchten um den Sieg im Ocean Race Europe kämpfen. Wir haben ein gutes Boot für die europäischen Bedingungen und eine sehr, sehr gute Crew.

Unser Ziel ist es, das Rennen zu gewinnen. Und ich glaube, wir haben auch die Chance dazu.” Rosalin Kuiper

Wenn ich auf meine eigene bisherige Imoca-Geschichte zurückblicke, dann war es 2022 und 2023 eine unglaubliche Reise mit Team Malizia. Es bleibt in meinem Herzen und ich spreche immer noch oft mit dem Team, mit Boris, Will, Holly… Ich stehe mit allen in gutem Kontakt. Sie sind gute Freunde und Freundinnen. Es ist cool, jetzt gegeneinander zu segeln. Gegen das Boot, mit dem ich um die Welt gesegelt bin, das ich ziemlich gut kenne.

Verbundenheit mit den deutschen Fans

Natürlich vergleichst du da auch, fragst dich, was du in bestimmten Momenten tun, welches Set-up du hier oder da wählen würdest. Es ist einfach eine andere Perspektive. Sie sind meine Freunde und Freundinnen, aber es ist auch eine Extra-Motivation, es gut zu machen. Gleichzeitig wünsche ich auch ihnen ein gutes Ocean Race Europe.

Dass unser Europa-Rennen in Kiel startet, freut mich sehr. Kiel war einer meiner Lieblingshäfen im Ocean Race um die Welt, auch wenn es damals nur ein Fly-by war. Es waren verrückt viele Menschen an den Ufern und auf dem Wasser. Es war ein riesiges Spektakel! Ich fühle mich sehr verbunden mit Deutschland. Ich habe während des Ocean Race so viel Unterstützung von den deutschen Fans bekommen. Es ist für mich fast als würde ich aus meinem Heimatland starten. Darauf freue ich mich sehr!

Ich glaube auch, dass Kiel nah genug ist für die Fans aus der Schweiz und den Niederlanden. Viele Freunde, Freundinnen und meine Familie kommen auch zum Start. Ich habe einen vielleicht etwas ungewöhnlichen persönlichen Wunsch zum Ocean Race Europe: Ich wünsche allen eine unglaubliche Zeit! Meinem Team, allen Fans, dem Rennen, Familien, Freunden, Freundinnen und auch mir selbst und meiner Familie.

Ein besonderer Wunsch fürs Ocean Race Europe

Ich hoffe, dass wir alle das Rennen genießen werden! Ich fühle mich sehr glücklich, dass wir die Freiheit haben, ein Rennen zu segeln. Insbesondere in diesen Zeiten, in denen in der ganzen Welt so viel los ist. Ich bin sehr dankbar, dass wir das machen können. Ich wünsche mir, dass wir uns alle darüber bewusst sind, dass wir Glück haben, das tun zu können. Natürlich wünsche ich mir auch, dass Crews und Boote gesund und heil bleiben. Dass alle positiv, guter Stimmung und in der richtigen Mentalität bleiben, um gute Leistungen zu zeigen.

Habe ich einen Talismann dabei? Ja, sogar zwei! Da ist zum einen ein kleines Holzstückchen, dass mir einmal meine Schwester geschenkt hat, als ich mit dem Offshore-Segeln begonnen habe. Ich bin sehr abergläubisch. Es hat mich auch im Ocean Race um die Welt begleitet und steckt jetzt schon fürs Ocean Race Europe in meiner Segeltasche in Kiel.

Und ich habe noch etwas Neues! Das habe ich am Freitag von meinem Mann Coen und meinem Baby bekommen. Es ist ein ganz winziges Buch, nicht einmal so groß wie mein Daumen, vielleicht etwa fünf Zentimeter lang, mit Fotos. Es ist sehr leicht. Ich werde sogar den Ring abnehmen, der zum Anhängen an meine Schlüssel gedacht ist. Und dann habe ich es auf dem Boot dabei.

Mit Familienrückhalt ins Ocean Race Europe

Es sind Fotos aus den letzten sieben Monaten darin: mit den Großeltern, dem Baby, dem Baby meines Bruders, das jetzt fünf Wochen alt ist. Es sind sehr glückliche Familienmomente. Wenn ich die Bilder sehe, realisiere ich, wie viel Glück ich habe, eine so unterstützende Familie um mich herum zu haben. Und ich weiß auch: Je schneller wir segeln, je eher bin ich zurück bei meiner Familie.

Der Kurs fürs Ocean Race Europe:

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