SailGPTeam Germany bezahlt teuer für Startschwächen, Kiwis crashen Briten-Party

Tatjana Pokorny

 · 20.07.2025

Ein Feuerwerk der Pyrotechniker für die Portsmouth-Sieger aus Neuseeland.
Foto: Simon Bruty for SailGP
So einige Teams hatten sich das britische SailGP-Wochenende ganz anders vorgestellt: “Les Bleus” hätten lieber auf ihren Flügelbruch-Schock verzichtet. Schwarz-Rot-Gold wäre gerne besser gestartet. Die Briten hätten lieber den Heimsieg gefeiert als sich von den Kiwis abfangen zu lassen. Glückliche Bilanzen zogen Peter Burlings “Black Foils” und auch die Schweizer Finalisten um Sébastien Schneiter.

So schnell, wie die F50-Foiler über den kurzen Kurs vor Portsmouth jagten, so schnell wendete sich im im britischen SailGP-Revier an diesem Wochenende auch das Blatt für so manch ein Team. Nur die Startschwäche des Germany SailGP Teams, die blieb hartnäckig.

Die Startschwäche hat uns das Wochenende gekostet. Im Rennen fühlen wir uns sehr wohl. Positive Bilanz also fürs Feld, für die Starts eher weniger.” Erik Kosegarten-Heil

Nicht nur die Nerven der Segler im Germany SailGP Team, sondern auch die ihrer Fangemeinde wurden beim britischen SailGP arg strapaziert. Ob Spätstart, Frühstart, abgeklemmt im Start oder zu schnell an der Linie und zum Tempodrosseln im Start genötigt – die Starts waren die schmerzhafte Achillesferse des deutschen Rennstalls an diesem Rennwochenende in Portsmouth.

Die schwere Aufholjagd im SailGP

Einmal so ins Hintertreffen geraten, war in den kurzen Rennen dann auch nur noch selten viel zu bewegen. Ein vierter Rang am ersten Renntag und einige gute Szenen am zweiten Renntag konnten das Dauerproblem des deutschen Rennstalls beim Portsmouth-Gipfel nicht wirklich lindern. Am Ende standen Platz elf beim britischen SailGP und der gleiche Platz im Saisonklassement nach sieben von zwölf Events in Saison fünf. Hier geht es zu den Portsmouth-Ergebnissen und hier zu den Zwischenständen der SailGP-Saisonwertung.

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Dass es für Team Germany erst die zweite Saison ist, lässt die Crew um Erik Kosegarten-Heil weiter hinter dem Erfahrungsvorsprung der Liga-Löwen hinterherjagen. Dabei bleiben die anderen auch nicht stehen. Das deutsche Team arbeitet maximal hart für die Trendwende, die sich aber in Portsmouth noch nicht einstellen wollte.

Im Gegenteil: An Renntag zwei hagelte es auch noch Penalties nach Wegerechtsverletzungen. Und als hätte das alles noch nicht gereicht, fädelte der deutsche F50-Rennkatamaran im siebten und letzten Rennen vor dem Triple-Finale auch noch mit einem Foil in die Kette einer Tonne ein. Erik Kosegarten-Heil beschrieb das abrupte Renn-Aus im Interview bei der ZDF-Live-Übertragung so: “Wir glauben, dass die Ankerleine von der Tonne ein bisschen zu lose war, wir sie mit dem Foil eingesammelt haben und dann hängengeblieben sind.”

Germany SailGP Team: unglückliches Einfädeln

Die Kette hatte die Crew nicht erwartet. Erik Heil erklärte: “Eigentlich floaten die Marken, werden sozusagen von einem Motor angetrieben. Diese hatte irgendwie eine Leine vorne drauf, die geschwommen ist.” Schlimmer als der brutale Schlusspunkt eines schweren Rennwochenendes wogen im ersten Moment die Gedanken an die möglichen Folgen dieser unfreiwilligen “Kollision”.

Erik Heils Gedanken galten dem möglicherweise beschädigten Foil-Kasten: “Wir sind nicht extrem hart eingeschlagen, also hoffen wir erstmal, dass nichts kaputt ist.” Einen beschädigten Foil-Kasten zu reparieren, so Heil, könne möglicherweise sechs Leute vier Monate lang beschäftigen. Abschließende Informationen zum genauen technischen Zustand des GER-Foilers gab es am Sonntag kurz nach dem Finale noch nicht.

Die Briten erlebten die Entscheidung in der Heimarena mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Sie waren nach den sieben Fleetraces als Spitzenreiter ins Finale eingezogen. Dort trafen sie auf Peter Burlings neuseeländische “Black Foils” und die Überraschungsfinalisten aus der Schweiz. Als hätte jemand ein Drehbuch geschrieben, hat Schneiter erst kürzlich Tennisikone Roger Federer in Zurüch getroffen, der ihm Mut gemacht und Tipps gegeben hat.

Erstes Finale: Federer-Magie oder Cup-Erfahrung?

In Portsmouth schien die Federer-Magie schon zu wirken. Oder war es doch die Teamleistung, zu der in dieser Saison erstmals Arnaud Psarofaghis und Bryan Mettraux als Flügeltrimmer und Flight Controller beitragen? Die beiden Schweizer waren Co-Fahrer für Alinghi Red Bull Racing in der Herausfordererrunde zum America’s Cup in Barcelona. Sie sind mit mehr Kat-Foiler-Erfahrung ins Team der Eidgenossen gekommen, als sie SailGP-Crews ohne eigenes Boot oder eine zugängliche Trainingsflotte je sammeln können.

Auch das Portsmouth-Ergebnis insgesamt spricht diese Sprache: Die ersten fünf Teams operieren mit Akteuren, die in Barcelona aktiv waren. Solange es im SailGP nicht mehr Trainingsmöglichkeiten auf den Rennkatamaranen gibt, solange werden sich Teams ohne diese Erfahrungen schwer tun, zu den Top-Mannschaften aufzuschließen. Das gilt auch fürs Germany SailGP Team.

Im Finale dann boten die Schweizer den beiden Liga-Schwergewichten aus Neuseeland und Großbritannien lange und stark Paroli auf Augenhöhe. Erst technische Probleme stoppten die Eidgenossen in vollem Lauf. Sébastien Schneiter berichtete, dass diese technischen Probleme im Finale mit langsamen Board-Drops begannen, bevor das Team die Vorsegel-Funktionen verloren habe.

Technischer Knock-out: Schweizer plötzlich flügellahm

“Am Ende”, so Schneiter, “konnten wir den Flügel nicht mehr bewegen. Also konnten wir nicht mehr wenden oder halsen. Deswegen mussten wir das Rennen unglücklicherweise aufgeben.” Sein Glück im Unglück hielt Schneiter aber auch fest, denn für sein Team war es das erste Finale. “Wir verdienen das”, so der gelernte 49er-Segler, “wir haben hart gearbeitet und das ganze Wochenende gut gesegelt.”

Bemerkenswert war an diesem britischen Wochenende auch das Comeback der Franzosen nach ihren Flügelbruch noch vor dem ersten Startschuss am Samstag. Verletzt wurde dabei glücklicherweise niemand, doch der Vorfall traf das französische Team mit viermal null Punkten auf dem Konto am für sie ausgefallenen ersten Renntag hart.

Eine genaue Analyse der SailGP-Technologie-Experten stand kurz nach dem Event-Finale noch aus. Es war den SailGP-Technikern aber gegen viele Prognosen gelungen, den Franzosen-Flügel über Nacht zu reparieren, so dass “Les Bleus” die Rennen an Tag zwei doch bestreiten konnten. SailGP-Tech-Team-Manager Jack Taylor sagte: „Das Team ist direkt nach dem Vorfall in den Krisenmodus gegangen. Es war eine Mammutanstrengung.“ Offensichtliche technische oder Lastenfehler habe man zunächst nicht feststellen können.

SailGP: Nach Portsmouth ist vor Sassnitz

Mit den Rängen 1 und 2 an Tag zwei zeigten die Franzosen, warum sie im SailGP als Blitzstarter bekannt sind. Selbiges gilt nicht immer, aber oft auch für die Kiwis, die den Briten ihre erhoffte Siegerparty beim Heimspiel auf den letzten Metern verdarben. Der britische Steuermann Dylan Fletcher sagte: “Was für ein Event! Das heimische Publikum (Red.: laut Veranstalter waren rund 20.000 Fans am Wochenende live vor Ort dabei) war fantastisch und wir hätten es fast geschafft. Wenn wir den Rest der Saison so weitermachen, werden wir beim Finale in Abu Dhabi dort stehen, wo wir hinwollen.“

Das Ziel verfolgen auch andere. Team der Stunde waren in Portsmouth nach Platz zwei in New York die Neuseeländer, die nach der Saisonauftakterfolg in Dubai ihren zweiten Event-Sieg in dieser Saison feierten. Die Liga nimmt nun mit Neugier Kurs auf Rügens Hafenort Sassnitz, wo rund 11.000 Zuschauer auf den Tribünen und im Rennstadion erwartet werden.

Während die Hausaufgabenliste des Germany SailGP Team um intensive Bemühungen um die Verbesserung der Starts gewachsen ist, herrscht im deutschen Rennstall aber auch Vorfreude auf das Heimspiel. Erik Kosegarten-Heil sagte: “Für uns wird es ein emotionales Highlight. Ganz Segel-Deutschland, unsere Freunde und Familien kommen alle hin.” Die To-Do-Liste bis dahin ist auch klar.

Der Trainingsfokus vor dem SailGP-Heimspiel

Erik Kosegarten-Heil sagte: “Wir haben jetzt mal wieder einen großen Bereich aufgetan, den es anzusehen gilt, den wir analysieren müssen. Womit wir dann hoffentlich gestärkt in Sassnitz an den Start gehen. Wir gehen jetzt auf unsere kleinen Boote zurück, fangen an, weiter mit der Software zu trainieren, um das, was wir hier als Schwäche aufgetan haben, ein bisschen besser in Form zu bringen. Speziell mit den neuen angepassten Speedeinstellungen, die jetzt in der Software laufen. Das wird eine Mission. Dann sind wir im Simulator und dann geht es für uns nach Sassntz und da gucken wir und die Bedingungen an.”

Teamcoach Lennart Briesenick brachte die anstehende Herausforderung auf den Punkt: “Die Starts bleiben der größte Hebel und sind daher der Trainingsfokus für die kommenden Wochen.”

SailGP-Sieger Peter Burling im Interview:

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