Sechs Punkte nur trennen die drei führenden Vereine der 1. Bundesliga im Kampf um die deutsche Vereinsmeisterschaft vor der Entscheidung auf dem Starnberger See an diesem langen Wochenende. Nach fünf von sechs Regatten hatten die siebenmaligen Rekordsieger vom Norddeutschen Regatta Verein kurz vor der Entscheidung erstmals die Führung in dieser zwölften Bundesliga-Saison übernommen. Die Tabellführer nehmen mit 18 Zählern auf dem Liga-Konto Kurs auf Titel Nummer acht.
Doch nur drei Zähler hinter den Alsterseglern haben sich auch Lokalrivalen vom Mühlenberger Segel-Club (21 Punkte) in eine starke Ausgangsposition gebracht. Das Hamburger Duell erhält zusätzliche Würze dadurch, dass auch die Seglervereinigung 1903 Berlin keinesfalls chancenlos in die Starnberger Arena einzieht. Mit 24 Punkten vor dem Showdown könnten die Berliner durchaus noch in den Titelkampf eingreifen, wenn es bei den Hamburgern nicht ganz rund läuft.
Das Berliner Quartett kommt mit viel Erfahrung und Biss: Erik Witzmann, Wolfram Kramer, Daniel Mauter und Andreas Wiener sind am Start. Drei von ihnen konnten jüngst beim Finale der Sailing Champions League in Vilamoura zum Auftakt stark glänzen. Ihre Liga-Serie mit den Platzierungen 5, 1, 6, 8, 4 zeigt, dass die Hauptstädter das Zeug für Top-Ränge haben. Mit Platz vier im selben Revier, in dem jetzt das Liga-Finale steigt, hat die SV03-Crew gerade erst am Podium gekratzt.
Sehr titelhungrig kommen auch die Bundesligasegler vom Mühlenberger Segel-Club, die vier Regatten lang Tabellenführer waren, bevor der NRV sie beim vorletzten Event der Saison ablöste und auf Platz zwei verwies. Mit nur drei Punkten Rückstand wollen Magnus Simon, Lynn Hafemann, Finn Olsen und Matteo Wolgast im Angriffsmodus auf dem Starnberger See aufkreuzen.
Die Elbsegler sind bereit fürs Finale. Steuermann Magnus Simon, der die Meisterschale 2021 schon einmal mit seiner damaligen Crew vom Verein OneKiel in den Himmel heben durfte, sagte: „Wir setzen auf routinierte und erfahrene Seglerinnen und Segler, damit wir bei den Manövern Sicherheit haben und uns beim Event auf Taktik und Strategie konzentrieren können.”
Zum Finalplan im Kampf um den Ersten Vereinsmeisterschaftstitel für den Mühlenberger Segel-Club sagte Magnus Simon: “Wir werden versuchen, den NRV bereits im ersten Zusammentreffen unter Druck zu setzen, um im direkten Vergleich Punkte gut zu machen. Für uns steht wenig auf dem Spiel, der MSC steht hinter uns und ist glücklich, dass die Saison bisher so gut gelaufen ist.“
So betrachtet es auch der Norddeutsche Regatta Verein, der sechs Liga-Events in diesem Jahr am Ende mit füf verschiedenen Steuerleuten bestritten haben wird. „Im letzten Jahr, als Tobias Schadewaldt nach dem Meistertitel für den NRV seinen Rückzug aus der Bundesliga bekannt gab, haben viele gesagt, nun wäre an der Tabellenspitze endlich Luft für andere Teams“, sagt Klaus Lahme.
Weiter erklärte der NRV-Sportdirektor: „Wir stecken mitten im Generationenwechsel und haben dieses Jahr bei sechs Spieltagen fünf verschiedene Steuerleute eingesetzt. Wir waren die ganze Saison über mutig und haben auf das Potenzial unserer Nachwuchsseglerinnen und Segler vertraut.“ Doch auch das hat den Heimathafen des NRV Olympic Teams kurz vor Schluss der Bundesliga-Saison wieder an die Tabellspitze geführt. Ob die Top-Position im Finale zu halten ist?
An der Pinne will Luise Wanser darum kämpfen. Gerade erst war die 470er-Weltmeisterin mit den Frauen vom AC Team Germany beim Women’s America’s Cup im Einsatz. Dort zahlten die deutschen Seglerinnen um ihre erst 24-jährige Skipperin Maru Scheel zwar viel Lehrgeld, doch waren sie Teil einer historischen Premiere und zählen zu den wenigen, die nun über wertvolle Segelerfahrungen auf den fliegenden AC40-Mini-Cuppern verfügen.
Luise Wanser sagte vor dem Liga-Finaleinsatz mit Augenzwinkern: “Sechs Boote sind es beim Women’s America’s Cup gewesen, sechs sind es auch in der Liga. Aber jetzt geht es im Vergleich zu den AC40ern im Schneckentempo los. Wie beim Spiel Schneckenrennen von früher. Aber das ist auch spannend! Anders, aber interessant. Tom Heinrich ist auch in meinem Team. Am ersten Trainingstag war Wind. Wir haben uns dabei erwischt, wie wir nur Halbwind über den See geheizt sind, weil wir schnell fahren wollten.”
Das NRV-Team verstärkt auch Tom Heinrich, der mit der Jugend-Mannschaft vom AC Team Germany ebenfalls in Barcelona AC40-Foiling-Wettkämpfe bestritten hat. Mit den beiden America’s-Cup-Kräften sitzen 470er-Seglerin Juliana Adelssen und Ilca-Steuermann Henrik Peters in einem Boot. Henrik Peters gehört zum erfolgreichen Team der jungen J/70 Segler im Norddeutschen Regatta Verein, die ebenfalls auf dem Starnberger See den deutschen Meistertitel in der J/70 gewonnen haben.
Neben dem Kampf um den Meistertitel beschäftigt Teile der Erstliga-Flotta auch der Kampf gegen den Abstieg, während die Zweitligisten ihre eigenen Ziele verfolgen. Gleichzeitig bereiten die für die kommenden Tage vorhergesagten flauen Winde den Veranstaltern und den Ausrichtern vom Bayerischen Yacht-Club Kopfzerbrechen. „Es ist sehr wenig Wind vorhergesagt, wir hoffen sehr, dass wir mindestens sechs Flights segeln können. Es wäre schade, wenn wir einen Meister küren müssen, ohne dass noch einmal gesegelt wird“, sagt Anke Nowak.
Weiter erklärte die Geschäftsführerin der Segel-Bundesliga: „Wenn der Föhn einsetzt, werden bei den letzten Rennen der Saison vor allem die Leichtwindexperten profitieren.“ Die Rennen der Segel-Bundesliga werden am Freitag und Samstag ab 12 Uhr bei wedoTV live übertragen. Die Moderation übernehmen die Bundesliga-Segler Till Krüger vom Mühlenberger Segel-Club und Albert Gerstmaier vom Konstanzer Yacht-Club.
Gerade sind sie noch auf dem AC40 vor Barcelona gefoilt – jetzt sind Luise Wanser und Tom Heinrich mit dem NRV-Team beim Bundesliga-Finale auf der J/70-Yachten im Einsatz: