Tatjana Pokorny
· 27.09.2024
Jetzt hat auch der Zielhafen für das 2. Ocean Race Europe einen Namen: Der europäische Ableger des bekanntesten Mannschaftsrennens um die Welt wird sein Finale in der Boka Bucht in Montenegro erleben. Damit segelt die Imoca-Flotte erstmals auf Kurs Adria.
Die Ocean-Race-Europe-Route führt die Mannschaften nach dem Startschuss am 10. August in Kiel zuerst ins britische Portsmouth, dann ins Mittelmeer mit Stopps in der spanischen Hafenstadt Cartagena und im italienischen Genua. Mitte September endet das Rennen in Montenegro.
„Wir freuen uns so sehr darüber, dass das Finale des Ocean Race Europe in der Boka Bucht stattfinden wird! Und wir freuen uns, dass Boka die letzte Station auf dieser Reise sein wird, auf der wir Segler und Fans gleichermaßen im Namen der Liebe zum Meer willkommen heißen werden“, sagte mit Filip Radulović der Minister für maritime Angelegenheiten von Montenegro sehr herzlich. Die Gastgeber erwarten während der vier Veranstaltungstage Zehntausende Besucher in der Boka-Bucht.
Das Ocean Race Europe markiert im kommenden Jahr die erste von drei aufeinanderfolgenden Offshore-Regatten für Mannschaften unter einem Dach. Es folgen das Ocean Race Atlantic von New York nach Barcelona im September 2026 und die insgesamt 15. Auflage der Weltumseglung The Ocean Race, die 1973 als Whitbread Round the World Race durchstartete und 2027 in Alicante beginnt.
Doch zuerst werden sich die Augen der Segelwelt nach dem Finale der 10. Vendée Globe auf das Ocean Race Europe 2025 richten. Dafür machen immer mehr Imoca-Solisten und auch Segler aus anderen Disziplinen in neuen Crew-Konstellationen mobil. Das neu formierte Swiss Offshore Team hat mit dem Europa-Rennen 2025, The Ocean Race around the World 2026/2027 und der Vendée Globe 2028 gleich drei Gipfelstürme ins Visier genommen.
An dem neu initiierten Schweizer Projekt arbeiten der zweimalige Vendée-Globe-Weltumsegler Alan Roura, Ocean-Race-Weltumseglerin Elodie-Jane Mettraux und Class40-Meister Simon Koster seit mehreren Monaten. Ihr Joint-Venture vereint drei starke Persönlichkeiten, drei inspirierende Lebenswege und drei unterschiedliche, aber komplementäre Ansätze für das Leben als Profisegler.
Wir haben den gemeinsamen Wunsch, nach dieser dritten Vendée-Globe-Kampagne an den Mannschaftsrennen des Ocean Race teilzunehmen.” Alan Roura
„Ich befinde mich gerade mit meinem Team in der Endphase der Vorbereitungen auf meine dritte Vendée Globe“, erklärte Alan Roura. „Aber ich habe das Glück, bereits an das, was danach kommt, denken zu können. Und dieses „Danach“ wird im Plural stattfinden. Mit Simon und Elodie haben sich die Dinge fast von selbst ergeben. Wir haben ein Boot, wir haben eine Basis in der Bretagne, wir haben ein Team, das sehr gut funktioniert.“
Alan Roura ist erst 31 Jahre alt und startet am 10. November schon in sein drittes Solo um die Welt. Mit dem neuen Projekt wollen Roura und seine Mitstreiter “echte Schweizer Identität zeigen”. „Der Schweizer Segelsport befindet sich in einem goldenen Zeitalter“, sagte Roura. „Es gibt eine echte Dynamik in allen Bereichen und eine Fülle von Talenten, die nur darauf warten, sich auf verschiedenen Bootstypen auszudrücken. An dieser positiven Dynamik wollen wir mit unserem Projekt teilhaben.“
„Es wird toll sein, an einem Schweizer Projekt beteiligt zu sein – mit einem Schweizer Boot, Schweizer Seglern, Schweizer Sponsoren – und unser eigenes Ding zu machen!“, sagte Elodie Mettraux. Und weiter: „Ich kenne das The Ocean Race sehr gut, da ich schon mehrmals daran teilgenommen habe. Es ist ein sehr anspruchsvolles und schwieriges, aber auch ein fabelhaftes Rennen, das ein erweitertes Team erfordert, um Rotationen über die Etappen hinweg zu ermöglichen. Das ist es, was wir hier aufbauen werden.“
Diese Vision wird von Simon Koster geteilt, der darauf hinweist, dass der Zeitpunkt für die Aufnahme dieser neuen Herausforderung perfekt ist. „Die Entscheidung von The Ocean Race, sich auf die Imoca-Klasse zu konzentrieren, ist ein wichtiger Faktor unserer Plänen“, sagt mit Simon Koster der “Bretone” unter den Züricher Seglern, der in den letzten beiden Saisons Mitglied von Hublot Sailing war und regelmäßig auch mit Melwin Fink und Lennart Burke zusammenarbeitet.
Simon Kosters Einschätzung: „An der nächsten Vendée Globe werden drei Schweizer Segler teilnehmen (Red.: Alan Roura, Oliver Heer und Justine Mettraux). Es ist logisch, dass mindestens eines dieser Boote bei den nächsten Wettfahrten mit Besatzung antreten wird“.
Bewerbern haben die Initiatoren die Tür weit aufgemacht. Im Team-Statement heißt es: “Ob sie aus dem Olympia-, Offshore- oder America's-Cup-Bereich kommen oder einfach nur Süßwassersegler sind: Alle, die große Träume haben, können ihr Glück bei einem Team versuchen, das die Vielfalt in den Mittelpunkt seines Programms stellt.” Auftakt des ambitionierten Projekts soll die Teilnahme am The Ocean Race Europe sein.
Neben der sportlichen Entwicklung soll in Folge der Vendée Globe 2025 auch der Bau oder Kauf einer Imoca angekündigt werden, die moderner und leistungsfähiger ist als der aktuelle Monohull von Alan Roura. „Letztendlich könnte die Idee sein, zwei Boote im Team zu haben“, erklärt Roura. „So können wir weiter segeln, während eines der Boote im Bau ist.
Die Gruppe um Alan Roura denkt vielschichtig, wie er erklärte: “Die Idee ist auch, der Schweiz zwei Möglichkeiten zu bieten, sich in der internationalen Flotte der großen Hochseeregatten mit Besatzung zu behaupten. Das aktuelle Boot würde von einer Crew aus jungen Talenten gesegelt, die innerhalb des Teams entwickelt wurden. Das zweite Boot würde den professionellen Seglern des Teams vorbehalten sein.“
Die Gruppe ist für ihre ambitionierten Pläne unter Schweizer Flagge auf Partnersuche. In der Team-Meldung hieß es: “Die nächsten Monate werden entscheidend sein, wenn es darum geht, Partner für das Projekt zu begeistern, die bereit sind, sich langfristig mit dem Swiss Offshore Team zu engagieren.” Alan Roura erklärte: “Wir wollen Schweizer Unternehmen den Vorzug geben, um eine Identität zu wahren, die für Know-how und Zuverlässigkeit steht.”
Erst vor wenigen Tagen hatte das Ocean Race den Start eines Imoca-Schwergewichts im Ocean Race Europe bekanntgeben können: Das Team Paprec Arkéa wird am 10. August 2025 vor Kiel an der Startlinie aufkreuzen. Vendée-Globe-Co-Favorit und Skipper Yoann Richomme hat bestätigt, dass es er nach seinem Solo um die Welt wie auch Boris Herrmann und Team Malizia in den Crew-Modus wechseln wird.
Ich freue mich wirklich darauf, mit kompletter Crew zu segeln.” Yoann Richomme
Richomme ist kein Unbekannter im Ocean Race: Er hatte das Team Mirpuri Foundation Racing Team bei der ersten Ausgabe des Ocean Race Europe im Jahr 2021 zum Sieg in der VO65-Flotte geführt, bevor er 2023 an zwei Etappen der Weltumseglung teilnahm. „Nach der Vendée Globe wird es schön sein, ein Team für das The Ocean Race Europe zu gründen. Ich werde die richtigen Leute finden müssen, um auf einem Boot zu segeln, das für das Solosegeln ausgelegt ist. Das wird eine gute Herausforderung sein.”
Als bestätigte Teams sind für das Ocean Race Europe bislang Boris Herrmanns Team Malizia, Team Holcim-PRB mit Skipperin Rosalin Kuiper und Yoann Richommes Team Paprec Arkéa gemeldet. Weitere Teams sind registriert, aber noch nicht offiziell bestätigt. Boris Herrmanns Prognose: “Ich würde auf acht bis zehn Boote fürs Ocean Race Europe tippen. Die Teilnahme bedeutet eine logistische Situation, die ein kleineres Imoca-Team schon herausfordert. Dann sage ich aber: Mensch, Leute, mietet euch einen Bulli, hängt einen Anhänger dran und macht einen Roadtrip.”