Tatjana Pokorny
· 21.04.2024
Das erste Segelwochenende der Bundesliga stand im Zeichen Hamburger Erfolge auf dem Wannsee. In der 1. Bundesliga konnte sich beim ersten dreitägigen Kräftemessen der neuen Saison der Mühlenberger Segel-Club (MSC) vom Hamburger Elbstrand vor dem Joersfelder Segel-Club (JSC) aus Berlin und den siebenmaligen Rekordsiegern vom Norddeutschen Regatta Verein (NRV) durchsetzen. In der 2. Segel-Bundesliga siegte der Blankeneser Segel-Club (BSC) vor dem Hamburger Segel-Club (HSC) und dem Berliner Klub am Rupenhorn (KAR).
Das lange Wannseewochenende begann in der Hauptstadt fordernd und vor allem nass. Strömender Regen und kalter Nordwind erinnerten daran, dass der Sommer noch ein Weilchen auf sich warten lässt. Auf den J/70-Booten der Bundesliga hatten die Crews in frostigen Bedingungen zu segeln. Wiedergutmachung folgte am Samstag und am Sonntag, als es zwar immer noch frisch war, aber beinahe “Champagnerbedingungen” herrschten.
Mit den tückischen, von vielen Drehern geprägten Windverhältnissen auf dem Wannsee kam das gut eingespielte Team vom Mühlenberger Segel-Club (MSC) in Berlin am besten zurecht. Während in Hyères bei der Last Chance Regatta die Club-Kameradinnen Marla Bergmann und Hanna Wille um ihren Olympia-Traum kämpfen und als 13. nach den ersten drei Wettfahrten einen schwachen Auftakt wegzustecken haben, segelten Jacob Ahlers, sein Bruder Benjamin Ahlers, Till Krüger und Max Wentzel souverän zum Sieg. Dabei konnte sich Steuermann Jacob Ahlers auf ein erfahrenes Team und entsprechend saubere, schnell und sicher durchgeführte Manöver verlassen.
Mit deutlichem Vorsprung von sieben Punkten vor dem zweitplatzierten Joersfelder Segel-Club (JSC) übernahm das Team der amtierenden DSBL-Pokalsieger zum Auftakt der zwölften Liga-Saison die Tabellenführung. „Wir sind sehr glücklich und fast ein wenig überrascht, dass die Saison so gut für uns begonnen hat“, sagte MSC-Taktiker Till Krüger. „Wir sind in der gleichen Crewkonstellation am letzten Wochenende Sailing Champions League gesegelt und haben es nicht einmal ins Finale geschafft. Dieses Wochenende hat aber alles gepasst.“
Die Hamburger hatten im Vorfeld intensiv mit Coach Michael Grasse trainiert und nutzten die Pausen zwischen den einzelnen Flights für gewinnbringende Debriefings. Platz zwei auf dem Wannsee und zum Auftakt auch in der Erstliga-Tabelle holten die JSC-Segler, die den Wannsee bestens kennen und mit der eher ungewöhnlichen Nordwindsituation gut umgehen konnten. „Die Schwierigkeit auf dem Wannsee ist immer, alle Dreher rechtzeitig zu erkennen. Konstante Bedingungen hatten wir dieses Wochenende nie“, berichtete Oliver Szymanski nach dem ersten Liga-Wochenende der neuen Saison aus Sicht des JSC-Teams.
Platz drei erkämpfte das Team der Titelverteidiger und siebenmaligen Rekordsieger vom Norddeutschen Regatta Verein (NRV) von der Hamburger Alster. Nach verpatztem ersten Tag beeindruckte die Crew um Julia Kühn mit einer furiosen Aufholjagd, die mit dem Sprung aufs Podium belohnt wurde. „Wir haben am Freitagabend alle Rennen konstruktiv durchgesprochen und konnten an den folgenden Tagen viele Fehler vermeiden“, erklärte Julia Kühn den mächtigen Satz nach vorn. Sie ist nach intensiver Leistungssportkarriere im Ilca 6 zum Studium vom Bodensee nach Hamburg gekommen und verstärkt nun das Team des Rekordmeisters.
„Dass man nach einem schlechten ersten Tag noch so viele Plätze aufholen kann, ist das Besondere am Segeln. Man muss jedes Rennen für sich sehen”, sagte die leistungsorientierte Steuerfrau. Als Vorbereitung auf den Start in die neue Liga-Saison hatte der NRV-Kader zusammen mit den Bundesliga-Seglerinnen und -Seglern vom Bayerischen Yacht-Club (BYC) auf dem Gardasee mit Coach Jochen Schümann trainiert.
Mit der roten Schlusslicht-Laterne im Heck dagegen beendeten die Gastgeber vom Verein Seglerhaus am Wannsee den Auftakt auf heimischem Revier enttäuscht. Das sportliche Ergebnis spiegelte allerdings nicht die große Gastfreundschaft wider, die rund 150 Ligasegler im schönen VSaW-Clubhaus erlebten. Die Partys am Abend standen dem spannenden Sport über den Tag nicht nach.
Auch den Auftakt der 2. Bundesliga gewannen in Berlin Hamburger, profitierten dabei von ihrer langjährigen Liga-Erfahrung. Erster Tabellenführer der neuen Saison sind die Wannsee-Sieger vom Blankeneser Segel-Club (BSC) mit Steuermann Lukas Feuerherdt, Aike Brate, Morten Raecke und Siri Segger. Es folgten die hanseatischen Lokalrivalen vom Hamburger Segel-Club (HSC) mit Johannes Bahnsen an der Pinne. Auf Platz drei segelte der Berliner Verein Klub am Rupenhorn (KAR) mit Steuermann Paul Ost.
„Das Wochenende hätte für uns nicht besser laufen können. Die Vorbereitung auf der Alster hat sich voll ausgezahlt. Wir sind mit den drehenden Bedingungen hier auf dem Wannsee super zurechtgekommen“, sagte Lukas Feuerherdt. „Ein guter Bootsspeed hat dabei die taktischen Entscheidungen erleichtert. Wir danken dem gastgebenden VSaW und den Liga-Organisatoren für diesen tolle Event.“
Dem begeisterten Dank schlossen sich auch die Liga-Neulinge vom Bat Sailing Team vom Verein Wir sind Wir – Inclusion in Sailing an. Marvin Hamm, Mieke Klein, David Koch und Jan Mense waren beim DSL-Pokal im Herbst 2023 nur knapp am direkten Einstieg in die 2. Bundesliga vorbeigesegelt, konnten aber als Nachrücker für ein ausgestiegenes Team später doch noch in die 2. Bundesliga einziehen. Das Quartett, das in seiner Konstellation seit Herbst vergangenen Jahres für die Liga trainiert, feierte auf dem Wannsee seine Liga-Premiere.
“Der absolute Höhepunkt war sicher das gewonnene neunte Rennen”, freute sich Mieke Klein am Sonntagabend auf der Heimfahrt von Berlin nach Hamburg. Weiter sagte die Taktikerin vom Bat Sailing Team zu ihren ersten Eindrücken: “Der Liga-Sport ist sehr intensiv und macht viel Spaß. Wir haben keine Nachteile dadurch, dass wir inklusiv segeln.”
Das zweite Liga-Wochenende der noch jungen Saison steigt vom 12. bis 14. Juli bei der Warnemünder Woche. „Wir freuen uns sehr, mit der Liga wieder Teil der Warnemünder Woche zu sein“, sagt Bundesliga-Initiator Oliver Schwall. „Vorher findet auf der Ostsee ein Event der Sailing Champions League statt, sodass wir die Leistungsspitze der internationalen Segelligen zu Gast haben.“ Zum Bundesliga-Auftakt in Berlin sagte Schwall: “Es wurde intensiv gesegelt und wild gefeiert – es war ein super Event mit tollen Gastgebern.”