Ocean Race Europe“Die pure Freude” – Meilhat feiert, Herrmann happy

Tatjana Pokorny

 · 20.09.2025

Die "Biotherm"-Crew nach dem finalen Rennsieg im Glück (v.l.n.r.): Carlos Manera Pascual, Amélie Grassi, Paul Meilhat, Benjamin Ferré and Bordreporter Gauthier Lebec feiern ihren Sieg in Montenegro.
Foto: Lloyd Images/The Ocean Race Europe 2025
Das Finalrennen im Ocean Race Europe hatte an diesem Samstag spannende Phasen und mehr als nur einen Gewinner. In Montenegros Boka Bay ging das Europa-Rennen nach knapp sechs Wochen mit dem letzten Kräftemessen zu Ende. Boris Herrmann erlebte das letzte Rennen als Skipper seiner “Malizia – Seaexplorer” zwischen sportlicher Herausforderung, Wehmut und Vorfreude.

​Der letzte Tag im Ocean Race Europe hat Boris Herrmann und Team Malizia ein kleines “Happy End” gebracht. Knapp sechs Wochen nach dem dramatischen Crash-Start in Kiel, wo “Holcim-PRB” und “Allagrande Mapei” miteinander kollidiert waren, haben alle sieben Crews den Europa-Marathon mit dem finalen Kurzennen in der Boka Bucht in Montenegro beendet. Sorgen vor möglicherweise zu lauen Winden erwiesen sich in zehn bis 14 Knoten Wind unter strahlend blauem Himmerl als unbegründet.

Ocean Race Europe: würdige Sieger

Gewonnen hat auch das abschließende Kurzrennen Team «Biotherm» (55 Punkte) mit Skipper Paul Meilhat. Den Franzosen war der Gesamtsieg im Ocean Race Europe nach dominanter Gala und vier von fünf möglichen Etappensiegen schon vorher nicht mehr zu nehmen. Manch einer hatte deshalb gedacht, dass Meilhat und seine “Musketiere” es nun vielleicht etwas ruhiger angehen lassen würden. Das Gegenteil war der Fall.

Zwar feuerten die beiden Rivalen im Duell um Platz zwei im Ocean Race Europe – ”Paprec Arkéa” und “Holcim-PRB” – zunächst auffällig gut los und auch Team Malizia zeigte einen sehenswerten und entschlossenen Start. Doch auf der zweiten Runde um den viereckigen Kurs spielte die “Biotherm”-Crew einmal mehr das Geschwindigkeitspotenzial ihres Bootes und auch das eigene Können in der zielorientierten Positionierung gekonnt aus.

Team Biotherm griff die führende “Paprec Arkéa” an und zogen mit schnellerer Geschwindigkeit und Innenposition bei einer Tonnenrundung in Rennhalbzeit zwei unwiderstehlich vorbei. Dabei blieb es bis ins Ziel: “Biotherm” gewann das Küstenrennen im Wert einer ganzen Etappe vor “Paprec Arkéa”. Nach Bootsgeschwindigkeiten von bis zu 26 Knoten auf dem ersten Run sagte Paul Meilhat in den Armen seiner jubelnden Crew nach dem Zieldurchgang: “Das war die pure Freude. Alle im Team haben noch einmal alle Energie reingesteckt.”

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Wir sind als Crew einfach glücklich, miteinander zu segeln. Wer weiß, wann wir das mal wieder machen können? Da war nur Happiness. Wir haben den Moment genossen.” Paul Meilhat

Kurz daruf ließ “Paprec Arkéa”-Skipper Yoann Richomme seine Pranken von Händen vor Freude vielfach aufs Boot donnern, bevor er eine Faust in den Himmel reckte und das gesicherte Silber im Ocean Race Europe wie ein König von Frankreich zelebrierte.

Das war ein großartiges Rennen! Es fühlt sich so gut an, das Potenzial der Boote zeigen zu können.” Yoann Richomme

An die dominanten Sieger auf “Biotherm” gewandt, scherzte Richomme: “Sie haben ja fast etwas Unhöfliches an sich, aber sie sind so stark, dass wir ihnen keinen Vorwurf machen können. Hinter den Jungs und Mädels Zweiter zu werden, das ist ganz und gar nicht schlecht.”

Bronze für “Holcim-PRB”

Leidtragende im verlorenen Duell um Platz zwei im 2. Ocean Race Europe war Rosalin Kuipers Crew auf “Holcim-PRB”. Die Kuiper-Crew schloss ihre Achterbahnfahrt um Europa nach der Kiel-Kollision, dem Beinahe-K.o., der Wiederauferstehung und dem starken Comeback mit Rang drei im Finale ab.

Hinter “Paprec Arkéa” (40 Punkte) belegte “Holcim-PRB” (38,5 Punkte) auch in der Gesamtwertung den dritten Podiumsplatz. “Das ist nicht der Platz, um den wir gekämpft haben. Aber wir haben so hart gearbeitet. Ich bin happy, wie weit wir gekommen sind, was wir gelernt und erreicht haben”, sagte Rosalin Kuiper kurz nach der Entscheidung in Montenegro.

Wen man darauf zurückblickt, durch was wir gegangen sind, dann bin ich unfassbar stolz auf mein Team.” Rosalin Kuiper

Auch das zweite noch spannende Duell im Finalrennen von Boka Bay hatte einen klaren Sieger: Boris Herrmann und Team Malizia ließen nichts anbrennen im Zweikampf mit dem italienischen Team Allagrande Mapei Racing um Platz vier im Ocean Race Europe. Als Fünfte nach fünf Etappen waren die Malizianer so entschlossen wie zwingend in den letzten Samstag-Akt gestartet.

Malizianer nach starkem Start Vierte

Boris Herrmann hatte es vorher angekündigt: “Starten können wir eigentlich ganz gut.” Gesagt, getan. Mit Rang vier im Küstenrennen war Team Malizia am Finaltag in Boka Bay die einzige Mannschaft, die sich im Gesamtklassement des Ocean Race Europe nach Rang drei auf Etappe fünf noch einen Platz vorarbeiten konnte und die Runde um Europa als Vierte abschlossen.

Kurz nach dem Rennen zog Boris Herrmann in Montenegro eine erste Bilanz, sagte: “Diese sechs Wochen waren ein unglaubliches Abenteuer, ein unglaubliches Rennen. Es ist schön, das mit einem Hoch zu beenden.” Für den 44-Jährigen war dieser 20. September ein besonderer Tag: Nach fordernder Europa-Abschiedstour erlebte Herrmann als Skipper das letzte Rennen mit der am 19. Juli 2022 in Lorient getauften “Malizia – Seaexplorer”.

1159 Tage, zwei Weltumseglungen und mehr als 100.000 Seemeilen hat “Malizia – Seaexplorer” ihrem Skipper und seinem Team seit dem Stapellauf am 19. Juli 2022 in Lorient gedient. Boris Herrmann sagte: “Es ist ein emotionaler Moment. Das war mein letztes Rennen auf 'Malizia 3', 'Malizia 4' ist in Bau.”

Da ist gleichzeitig Wehmut, aber auch Vorfreude auf das neue Kapitel, das nun beginnt.” Boris Herrmann

Übernommen wird das Boot von der Italo-Amerikanerin Francesca Clapcich. Clapcich nimmt Kurs auf ihre erste Vendée Globe, wird 2028 bei der Soloweltumseglung mit der dann längst in "11th Hour Racing" umbenannten Ex-”Malizia – Seaexplorer” zu den Konkurrenten von Boris Herrmann mit “Malizia 4” zählen. Sein Rennstall wird die Clapcich-Kampagne unter Malizia-Teamdach weiter betreuen. Weshalb Herrmann auch das Boot im Auge behalten kann, das “immer das Wichtigste meiner Karriere” bleiben wird.

Team Malizia: mit neuen Zielen in die Zukunft

Team Malizias neues Boot soll Ende Juni 2026 zu Wasser gehen. Sportlich große Ziele des Teams sind das Ocean Race Atlantic 2026, das zweite Ocean Race um die Welt 2027 und Herrmanns dritte Vendée Globe 2028. Zuvor will Herrmann im November mit dem Forschungsschiff «Malizia – Explorer» einen Monat in der Antarktis im Einsatz sein. Zu der Zeit werden Francesca Clapcich und Will Harris das am 26. Oktober startende Zweihand-Rennen Transat Café L’Or bestreiten.

Für Team Malizia ist der Acker damit gut bestellt. Womit Boris Herrmann und seine Management-Crew einmal mehr bewiesen haben, wie gut sie mittel- und langfristig planen und wie erfolgreich sie ihren Rennstall mit den Partnern für die Zukunft fit gemacht haben. Bei einigen anderen Teams ist weit weniger klar, wie es für sie und ihre Protagonisten weitergeht. Das gilt beispielsweise für Team Holcim-PRB, aber auch weitere Top-Player der Imoca-Welt.

Das Gesamtklassement im Ocean Race Europe machen auf den Plätzen fünf, sechs und sieben die Teams Allagrande Mapei Racing mit Skipper Ambrogio Beccaria bei seinem ersten großen Imoca-Rennen, das Team Canada Ocean Racing – Be Water Positive und Team Amaala komplett. Hier geht es zum Endergebnis.

Das große Finale von Boka Bay in der Wiederholung der NDR-Live-Übertragung:

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