Tatjana Pokorny
· 26.09.2015
Furioses Ende nach flauem Auftakt: Erst- und Zweitligisten lieferten sich am Wochenende spannende Auf- und Abstiegskämpfe auf dem Bodensee
Die Gastgeber haben sich den Sieg im Heimatrevier nicht nehmen lassen: Bei der sechsten von insgesamt sieben Bundesliga-Regatten auf dem Bodensee konnte sich die Crew des gastgebenden Segel- und Motorboot Club Überlingen (30 Punkte) mit 0,55 Punkten vor dem Münchner Yacht-Club (30,55 Punkte) und mit einem Punkt vor dem lange in Führung liegenden Verein Seglerhaus am Wannsee (31 Punkte) durchsetzen.
Dabei profitierte die Überlinger Crew mit Skipper Steffen Heßberger, Alexander Gaiser, Christian Zittlau und Hendrik Schaal auch von einer zuletzt umstrittenen Liga-Regel, die voraussichtlich für die vierte Liga-Saison 2016 geändert wird. Statt 15 konnten nach den Flautenausfällen zum Auftakt nur elf volle Durchgänge mit jeweils drei Wettfahrten absolviert werden. Danach folgte am Sonntagnachmittag nur noch eine von drei Wettfahrten in Flight zwölf. Was dazu führte, dass sechs Vereine für diesen zwölften Durchgang ein echtes Ergebnis einfuhren, zwölf Clubs aber den Durchschnittswert der bis dahin gesegelten Rennen für Flight zwölf als Wiedergutmachung zugesprochen bekamen.
Unter ihnen war beispielsweise der in der Endabrechnung dieser Erstliga-Regatta zweitplatzierte Münchner Yacht-Club, den ein echtes Ergebnis durchaus noch zum Regattagewinn, genauso aber auch nach hinten hätte fallen lassen können. Viele Segler haben sich inzwischen dafür ausgesprochen, dass ein Flight ganz aus der Wertung genommen werden sollte, wenn zwei Drittel aller Vereine ihn gar nicht bestreiten konnten, weil das Zeitlimit am Finaltag einen Abbruch auch in schönsten Segelbedingungen erzwingt. Auch eine grundsätzliche Verschiebung des Zeitlimits um ein oder zwei Stunden nach hinten wäre denkbar.
Die Leistung der Überlinger war dennoch herausragend. Mit fünf Tagessiegen setzten sie sich in den hochkarätigen Rennen durch und rückten damit vor dem Erstliga-Finale Ende Oktober in Hamburg mit insgesamt 43 Punkten auf Platz vier vor. Tabellenführer der 1. Bundesliga bleibt nach sechs von sieben Bundesliga-Begegnungen der Deutsche Touring Yacht-Club trotz Platz acht auf dem Bodensee. Damit verpassten die Tutzinger zwar den vorzeitigen Gewinn der Deutschen Vereinsmeisterschaft, wahrten aber mit elf Zählern Vorsprung vor dem in Überlingen auf Platz vier und in der Tabelle auf Platz zwei liegenden Berliner Yacht-Club mit Skipper Max Nickel ein beruhigendes, wenn auch kein völlig uneinholbares Punktepolster.
Während sich die Erstligisten für ihr Finale Ende Oktober auf der Hamburger Außenlaster noch einmal positionieren, ging es am Wochenende beim Liga-Spektakel auf dem Bodensee für viele Zweitligisten schon um alles oder nichts. Für sie markierte das Gastspiel in Überlingen bereits die letzet Regatta der Saison vor den Relegations- und Qualifikations-Regatten im Herbst. Hier gibt es den Live-Kommentar vom Finaltag noch einmal zum Mitfiebern.
Die zweimaligen Vereinsmeister vom Norddeutschen Regatta Verein mit Skipper Florian Haufe segelten auf dem Bodensee auf Platz sechs und rückten in der Tabelle auf Platz drei vor. Anders herum erging es dem Verein Seglerhaus am Wannsee, der vor Überlingen auf Platz drei segelte und in der Tabelle an Position sechs liegt. Der VSaW mit Skipper Malte Kamrath hatte die sechste Bundeliga-Regatta an diesem Wochenende lange angeführt, gab den möglichen Sieg aber in der zwölften und letzten Wettfahrt mit Rang fünf noch aus der Hand. In der gefährlichen Erstliga-Abstiegszone liegen nach dem satten süddeutschen Segelsport-Wochenende mit insgesamt 36 Mannschaften und 144 Seglerinnen und Seglern der Bodensee-Yacht-Club Überlingen (81 Punkte), der Konstanzer Yacht Club (92 Punkte) und als nicht mehr zu rettendes Schlusslicht der Segelklub Bayer Uerdingen (97 Punkte).
Während sich die Erstligisten vor Überllngen für ihr Saisonfinale in Hamburg positionierten, ging es für einige Zweitligisten bei ihrer bereits letzten Regatta der Saison schon um alles oder nichts. Den Direktaufstieg sicherten sich die Zweitliga-Meister vom Lindauer Segler-Club mit Skipper Veit Hammeter, für die Platz zwei in Überlingen zum Triumph reichte. Anders herum, aber ähnlich erfolgreich gelang auch dem Bayerischen Yacht-Club mit Steuermann Philipp Hibler durch den Sieg auf dem Bodensee als Tabellenzweiter der direkte Wiederaufstieg in die 1. Bundesliga, aus der die Bayern erst vor einem Jahr abgestiegen waren. Hibler sagte: "Es war ein tricky Event! Es war alles dabei. Das Team ist erfahren, und so konnten wir uns gut anpassen. Wahrscheinlich war das der Erfolg. Wir freuen uns riesig auf die 1. Liga!" Den dritten Zweitliga-Platz und damit ebenfalls den Direktaufstieg in die 1. Bundesliga sicherte sich Simon Grotelüschens Crew mit seinem Team vom Lübecker Yacht-Club mit Platz drei vor Überlingen und Platz drei in der Tabelle. Zittern dagegen müssen der Hamburger Segel-Club, der Klub am Rupenhorn aus Berlin und der Blankeneser Segel-Club von der Elbe, die diese Zweitliga-Saison auf den Platzen vier bis sechs abschlossen haben und nun am 1. November in Hamburg mit jenen Vereinen um den Aufstieg in die 1. Bundesliga ringen müssen, die nach dem Hamburger Finale im Oberhaus auf den Plätzen 13 bis 15 liegen werden.
Um ihr Zweitliga-Dasein kämpfen müssen die letzten sechs Vereine der Abschlusstabelle: Der Segel-Club Münster, der Yacht-Club Langenargen, der Segel-Club Ville, die Seglervereinigung 1903 Berlin, der Duisburger Segel-Club und der Yachtclub Strelasund als Schlusslicht müssen in der Relegation – gleichzeitig Qualifikation für die Liga-Neueinsteiger – mit voraussichtlich 54 (!) konkurrierenden Vereinen im Oktober vor Glücksburg um die sechs Plätze in der 2. Bundesliga ringen.
Bundesliga-Mitgründer Oliver Schwall zog nach dem doppelt spannenden Liga-Wochenende in Überlingen begeistert Bilanz: "Wenn noch irgendwo ein Funke für diese Bundesliga nicht gezündet hat, dann muss man spätestens jetzt von leuchtendem Feuer sprechen. Was war das für ein tolles Wochenende! Die Fans waren unglaublich und überall, haben mit Standing Ovations, Gesängen und großen Plakaten an Land und auf dem Wasser für eine Riesenstimmung gesorgt. Die Überlinger Gastgeber waren überaus herzlich, extrem gut vorbereitet und professionell in der Durchführung. Man hat überall soviel Hingabe und Leidenschaft gespürt. Das war ansteckend."