Aller Anfang ist schwer. Das wussten Erik Heil und das Germany SailGP Team schon vor ihrer Premiere in Chicago. Dort traf das von Unternehmer Thomas Riedel und dem viermaligen Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel neu gegründete deutsche Team an diesem Wochenende auf die Stars des Segelsports. Auf den Rennkatamaranen vom Typ F50 ging es in fünf Läufen in der Segelarena vor der attraktiven Kulisse von Chicagos Navy Pier zur Sache.
Dabei zeigte sich der kurze Kurs an den beiden Renntagen mit ganz unterschiedlichen Gesichtern: An Tag eins herrschten gute Foiling-Bedingungen um 14 bis 16 Knoten, an Tag zwei machten sehr flaue Sommerwinde vor allem den weniger erfahrenen Teams die Arbeit an Bord mit nur wenigen Knoten Wind schwer. So auch der deutschen Mannschaft.
Mit dem zweimaligen olympischen Bronzemedaillen-Gewinner Erik Heil am Steuer, der deutsch-brasilianischen 49er-FX-Doppel-Olympiasiegerin Kahena Kunze als Strategin, 49er-Olympiasieger Stuart Bithell als Wing-Trimmer, dem Australier James Wierzbowski als Flight Controler und den Grindern Joe Sullivan und Dan Morris gelang aber ein insgesamt vielversprechender Auftakt im Konzert der Segel-Supermächte.
Vor allem am ersten Tag konnte das Germany SailGP Team mit einer konzentrierten Leistung überzeugen. Bei bewusst konservativen Starts und reduzierter Anzahl von Manövern, ersegelte die Crew auf dem deutschen F50-Katamaran im Feld der auf zehn Nationen angewachsenen SailGP-Flotte die Ränge 8, 8 und 7. Dabei konnten Steuermann Erik Heil und seine Mitstreiter schon renommierte Teams wie Sir Ben Ainslies Briten oder auch Jimmy Spithills US-Team hinter sich lassen.
Klassische Fehler kosteten das neue Team im Aufbruch durchaus mögliche bessere Platzierungen. Das Überfahren einer Kursbegrenzung oder das Fallen von den Foils ließen das Sextett auf dem optisch auffälligen deutschen Katamaran aus starken Positionen wieder zurückfallen. Bis auf Rang vier waren Erik Heil und das Germany SailGP Team in einem Rennen vorgefahren. Dafür zollten nicht nur die Fans und auch die TV-Kommentatoren der Mannschaft unter deutscher Flagge viel Respekt. Auch SailGP-Gründer und CEO Sir Russell Coutts sagte: “Wie gut die Deutschen waren!”
Wir sind sehr froh und glücklich, dass wir so einsteigen konnten” (Erik Heil)
“Wir waren vor allem nach Tag eins zufrieden. Unser erfahrener Datenfuchs James ist aus dem Staunen nicht mehr rausgekommen. Er hat noch nie so gute Daten bei einem neuen Team gesehen. Das ist eine gute Bestätigung für unsere Arbeit. Wir sind sehr froh und glücklich, dass wir so einsteigen konnten”, sagte Erik Heil in Chicago. An Bord der futuristischen Foiler werden Daten von Hunderten Messpunkten genommen. Die erhobenen Daten aller Teams sind auch für alle anderen zugänglich und damit vergleichbar. “So wissen wir nach der Aufbereitung ganz genau, wo wir gut waren und an welchen Punkten wir unsere Lernkurve weiter steil nach oben biegen müssen”, erklärte Erik Heil.
Im Leichtwind-Poker an Tag zwei zollten der 49er-Vizeweltmeister und sein Team ihrer noch fehlenden Erfahrung dann doch deutlich Tribut. Bei nur zehn Tagen Vorbereitungszeit auf dem Wasser und im SailGP-Simulator in Belfast mangelte es Team Germany noch an den notwendigen Fähigkeiten im Umgang mit den für flaue Winde konstruierten XL-Segelflügeln. So wurde das deutsche Team am Start des fünften und letzten Fleetraces einfach ausgesperrt. “Wir hatten es da mit einem aggressiveren Start versucht, dachten, dass die anderen in Lee von oben nicht mehr rankommen. Sind sie aber. Das war hart.”
Der Leichtwindtag war eine echte Herausforderung für uns” (Erik Heil)
Nach dem verpatzten Start mit erheblichem Rückstand ins Rennen gegangen, erreichte das Germany SailGP Team die Ziellinie aber nicht einmal in diesem Rennen als Letzter. Das Team Emirates GBR um den viermaligen Olympiasieger Sir Ben Ainslie hatte einen Penalty nicht schnell genug ausgeführt, erhielt eine zusätzliche Strafe und musste sich noch hinter den Deutschen einreihen, die als Neunte ins Ziel kamen. “Der Leichtwindtag war eine echte Herausforderung für uns. Wir sind zuvor nie mit dem großen Flügel gesegelt”, räumte Erik Heil unumwunden ein.
Das deutsche Team war mit viel Respekt in seine erste SailGP-Regatta gestartet und hat sich selbigen in der Weltliga nun verdient. Der zehnte und letzte Platz am Ende der Premiere spiegelte die teilweise schon guten Leistungen nicht ganz wider. In den fünf Rennen waren Erik Heil vom Norddeutschen Regatta Verein und sein Team keinmal als Letzte über die Ziellinie gegangen. Im Gegenteil: Die Mannschaft konnte im Aufbruch in jedem Rennen erfahrene Teams wie Jimmy Spithills Amerikaner oder die Briten, die Schweizer und die Franzosen hinter sich lassen.
Am Ende aber dominierten die SailGP-Schwergewichte vor Chicago. Mit den America’s-Cup-Gewinnern Peter Burling und Blair Tuke siegten die Kiwis beim ersten Kräftemessen zum Auftakt der vierten SailGP-Saison. Sie agierten im Triple-Finale souverän und ließen den dreimaligen SailGP-Saisonsiegern aus Australien trotz einiger Attacken keine Chance. SailGP-Dominator Tom Slingsby und Team Australien mussten sich wenige Wochen nach dem erfolgreichen Finale von Saison drei zum Auftakt der neuen Saison mit Platz zwei vor dem erfrischend agierenden Team Kanada mit Steuermann Phil Robertson arrangieren.