Ocean Race EuropeSamthandschuhe aus – vier Proteste in Genua

Tatjana Pokorny

 · 04.09.2025

Enge Situation zwischen "Paprec Arkéa" und "Malizia – Seaexplorer" kurz nach dem Nizza-Start.
Foto: Screenshot/The Ocean Race Europe 2025
Vor der letzten Etappe im Ocean Race Europe bekommt die Internationale Jury an diesem 4. September einiges zu tun: Gleich vier Protestanhörungen stehen auf dem Programm. Einmal ist auch Team Malizia involviert.

Nach dem Siegerfest ist für das italienische Team Allagrande Mapei Racing vor der Protestverhandlung! Die Mannschaft um Skipper Ambrogio Beccaria muss sich an diesem Donnerstagmorgen in Genua gegen einen Protest des Technischen Komitees der Imoca-Klasse verantworten. Das Komitee hatte der Internationalen Jury melden müssen, dass es vom Team Allagrande Mapei Racing nach dem Start der dritten Etappe nicht binnen der vorgeschriebenen Drei-Stunden-Frist das obligatorische Foto vom intakt versiegelten Motor erhalten hat.

Ocean Race Europe: die Internationale Jury tagt

Auch andere Teams und ihre Regelspezialisten sind im italienischen Etappenhafen Genua am grünen Tisch gefordert, denn es sind von der Internationalen Jury drei weitere Fälle zu verhandeln. ​Die zweite Anhörung gilt einem Antrag auf Wiedergutmachung durch das Team Holcim PRB. Im Schweizer Team ist man überzeugt, auf Etappe drei das frühe Wertungstor im Kampf um die Bonuspunkte als zweites Team erreicht zu haben.

Die Position wäre einen Bonuspunkt wert, der aber Yoann Richommes französischem Team Paprec Arkéa zugesprochen wurde. Sehr aufmerksame Live-Tracker-Beobachter werden sich erinnern, dass der Tracker es in der Situation auch für Zuschauer zunächst so aussehen lassen hatte, als hätte “Holcim-PRB” das Gate vor “Paprec Arkéa” erreicht.

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Im Anders-herum-Fall hat “Paprec Arkéa” eine Wiedergutmachung für die Position am frühen Wertungstor der vierten Etappe beantragt. In diesem Fall war der Bonuspunkt für Rang zwei beim Tor “Holcim-PRB” zugesprochen worden. In beiden Fällen hatte es jeweils lange gedauert, bis die Wettfahrtleitung die offiziellen Positionen bei den Wertungstoren bestätigt hatte. Hier geht es zu den Zwischenständen im Ocean Race Europe nach vier von fünf Etappen.

Team Malizia protestiert gegen Team Paprec Arkéa

Der vierte Protest wurde von Boris Herrmanns Team Malizia eingereicht. Hierbei geht es um eine Vorfahrtssituation im Duell mit “Paprec Arkéa” kurz nach dem Start der vierten Etappe von Nizza nach Genua. Die Situation ist auch kurz Thema im NDR Live Talk mit Segelreporter und Moderator Sven Kaulbars und Experte Tim Kröger: Etwa ab Minute 8:40 sind Ausschnitte dazu zu sehen.

Es geht im Malizia-Protest um eine umstrittene Amwind-Backbord-Steuerbord-Situation kurz nach dem Start in die vierte Etappe. Zweimal hatten sich die Kurse von “Malizia – Seaexplorer” und “Paprec Arkéa” dabei eng gekreuzt. Einmal mit Vorfahrt für Team Malizia, einmal mit Vorfahrt für “Paprec Arkéa”. Auf die erste der beiden Situationen bezieht sich der Protest von Team Malizia.

Da hatte “Paprec Arkéa” ihren Kurs ohne Wegerecht gehalten, während “Malizia – Seaexploer” mit Wegerecht hinter der französischen Imoca durchging. Bei der zweiten Begegnung kurz darauf – jetzt “Paprec Arkéa” mit Wegerecht – passierte “Malizia – Seaexplorer” wieder das Heck der Gegnerin. Boris Herrmann rief dabei laut hörbar “Protest!”, der sich noch auf die erste Begegnung bezog.

Protestverhandlungen noch am Donnerstag

Als erster Fall steht der technische Protest gegen Allagrande Mapei Racing auf dem kleinen Protestmarathon der Internationalen Jury. Die Anhörung hat am 4. September um 9.30 Uhr in Genua begonnen.

Das Update mit den Jury-Entscheidungen

Die Internationale Jury hat noch am Donnerstag über drei der vier Proteste entschieden. Die erste Anhörung im technischen Protest gegen Allagrande Mapei Racing durch das Imoca-Technikkomitee wurde der Jury mitgeteilt, dass ein Foto der Motorversiegelung mit 45 Minuten Verspätung eingegangen war. Das italienische Team räumte den Fehler ein und erklärte, man habe sich auf das Rennen konzentriert und das Foto leider nicht rechtzeitig geschickt.

Es wurden Beweise vorgelegt, die zeigten, dass kein Leistungsvorteil erzielt wurde. Die Jury entschied, dass Allagrande Mapei eine 10-minütige Strafe für die Etappe erhalten sollte. Auswirkungen auf die Wertung und die Platzierung des Teams hat das Urteil nicht. Die zweite Anhörung betraf einen Antrag auf Wiedergutmachung durch das Team Holcim-PRB, das die Genauigkeit der Tracking-Daten in Frage gestellt hatte, anhand derer ermittelt wurde, welches Boot im Kampf um Bonuspunkte als zweites das Wertungstor ferreicht und den einen Punkt erhalten hatte. Der Punkt war bei knappem Rennen “Paprec Arkéa” zuerkannt wurde.

Die Jury hielt fest, dass die für das Wertungstor verwendeten Tracking-Geräte (primär und sekundär) alle die gleichen Ergebnisse zeigten – “Paprec Arkéa” überquerte das Wertungstor vor “Holcim-PRB” – und dass es keine Beweise gab, die diesen Ergebnissen widersprachen. Daher wird keine Berichtigung vorgenommen und die Wertungsergebnisse bleiben bestehen.

Eine Protestverhandlung wurde verschoben

In einem ganz ähnlichen Fall hatte Team Paprec Arkéa ebenfalls eine Wiedergutmachung für das Wertungstor der vierten Etappe beantragt, bei dem Team Holcim PRB als zweites Boot einen Punkt für die Torpassage erhalten hatte. Dieser Fall wird erst zu einem späteren Zeitpunkt verhandelt, damit weitere Beweise gesammelt werden können.

Der Protest von Team Malizia gegen Paprec Arkéa wurde für ungültig erklärt und abgewiesen, da Team Malizia keine rote Protestflagge gehisst und die Rennleitung nicht unverzüglich über den Protest informiert hatte. Eine Nachricht dazu hatte das Team erst vier Stunden nach dem Vorfall gesendet.

„Der Protest wurde aus technischen Gründen abgelehnt, und Team Malizia versteht und respektiert die Entscheidung der Jury in dieser Angelegenheit“, sagte Boris Herrmann. „Aber ebenso wie Paprec Arkéa sind wir der Meinung, dass es wichtige Fragen zu Sperrzonen und zu den Anforderungen an Raum zum Wenden in der Nähe dieser Bereiche gibt, die beantwortet werden sollten, und die Jury hat zugestimmt, dass wir ihnen Fragen vorlegen können, damit wir alle Klarheit darüber gewinnen, wie die Regeln in Zukunft angewendet werden.“

Hier der Clip von Team Malizia zum Nizza-Start – etwa ab Minute 14:25 beginnen die Szenen mit “Paprec Arkéa”:

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