Tatjana Pokorny
· 14.09.2025
Von Rosalin Kuiper
Es kann sehr fordernd und ermüdend sein, im Mittelmeer zu segeln. Aktuell sind die Bedingungen etwas besser, aber die ersten Tage waren sie einfach schrecklich. Die Etappe hatte mit sehr leichten Winden in Genua begonnen. Ich finde es schwierig, in so leichten Winden zu starten, weil ich das Gefühl habe, dass ich nach einem Aufenthalt an Land wieder durchgerüttelt werden muss. Ich muss wie mit einem ordentlichen Hallo aufgeweckt werden. Ich bevorzuge, wenn es windig und lebendig ist, wenn du direkt reinkommst in so ein Rennen und mit einem guten Wachrhythmus durchstarten kannst.
In leichten Winden wirst du leichter eingelullt, hast ein bisschen weniger Energie. Ui-jui-jui, waren die Winde leicht beim Auftakt. Dann kam diese zweite Nacht. Wir segelten entlang der französischen Küste und waren dicht unter Land. Wir haben den Wind von Land bekommen. Die anderen waren einen Tick mehr offshore und haben die einsetzende Seebrise zuerst erwischt. Sie konnten abheben, während es für uns zu lange gedauert hat, bis sich der Wind durchgesetzt hat.
Sie segelten los und plötzlich bist du nicht mehr im selben Rennen, weil sie da draußen total andere Bedingungen haben. Wir sind in unserem eigenen Wetter steckengeblieben. Das war der erste Grund, warum sie sich absetzen konnten. Ich glaube, es war in der dritten Nacht, als wir dann diese massiven Gewitterwolken bekamen. Die haben sich zwischen den vor uns liegenden Booten und uns breitgemacht: Die Flotte war im Süden, wir im Norden und die Wolken dazwischen.
Dabei hatten wir wirklich entgegengesetzte Windrichtungen. Sie hatten Wind aus dem Norden und mehr Druck von den Wolken. Sie segelten noch im Downwind nach Osten und wir hatten Wind aus dem Süden, segelten in sehr leichten Winden am Wind. Es war super frustrierend zu sehen, wie sie abdüsten. Und gleichzeitig zu wissen, dass wir nicht an diesen Wolken vorbeikommen!
Die Nächte drei und vier waren dann echt hart. Wolken, Blitz und Donner waren einfach überall. Manchmal schlugen die Blitze auch im Wasser ein, aber meistens sah man sie in den Wolken. Ich fand es ziemlich beängstigend. Tatsächlich fand ich es beängstigender als noch in der Zeit, bevor ich ein Baby hatte. Ich war noch aufmerksamer und wollte nicht in der Nähe vom Mast schlafen. Ich denke ohnehin, dass das klüger ist.
Ich habe bemerkt, dass ich etwas vorsichtiger geworden bin. Es waren einfach keine schönen Bedingungen. Das Boot hämmerte im Downwind in die bucklige See. Wir segelten triple-headed und ziemlich schnell. Dabei sind wir einige Male in den Wind geschossen. Es war nicht ideal. Ein bisschen funky Bedingungen.
Dabei roch es auch nicht so toll im Boot. Sorry, dass ich das einmal anmerke. Und jetzt sind die Bedingungen auch besser. Aber es ist so heiß unter Deck. Konstant um die 40 Grad. Das kann schon auch mal extrem unangenehm riechen.
Am Mittwochmorgen hatten wir drei Tage nach dem Etappenstart dann mehr als 150 Seemeilen Rückstand zur Spitze. Das war super enttäuschend, aber so kann das Leben auf See sein. Das passiert. Ich war schon ein bisschen down, habe mich geärgert, weil ich weiß, dass wir ein sehr gutes Boot haben. Wir haben ein gutes Projekt und gute Segler und Seglerinnen. Warum also liegen wir hinten? Warum sind wir in dieser Lage? Wir gehören nicht in diese Lage! Die Position reflektiert nicht das Projekt, nicht das Boot.
Ich war wirklich nicht glücklich und habe mir das Hirn zermartert, was wir falsch gemacht haben. Wo haben wir das verloren? Was hätten wir anders tun können, um uns nicht in dieser Position wiederzufinden. Ich habe mir über das Endergebnis Gedanken gemacht: Was werden die Leute denken? Was wird der Sponsor denken? Ich habe den Druck gespürt. Am Ende lastet der Erfolgsdruck für das Projekt auf meinen Schultern. Das alles ging mir durch den Kopf, als wir hinten lagen.
Ich habe versucht, das nicht der Crew zu zeigen. Ich habe versucht, positiv zu bleiben. Ich habe den Druck gespürt, aber zu keinem Zeitpunkt wirklich gedacht, dass das Rennen vorbei war. Ich wusste ja, dass da noch das Küstenrennen in Montenegro kommt. Und dass es eine lange Etappe ist, auf der alles passieren kann. Ich dachte: Wenn wir binnen zwei Tagen 150 Seemeilen zurückfallen können, dann können wir auch drei Tage später aufgeholt und die anderen wieder überholt haben. Ich habe den Glauben daran behalten, dass es möglich ist, dass wir es schaffen können. Das Gefühl hat mich die gesamte Zeit begleitet.
Dabei habe ich versucht, mich auf unsere eigene Leistung zu konzentrieren. Weil du ja sowieso nicht den gleichen Wind hast wie die anderen. Ich habe aufgehört, zu sehr auf die anderen zu schauen. Natürlich hast du weiter ein Auge auf sie. Du schaust, wo sie sind und welche Moves sie machen. Aber hauptsächlich habe ich mich auf unser Boot, unsere eigenen Leistungsdaten konzentriert. Wir haben viel Zeit investiert, um diese Leistung zu optimieren. Du versuchst also, mit dem vorhandenen Wind so gut in die richtige Richtung zu segeln wie du kannst.
Dann geht es in so einer Situation auch darum, die Crew zu motivieren, sich noch mehr umeinander zu kümmern. Manche Menschen können in Situationen wie solchen etwas mürrisch werden. Also teilst du etwas mehr Essen aus und kümmerst dich noch mehr umeinander. Ich denke aber, dass unsere gesamte Crew die Situation wirklich gut gemeistert hat. Alle sind fokussiert und professionell geblieben. Wir sind einfach weiter schnell gesegelt. Gegen uns selbst.
Wir wussten, dass es noch eine lange Etappe ist. Da waren noch viele Tage übrig. Und das Mittelmeer ist sehr unberechenbar. Zu einem Punkt haben wir dann in den Prognosen zwei riesige Leichtwindflecken gesehen. Den ersten auf der Westseite von Sizilien. Da war eine Übergangszone, ein leichter Bereich. Und am Nachmittag des nächsten Tages war da an der Südostecke von Sizilien noch so ein riesiger Leichtwindflecken, eine weitere Übergangszone.
Als wir das gesehen haben, waren wir ziemlich glücklich. Denn plötzlich waren wir es, die weiter unterhalb von Sizilien mit 27 Knoten vor dem Wind segelten. Wir konnten beobachten, wie die Flotte über mehrere Stunden total steckengeblieb. Wir dagegen konnten entscheiden, wo wir halsen und wo wir uns positionieren: mehr im Norden, mehr im Süden.
Wir entschieden uns, einfach direkt zum nächsten Wegpunkt zu segeln. Dann fanden wir uns mit „Malizia“ in Lee und „Biotherm“ in Luv von uns wieder. Und plötzlich waren wir wieder im Rennen! Es war verrückt, so verrückt! Wir waren so glücklich, sie zu sehen. Sie parkten dann im gleichen Leichtwindgebiet wie wir.
Danach kam eine sehr interessante Nacht, als die Flotte im Norden nach mehr Wind suchte. Wir entschieden, direkt zum Wegpunkt zu segeln – ohne Wende nach Norden. Wir haben dort ein bisschen verloren. „Biotherm“ hat auf uns gewonnen hat. Als sie nach Norden wendeten, waren sie sechs Seemeilen hinter uns. Als sie nach Norden vordrangen, waren sie sechs Seemeilen vor uns. Als sie den Wegpunkt erreichten, hatten sie 15 Seemeilen Vorsprung.
In der Nacht zum Samstag konnten wir dann wieder etwas aufholen. Einfach über die bessere Geschwindigkeit. Wenn Windgeschwindigkeiten ab 13 Knoten herrschen, dann sind wir schnell, sehr schnell. Dann können wir Dinge tun, die die anderen nicht tun können. Wir segeln dann einen Knoten schneller und höher. Das hat Spaß gemacht!
Genauso Spaß macht mir die Zusammenarbeit mit Carolijn Brouwer. Wir verstehen uns sehr gut. Sie ist sehr lustig! Wir können beide gut stramm geradeausarbeiten. Aber dann gibt es auch unsere kleinen Gespräche. Wir können lustige Stimmen oder Akzente imitieren. Wir lachen uns manchmal den Arsch ab. Wir sind beide nicht sehr schüchtern. Dann versucht die eine, die andere zu übertrumpfen.
Wenn ich also einen lustigen Witz erzähle, kommt von ihr noch einer obendrauf. Manchmal versuchen wir auch, uns gegenseitig zu schockieren mit dem, was wir sagen. Das machen wir auf Holländisch und es ist ziemlich witzig. Ich glaube, es ist gut, dass die anderen in der Crew das nicht verstehen können, weil es nicht immer charmant ist, was wir sagen. Aber wir lachen viel und sehen auch die heitere Seite der Dinge. Es ist wirklich schön, einen solchen Kumpel an Bord zu haben.
Nachdem wir unseren Kurs nach Norden und die Adria hoch eröffnet hatten, waren „Malizia“, „Paprec“ und „Mapei“ zunächst noch vor uns. Wir waren vier Seemeilen hinter ihnen, konnten sie aber ziemlich leicht überholen. Es war so gut, wieder in den gleichen Bedingungen zu segeln. An der Position sind wir an diesem Sonntagmorgen – einen Tag vor dem Finale in Boka Bay – immer noch. Die Spitze ist nun eng zusammengerückt.
Ich muss sagen, dass das Rennen einen hohen körperlichen Zoll verlangt. Es ist für alle eine sehr fordernde Etappe. Es gibt null Zeit für Regeneration. An Land hast du in den Etappenhäfen gerade eben genug Zeit, vernünftig zu essen und einen Teil des verlorenen Schlafes nachzuholen. Nicht alles. Es gibt nicht wirklich Zeit zur Regeneration der Muskeln und des Körpers. Es ist hart, aber es ist auch überschaubar. Es ist noch eine Woche übrig von diesem Rennen. Das schaffen wir!
Wir hatten im 9 Uhr keine vier Seemeilen Rückstand mehr auf die führende “Biotherm”. Team Malizia und Team Parpec Arkéa konnten wir hinter uns sehen. Mapei war vorher schon zurückgefallen. Dieses Rennen wird definitiv mit einem XL-Fight enden! Das wussten wir vorher. Die Crew macht das gut.