Tatjana Pokorny
· 25.05.2025
Eine J/70 ist kein 49erFX. Das war der Olympia-Sechsten Hanna Wille natürlich vor ihrem ersten Bundesliga-Einsatz mit dem Team ihres Heimatvereins klar. Die Unterschiede beim Segeln mit der Crew vom Mühlenberger Segel-Club im Vergleich zum olympischen Skiff-Sport mit Steuerfrau Marla Bergmann wurden dann auch schnell offensichtlich. “Eine J/70 fährt deutlich weniger schnell los”, sagte Hanna Wille zum gravierendsten Unterschied und lachte.
Die neue Liga-Erfahrung der MSC-Olympionikin: “Alles geht etwas langsamer als im 49erFX, aber dafür hat es Vorteile, zu viert an Bord zu sein. Man kann auf die anderen vertrauen. Das gilt für das eingespielte und erfahrene MSC-Team natürlich ganz besonders.” Die DSBL-Titelverteidiger vom Mühlenberger Segel-Club an der Hamburger Elbe, Deutsche Vereinsmeister von 2024, waren erneut gut in Form.
Beim zweiten langen Liga-Wochenende der 13. Bundesliga-Saison musste sich das MSC-Team nur der Konkurrenz aus der eigenen Stadt beugen und den Norddeutschen Regatta Verein ziehen lassen. Für den MSC segelten Steuermann Til Krüger, Laura Bo Voss, Max Wentzel und Hanna Wille auf der Kieler Innenförde auf Platz zwei. “Das hat so richtig viel Spaß gemacht!”, zog Hanna Wille Bilanz.
Der Eindruck der Skiff-Vorschoterin, die gerade mit ihrer Steuerfrau Marla Bergmann nach Platz sechs bei der Olympia-Regatta in Marseille die zweite gemeinsame Olympia-Kampagner im 49erFX eingeläutet hat: “Es wird immer diskutiert, ob die Liga eine Konkurrenz zum olympischen Segelsport ist, aber die Leute, die Liga segeln, haben sich ja aktiv gegen den olympischen Segelsport entschieden. Ich habe so viele getroffen, die ich noch aus Opti- und 420er-Zeiten kenne. Das war wirklich schön.”
Zu ihrer Segelerfahrung beim ersten Liga-Einsatz sagte Hanna Wille: “Til machten einen richtig guten Job am Steuer. Im Team herrschte eine schöne Harmonie. Für mich war es ein Glück und sehr cool, in so einem erfahrenen Team dabei sein zu können.” Sie war wie viele klitschnass, als sie das sagte, denn am Sonntag kannte der Regen in Kiel kaum mehr Erbarmen.
Das MSC-Team liegt nach den ersten beiden Regatta-Wochenenden der 1. Bundesliga und den Plätzen drei und zwei auf Tabellenplatz zwei. Vor den Mühlenbergern thronen nach dem ersten Saisondrittel “nur” die siebenmaligen Vereinsmeister vom Norddeutschen Regatta Verein, die in Kiel gewannen und mit insgesamt nur drei Punkten auf dem Liga-Konto neue Erstliga-Spitzenreiter sind.
Das Team des NRV, das in fast der gleichen Konstellation im Herbst 2024 die Internationale Deutsche J/70 Meisterschaft auf dem Starnberger See gewonnen hatte, kam mit den wechselnden Bedingungen an diesem Wochenende am besten zurecht und übernahm die Tabellführung nahezu unangefochten. An den ersten beiden Tagen hatte in Kiel weniger Regen geherrscht als vorhergesagt, dafür aber forderten kräftige Winde und starke Böen die Liga-Segler.
„Jetzt zahlt sich aus, dass wir bereits in der Junioren-Liga gesegelt sind und zusammen viel Trainingszeit auf dem Boot hatten“, erklärte NRV-Steuermann Mats Schönebeck in Kiel für seine Mitstreiter Moritz Gießelmann, Henrik Peters, Ferdinand Pfund und sich selbst. „Wir kommen alle aus verschiedenen Jollenklassen und können nun unser Knowhow als Team einsetzen. Das bringt sehr viel Spaß und über den Erfolg freuen wir uns auch sehr.“
Den dritten Podiumsplatz eroberte in Kiel der Münchner Yacht-Club, der sich damit auch in der Tabelle auf Platz drei vorschieben konnte. Es folgt in der Tabelle der Berliner Yacht-Club, der den Saisonauftakt gewonnen hatte, mit Rang zwölf beim zweiten Event in Kiel nun aber Federn lassen musste. Zu den Ergebnissen vom aktuellen zweiten Ligawochenende geht es hier. Zur Erstliga-Tabelle nach zwei Events hier.
Zu den Gewinnern zählten an diesem Kieler Segelcamp-Wochenende auch der Bodensee-Yacht-Club Überlingen (BYCÜ) und der Blankeneser Segel-Club (BSC) mit Hanna Willes Bruder Jonathan, die mit den Plätzen vier und fünf in Kiel in der Bundesliga-Tabelle satte Sprünge nach oben machten. Weniger gut in Fahrt kamen in der schleswig-holsteinischen Sailing City der VSaW, die Lokalmatadoren vom Kieler Yacht-Club und die Seglervereinigung 1903 aus Berlin, die in dieser Reihenfolge die Ränge 16, 17 und 18 belegten.
Die Liga-Saison wird über Pfingsten vom 7. bis zum 9. Juni mit Erst- und auch Zweitligisten zum dritten Mal in Folge in Kiel fortgesetzt. Hanna Wille kann nicht dabei sein, denn sie ist mit Marla Bergmann und weiteren starken deutschen 49er- und 49erFX-Crews bei der Europameisterschaft im Revier von Thessaloniki gefordert. Zwar liegt ihr Jahreshöhepunkt mit der Weltmeisterschaft im Oktober im italienischen Cagliari noch weit entfernt, doch könnte das möglicherweise eher leichtwindige griechische EM-Revier den GER-Crews durchaus Chancen bieten.