Das Germany SailGP Team by Deutsche Bank hat den SailGP Fan-Preis 2025 für die größte Leistungssteigerung in dieser Saison erhalten. Die Auszeichnung würdigt den Rennstall mit der besten Entwicklung in einem Jahr.
SailGP-COO Julien di Biase, verantwortlich für die internationale Event- und Standortplanung, überbrachte die Kunde persönlich in den historischen Zeisehallen, die ab 1882 von Theodor Zeise als Schiffsschraubenfabrik gegründet und gebaut worden waren. Der Award würdigt das Team, das in diesem Jahr den größten Sprung nach vorne gemacht und in der gesamten Saison “Wachstum, Widerstandsfähigkeit und Konstanz” gezeigt hat.
Beim letzten Stichwort musste Erik Kosegarten Heil lachen und räumte ein: “Konstanz passt ja noch nicht so richtig…” Die kleine Einschränkung des Steuermanns bezog sich auf die zwei sehr unterschiedlichen Saison-Halbzeiten des deutschen Rennstalls, der zu Beginn des Jahres in Folge von zwei Trainingskollisionen in Sydney das historisch größte Strafpunktgewitter eines Liga-Teams erdulden musste. Erst mit dem Auftaktrennsieg bei der Heimpremiere vor Sassnitz kam Schwarz-Rot-Gold in der zweiten Jahreshälfte zunehmend besser in Fahrt und konnte schließlich auf dem Genfersee sogar erstmals ein Event gewinnen.
Das positive Votum der internationalen Fangemeinde fühle sich “supergut” an, kommentierte Erik Kosegarten-Heil den Publikumspreis. “Wir fühlen es auch. Wir fühlen das Mehr an ‘kompletten’ Rennen. Vorher haben wir oft nur diese ‘unsichtbaren’ Gewinne gemacht. Dass wir also besser geworden sind in bestimmten Teilaspekten, ein Rennen aber nie komplett hinbekommen haben. Schon ab Sassnitz haben wir es geschafft, mehr und mehr Races komplett abzuliefern. Deswegen freuen wir uns natürlich sehr, dass die Fans das genauso sehen.”
Mit den Rängen 5, 4, 1 und 3 hatte Team Germany die letzten vier Events vor dem Finale Ende November krass anders aussehen lassen als noch bei den Rängen 9, 8, 11 und 7 in den ersten vier Events der nun zu Ende gehenden fünften SailGP-Saison. Was also geht beim letzten Event in Abu Dhabi noch? “Erstmal geht es ganz normal weiter. Wir haben ein normales Rennwochenende vor uns, wollen ganz normal besser werden. Vor allem wollen wir alle Zeit nutzen, die wir auf dem Boot bekommen können”, sagte Erik Kosegarten-Heil in Hamburg.
Technisch ist mit einem Novum zu rechnen: Erstmals könnten die 27.5-Meter-Flügel eingesetzt werden. “Das ist eine andere Mastgröße, die vorher noch nicht gesegelt wurde. Zwei Teams haben sie getestet. Wir können uns die Daten der Tests ansehen. Das Boot muss deutlich flacher gesegelt werden, um durch die Manöver zu kommen”, erklärt der deutsche Fahrer.
Weiter sagte Erik Kosegarten-Heil: “Natürlich fallen die Veränderungen bei diesem megalangen Mast mehr ins Gewicht. Das heißt, wenn du nur mit ein bisschen Krängung ins Manöver gehst, kommst du mit ganz viel Krängung aus dem Manöver raus. Ich denke, wir werden deutlich früher foilen, als das zuvor der Fall war. Dabei helfen uns auch die großen Foils extrem. Wir haben es an dem Wochenende in Genf gesehen: Da wären wir mit den alten Foils nicht einmal gefoilt. Die neuen helfen uns da schon sehr. Und dann die Wings. Ich glaube, wir können trotz relativ wenig Wind in Abu Dhabi relativ viel Foiling erwarten.”
Coach Lennart Briesenick sagte beim SailGP-Abend in Hamburg auch, das Team habe sich nicht nur auf das zwölfte und letzte Event beim Mubadala Abu Dhabi Sail Grand Prix am 29. und 30. November vorbereitet. “Wir haben uns auch für die nächste Saison aufgestellt. Generell ist es so, dass sich die ganze Liga ständig weiterprofessionalisiert. Da haben wir auf die wichtigsten Learnings und darauf geschaut, was wir für die nächste Saison ändern müssen, um uns gut aufzustellen.”
Interessant sei aus Briesenicks Sicht ein weiterer Grund, warum von den 29-Meter-Wings auf die 27.5-Wings gewechselt wird: “Der 29-Meter-Mast wiegt einfach mehr und insofern foilt das ganze Ding auch später. Nur immer größer ist eben nicht immer besser, weil dann das Gewicht ins Spiel kommt. Insofern werden die 27.5-Wings deutlich eher foilen als die 29-Meter-Wings.”
Für die in der Saisonmeisterschaft nach elf von zwölf Events führenden Teams geht es beim Finale in Abu Dhabi am übernächsten Wochenende also voraussichtlich mit den 27.5-Wings um den ganz großen Preis: Zwei Millionen US-Dollar erhalten alleine die Saisonsieger. Vier Teams haben rechnerisch die Chance, nach dem mit Abstand größten Preisgeld im Segelsport zu greifen.
Mit den Tabellenführern vom Team Emirates GBR (85 Punkte), den neuseeländischen Black Foils (82 Punkte), den australischen Bonds Flying Roos (80 Punkte) und – mit Chance auf einen Last-Minute-Konter – auch den spanischen Titelverteidigern Los Gallos (76 Punkte) ringen in sechs Fleetraces vier Teams miteinander um den Einzug ins große Saisonfinale, das nur drei Plätze bietet. Die Fleetraces beginnen am 29. und 30. November aufgrund der Zeitverschiebung jeweils schon um 11 Uhr am Vormittag deutscher Zeit. Das ZDF überträgt live, Kristin Recke kommentiert. Die Live-Links finden sich an den Renntagen hier.
Bei der Pressekonferenz in Hamburg sagte Erik Kosegarten-Heil auf die Frage, wer unter den vier Kandidaten die Saisonmeisterschaft wohl gewinnen werde: “Ich bin nicht sicher: Kiwis oder Briten? Die Briten waren die gesamte Saison über so stark, dass sie den Sieg verdienen würden. Aber ich denke, in einer besonderen Situation wie in so einem Finale könnte sich auch eine sehr hohe Chance für die Kiwis ergeben.” Coach Lennart Briesenick setzt ebenso auf die Briten wie Team-CEO Tim Krieglstein.
Gemeinsam zogen die Teammitglieder am Abend zwischen Elbe und Alster im Herzen von Hamburg-Ottensen ihre Saisonbilanz. Auch Julien di Biase erläuterte im Kinosaal der Zeisehallen den Blick der Liga auf den Rennstall und den deutschen Markt, wo das Sassnitz-Debüt im Sommer dieses Jahres mit vollem Haus, 13.000 verkauften Tickets und einen wirtschaftlichen Effekt von 13,1 Millionen Euro für die Region erreichte. Das für den 22. und 23. August 2026 erneut in Sassnitz geplante Folge-Event soll noch wachsen. Als Titelsponsor ist bereits Rockwool an Bord gekommen. Der Ticketverkauf hat in erster Runde gerade hier begonnen.
Julien di Biase sagte am Donnerstagabend in der Hansestadt: “Deutschland ist für uns ein zentraler Markt mit einer leidenschaftlichen Fanbasis und großem Potenzial für die kommenden Jahre. Der starke Zuspruch bestätigt unseren Kurs und bestärkt uns darin, SailGP hier weiter auszubauen. Rockwool spielt dabei eine entscheidende Rolle: Sie sind weit mehr als ein Sponsor – ein strategischer Partner mit einem engagierten, breit aufgestellten Team, das unsere Vision teilt, die Events stärkt und die gastgebenden Städte sichtbar macht.”
Der erste Fünf-Jahres-Business-Plan der Liga ende, so Julien di Biase, mit dem Saisonfinale in Abu Dhabi. “Unsere Ambition war es in den ersten fünf Jahren, den SailGP zu etablieren. Und ich kann euch sagen: Als wir begonnen haben, war es keinesfalls klar, dass wir hier heute sitzen würden. Wirklich viele Leute dachten: ‘Okay, das ist jetzt vielleicht ein Feuerwerk für ein oder zwei jahre, aber dann hört es wieder auf.’ Wir sind sehr stolz, dass wir erreicht haben, den SailGP zu etablieren.”
Mit dem ersten SailGP-Event in Perth am 17. und 18. Januar werde die Liga, so di Biase, in ihren neuen Fünf-Jahres-Business-Plan durchstarten. “Wir richten wir unseren Blick nach vorn. Unsere Ambitionen sind klar: Wir wollen SailGP in Bezug auf Sponsoring-Einnahmen und Zuschauerreichweite in die Top 25 der Sportarten der Welt bringen. Das klingt vielleicht etwas anders als Top-Drei oder Top Ten, ist aber tatsächlich für uns ein hohes Ziel. Um das zu erreichen, ist es unser Ehrgeiz, bis zum Erreichen des Horizonts in 2030 den 20 Teams nahezukommen und vielleicht 20 Events haben.”
Damit treten die SailGP-Macher wie gewohnt selbstbewusst und entschlossen gegen die “großen Sportarten” an, wie es Julien di Biase beschreibt. “Es ist interessant”, so der Manager, “wenn du vor ein paar Jahren durch die Straßen gegangen bist, auch in den großen Städten und in Ländern, wo Rennen stattgefunden oder Teams zuhause sind, dann hatten die Leute fast keine Ahnung vom SailGP. Jetzt hörst du plötzlich Leute darüber reden, die noch nicht einmal unbedingt Segel-Fans sind.” Für die Liga ist klar: Der erste Schritte der Schaffung von Aufmerksamkeit ist getan. Der zweite soll folgen.
Schon im Sommer erschienen, aber auch beim Hamburger SailGP-Abend wieder von allen genossen – die deutsche Episode aus der SailGP-Serie “Racing on the edge – Segeln am Limit”: