Ocean Race Europe“Double Dutch” – Carolijn Brouwer greift wieder an

Tatjana Pokorny

 · 18.04.2025

Ocean Race Europe: “Double Dutch” – Carolijn Brouwer greift wieder an
Carolijn Brouwer ist zurück im Spiel. Als zweite prominente holländische Seglerin an der Seite von Skipperin Rosalin Kuiper startet sie mit Team Holcim-PRB ins Ocean Race Europe. Damit betritt die historisch erste Ocean-Race-Siegerin Imoca-Neuland. Zu Ostern ist die in Australien lebende Powerplayerin mit Sohn Kyle zum Familienbesuch in der Heimat. Mit YACHT online sprach sie über die bevorstehende neue Herausforderung.

Carolijn Brouwer bringt ihre Stärke als Steuerfrau, Erfahrung aus drei Ocean Races und drei Olympia-Teilnahmen und herausragende Wettkampfstärke ins Team Holcim-PRB ein.
Foto: Adrien Nivet/polaRYSE

Der 24. Juni 2018 war ein historischer Tag in der Segelwelt. Und einer für Carolijn Brouwer. Als die Niederländerin damals nach packenden Stunden im Ocean Race die Ziellinie der letzten Etappe mit dem Dongfeng Race Team passierte, kannte der Jubel in Den Haag keine Grenzen mehr. In ihrer Heimat war Carolijn Brouwer mit dem Team um Charles Caudrelier zum Etappen- und zum Gesamtsieg im wichtigsten Mannschaftsrennen um die Welt gesegelt.

Die erste Ocean-Race-Königin

Carolijn Brouwer ist seitdem neben ihren damals rotierenden Dongfeng-Teamkameradinnen Justine Mettraux und Marie Riou die erste Frau, die das legendäre Rennen gewinnen konnte. Als einzige Seglerin hatte sie alle Etappen bestritten. Ihr Skipper Charles Caudrelier hatte sie damals keinesfalls als Quotenfrau ins Team geholt. Er wollte die versierte Steuerfrau und Trimmerin an seiner Seite, denn sie hatte sein Dongfeng Race Team bei der vorherigen Ocean-Race-Edition 2014/2015 mit dem Frauen-Team SCA bei den Hafenrennen geschlagen.

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Mit dem Dongfeng-Sieg 2017/2018 war die vielseitige Carolijn Brouwer dann zur Offshore-Ikone aufgestiegen. Jetzt feiert die historisch erste weibliche Ocean-Race-Königin ihr Comeback unter dem Ocean-Race-Dach zunächst auf der europäischen Bühne: Im Ocean Race Europe verstärkt die wettkampfstarke dreimalige Olympia-Teilnehmerin das Team Holcim-PRB und die gerade vorgestellte Mannschaft um Skipperin und Landsfrau Rosalin Kuiper.

Mit der Mannschaftspräsentation hat sich Team Holcim-PRB in dieser Woche auf Anhieb in den Favoritenkreis katapultiert. Der erlesene Crew-Mix aus zwei Frauen und drei Männern mit junger Dynamik und hochkarätiger Erfahrung hat das Zeug zum Erfolg im Ocean Race Europe, für das die Vorstellung von Boris Herrmanns Team Malizia noch aussteht.

Junge Dynamik und erfahrene Schlagkraft

Da ist die ehrgeizige Rosalin Kuiper, die ihre Gesellenprüfung im Team Malizia an der Seite von Boris Herrmann im 14. The Ocean Race 2023 mit Bravour bestand. Danach wechselte sie als Skipperin für das Ocean Race Europe ins Team Holcim-PRB. Im Dezember Mutter geworden, will die erst 29 Jahre alte Dirigentin mit ihren handverlesenen Mitstreitern um den Sieg bei der Europa-Regatta kämpfen.

Rosalin hatte einen Traum und keine Angst, darum zu kämpfen.“ Carolijn Brouwer

Carolijn Brouwer sagt über Rosalin Kuiper: „Sie ist die Jüngste im Team und Skipperin. Und schaut Euch an, was sie erreicht hat, wie weit sie in relativ kurzer Zeit gekommen ist und welche Crew sie nun um sich versammelt hat. Wir haben alle unterschrieben, weil wir an dieses Projekt glauben. Rosalin hat für sich große Ambitionen. Weshalb es so cool ist, dass wir sie als starke Gruppe unterstützen können“, erklärt Carolijn Brouwer.

Die drei Männer im Team bringen zum weiblichen “Double Dutch” weitere Qualitäten ein: Nico Lunven, der bei seiner Vendée-Globe-Premiere gerade Platz sechs auf „Holcim-PRB“ erkämpfte, kennt das Boot am besten und ist ein Meister der Navigation. Der Brite Alan Roberts bringt sehr diverse Imoca-Erfahrungen aus der Arbeit für Rennställe wie Biotherm oder L’Occitane en Provence mit.

Carolijn Brouwer betritt Imoca-Neuland

Franck Cammas, 52, hat als Performace-Antreiber schon fast jede wichtige Trophäe des Segelsports einmal gehoben. Als Teamältester steuert er seine Expertise aus gewonnenen Ocean-Races und Ultim-Einsätzen für die ganz großen Rennställe wie Gitana und aktuell „SVR Lazartigue“, aber auch die Erfahrungen aus der Arbeit als Performance-Direktor im französischen America’s-Cup-Team oder als Coach im SailGP bei.

Carolijn Brouwer kam zuletzt ins Spiel. Sie war zuhause in Australien, wo sie mit ihrem Mann Darren Bundock und dem 14-jährigen Sohn Kyle lebt, als plötzlich ihr Telefon klingelte und der Name von Rosalin Kuiper auf dem Display aufleuchtete. Das war der Anfang von Brouwers Ocean-Race-Comeback.

Dem Gespräch zwischen den beiden starken Ocean-Race-Frauen gab Carolijn Brouwer schnell auch eine heitere Note, sagte zu Rosalin Kuiper: „Ich hoffe, du rufst mich nicht wegen meiner Imoca-Erfahrung an…“ Beide lachten. Tatsächlich betritt Brouwer in diesem Bereich Neuland. Die 51 Jahre alte Meeresstürmerin hatte ihre bisherigen Ocean-Race-Erfolge noch auf VO65-Yachten erfochten.

Es gilt aber auch eine alte Weisheit von Roy Heiner, der einmal sagte: ‚Ein Boot ist ein Boot. Ein Segel ist ein Segel. Und das Wasser ist das Wasser.“ Carolijn Brouwer

Carolijn Brouwer hat bislang in ihrer Karriere genau vier Tage auf einer Imoca gesegelt. Das war in Lorient vor dem letzten Rennen um die Welt und geschah auf der inzwischen stark weiterentwickelten „Holcim-PRB“. Damals entschied sie sich auch aus privaten Gründen gegen eine erneute Runde um die Welt und empfahl Abby Ehler, die bei Holcim-PRB zur wichtigen Kraft im 13. The Ocean Race wurde.

“Das ist es, was wir lieben”

Jetzt ist Carolijn Brouwer wieder da. „Es fühlte sich wie ‚unfinished business‘ an. Deswegen bin ich zurück“, sagt sie über ihre Motivation. Zu Ostern ist sie gerade mit Sohn Kyle in dessen australischen Schulferien zum Familienbesuch in der niederländischen Heimat, sieht ihre Mutter, den Bruder mit seiner Familie und Freunde. Carolijn Brouwer genießt diese kurze Auszeit, während ihr Mann, der zweimalige olympische Silbermedaillengewinner und Nacra-17-Coach Darren Bundock, mit Australiens Olympia-Seglern in der kommenden Woche bei der Semaine Olympique Française vor Hyères im Einsatz ist, wo auch das German Sailing Team um einen anhaltend guten Saisonstart kämpft.

Knapp vier Monate vor dem Startschuss zum Ocean Race Europe warf Carolijn Brouwer im Gespräch mit YACHT online auch einen Blick auf Team Holcim-PRBs Aussichten: „Ich sage nicht, dass wir die absoluten Favoriten sind. Da draußen sind viele gute Teams und es wird sehr, sehr intensiv. Aber das ist es, was wir lieben.” Sie ist überzeugt, sich schnell ins Imoca-Segeln einzugewöhnen.

Als Segler wirst du sehr adaptiv. Du nutzt deine Erfahrung und dein Wissen, um dich dem Boot anzupassen, das du segelst.“ Carolijn Brouwer

Weiter sagt Carolijn Brouwer: „Ich hoffe, dass alle meine Erfahrung aus dem Ocean Race und von den Olympischen Spielen mein Lernen im Imoca-Segeln beflügelt. Es dreht sich ja beim Regattasegeln vieles um den Highperformance-Bereich. Mit meinem früheren Tornado-Segeln, der Erfahrung aus der foilenden A-Class und Starts bei Offshore-Regatten habe ich mich auf meine eigene Weise weiterentwickelt.“

Fünf starke Player, ein Team fürs Ocean Race Europe

Beim Blick auf ihr neues Team, in dem die insgesamt fünf Seglerinnen und Segler rotieren und voraussichtlich jeweils eine der fünf Etappen auf dem Europakurs von Kiel via Portsmouth, Cartagena, Nizza und Genua nach Boka Bay in Montenegro aussetzen, ist Carolijn Brouwer überzeugt von einem starken Gesamtpaket des Teams Holcim-PRB: „Du kannst nicht wirklich nein sagen zu einem solchen Aufgebot.“

Sie sagt: „Alan kannte ich noch nicht, aber er hat viel Imoca-Erfahrung. Nico hat gerade eine sehr starke erste Vendée Globe bestritten und ist mit seiner Navigation herausragend.“ Am besten kennt Carolijn Brouwer Franck Cammas: „Mit ihm habe ich auf Dongfeng gesegelt.“

Brouwer weiß: „Aus Performance-Sicht ist Franck Cammas ein bisschen wie Pascal Bidégorry bei Dongfeng: Als Navigator hatte er auch immer ein scharfes Auge für die Performance des Bootes, war immer dabei, noch 0.1 Knoten mehr rauszuholen. Er sucht immer nach der optimalen Performance, nach jedem Quentchen Verbesserung. Franck ist genauso.“

Das Ocean Race Europe lockt mit unbekannten Revieren

Was Carolijn Brouwer vor dem Start ins Ocean Race Europa ab 10. August vor Kiel auch fasziniert: „Wir werden teilweise in europäischen Gewässern segeln, die wir noch nicht kennen, in denen keiner von uns jemals war. Das bringt die Teams in auf vergleichbare Ballhöhe.“

Als regelmäßige Sydney-Hobart-Race-Starterin blickt Carolijn Brouwer auch den im Vergleich zum Ocean Race um die Welt kürzeren Etappen mit Vorfreude entgegen. „Manchmal sind kürzere Etappen härter als die längeren. Sie sind fast wie Sprints, werden körperlich und mental hart und intensiv sein.“

Team Holcim-PRB wird sein Training im Mai nach der Übernahme seiner Imoca aus dem Winterrefit aufnehmen. Die Mannschaft wird bis Ende Juni in Port-La-Forêt stationiert sein. Ob sie selbst das Ocean Race Europe als Sprungbrett fürs Comeback auch im Rennen um die Welt nutzen will? Carolijn Brouwer lacht und sagt: „Ich bin wirklich glücklich, wieder zurück zu sein. Aber lasst uns keine voreiligen Schlüsse ziehen und es Schritt für Schritt angehen.“

Carolijn Brouwer wünscht frohe Ostern

Für Carolijn Brouwer bedeutet das Comeback einen positiven Schritt: „Ich habe die letzten zweieinhalb Jahre als Coach gearbeitet und einige Offshore-Regatten oder auch A-Class-Rennen bestritten. Ich habe immer mein eigenes Segeln vorangetrieben, um scharf zu bleiben. Doch jetzt freue ich mich sehr, wieder in einem Team und zurück in dem Rennen zu sein, das so viele Jahre Teil meines Lebens war.“

Davor steht an diesem Wochenende für Carolijn Brouwer das Familienfest zu Ostern in einem Ferienhaus im Norden Hollands. Natürlich mit Ostereisuche. „Wir werden Eier für die Kids verstecken. Und eine Flasche Wein für die Erwachsenen. Frohe Ostern!“, sagt Carolijn Brouwer.

Der Kurzclip zu Carolijn Brouwers Engagement im Team Holcim-PRB:

Gänsehautmomente zu Vivaldis “Winter” aus “Die vier Jahreszeiten. 2017/2018 gewann das Dongfeng Race Team das Volvo Ocean Race 2017/2018 mit den historisch ersten drei Siegerinnen der Renngeschichte – Carolijn Brouwer, Marie Riou und Justine Mettraux:

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