SailGPKurioses Finale in Cádiz – USA siegen trotz Penalty, Team Germany kämpft

Tatjana Pokorny

 · 15.10.2023

Erik Heil steuert für das SailGP Team Germany
Foto: Felix Diemer for SailGP
Beim SailGP-Finale vor Cádiz galt: Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Weder die an diesem Wochenende beeindruckend agierenden Dänen noch die Rekordsieger aus Australien konnten sich in Andalusien durchsetzen. Es war Jimmy Spithills US-Team, das trotz Penalty und Stolperstart seine Chance suchte – und fand. Das Germany SailGP Team kämpfte und hatte motivierenden Besuch von Co-Rennstallbesitzer Sebastian Vettel

Formel-1-Segelsport in mauen Winden hat so seine Tücken. So war es auch im andalusischen Revier vor Cádiz, wo sich die SailGP-Elite am Wochenende zum fünften Event der vierten Saison traf. Stärkstes Team bis zum Finale waren die Dänen, die mit zwingenden Starts glänzten und auch dann noch auf die Foils kamen, wenn alle anderen sich beim Wettkriechen um die Tonnen quälten. Nicolai Sehested, Olympiasiegerin Anne-Marie Rindom und ihr Team segelten bis zum ersten Abschnitt im Finale imposant.

“From penalty to victory”: Das US-Team siegt vor Cádiz

Dann aber ging es im Triple-Finale zwischen den Dänen, Tom Slingsbys SailGP-Rekordsiegern aus Australien und dem US-Team um Jimmy Spithill kurios zu. Erst fingen sich die Amerikaner einen Penalty ein, weil sie vor dem Start eine Kursbegrenzung überfuhren. Entsprechend gingen sie hinter den davoneilenden Dänen und ihren australischen Verfolgern als Letzte über die Startlinie, wirkten schon abgemeldet. Doch plötzlich blieben die beiden führenden Teams in einem zähen Flautenloch hängen. Was die zurückliegenden Amerikaner zu einer smarten Halse und einem erfolgreichen Konter auf der anderen Kursseite nutzten.

Das US-Team zog auf dem kurzen Kurs bis auf einen halben Kilometer und damit fast eine ganze Runde davon. Jimmy Spithill, Taylor Canfield und Co. waren nicht mehr einzuholen, sicherten sich ihren ersten Regattasieg in dieser Saison. Derweil lieferten sich Dänen und Australier ein sehenswertes Duell um Platz zwei. Da aber ließen sich die Dänen trotz Slingsby-Attacken die Salzbutter nicht mehr vom Brot nehmen. Die Australier verteidigten jedoch auch als Dritte beim Grand Prix von Spanien ihre Führung in der Saisonwertung vor Dänemark und den USA.

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Das Spiel wird offener. Wir werden besser” (Erik Heil)

Sebastian Vettels deutsches Segelteam erreichte als jüngster Neuzugang in der Profiliga im spanischen Cádiz Platz neun. Steuermann Erik Heil und das Germany SailGP Team konnten dabei das Schweizer Team um Sébastian Schneiter hinter sich lassen. “Das Spiel wird offener, wir werden besser”, sagte Erik Heil, dessen Team in seiner Premierensaison vier Monate nach dem Blitzeinstieg im Juni noch darum kämpft, den komplexen Hightech-Katamaran und seine vielen Möglichkeiten zunehmend besser in den Griff zu bekommen.

Tatsächlich sah man Team Germany zwischenzeitlich auch auf vorderen Rängen. Am Ende blieben die Rennergebnisse 6, 9, 9, 8 und 8 auf dem Papier ernüchternder, als es sich auf dem Wasser zeitweilig anfühlte. Das deutsche Team zahlt weiter Lehrgeld. Vor allem die Starts erwiesen sich am erneuten Leichtwind-Wochenende in Andalusien als Herausforderung.

Sebastian Vettel besuchte sein Team in Cádiz

”Die Ergebnisse waren ein bisschen schmerzhaft. Unsere Starts waren nicht gut, aber wir haben auch noch ganz viele andere Baustellen. Dennoch hatten wir am Samstag das Gefühl, einen der bislang besten Renntage absolviert zu haben”, zog Erik Heil in Andalusien Bilanz. Sein Team nehme bewusst Risiken in Kauf, um die Lernkurve steil nach oben zu biegen, so Heil. An diesem Wochenende war auch Co-Rennstallbesitzer Sebastian Vettel in Cádiz.

Der viermalige Formel-1-Weltmeister sagte: “Es ist schön, dass ich das Wochenende wieder so nah beim Team miterleben konnte. Natürlich wollen alle im Team mehr erreichen, aber es ist erst das fünfte Rennen. Ich habe an diesem Wochenende wieder gesehen, wie motiviert sie sind und sofort nach den Rennen ihre Leistung analysieren und sich von Rennen zu Rennen verbessern wollen. Anna und Sophie haben auch einen super Job gemacht, und ich bin mir sicher, dass es weiter vorwärtsgeht.”

Junge deutsche Seglerin mit vielversprechender Premiere

Erstmals waren die Nachwuchstalente Anna Barth und Sophie Steinlein beim spanischen SailGP abwechselnd im Einsatz, denn Strategin Kahena Kunze musste aufgrund ihrer laufenden Olympia-Qualifikation an der Seite von 49er-FX-Steuerfrau Martine Grael passen. Das deutsche Duo war über die Ausbildung im Programm SailGP Women’s Pathway zum Team gekommen. Die jungen Seglerinnen hätten vielversprechendes Potenzial gezeigt, so Erik Heil.

Als zusätzliche Herausforderung hatten alle Teams an diesem Wochenende die schrittweise reduzierte Crew-Stärke zu meistern. Wurde das erste der fünf Fleetraces noch mit sechsköpfigen Crews bestritten, ging es in den Rennen zwei und drei nur noch mit fünf Akteuren zur Sache. Die Sonntagsrennen vier und fünf wurden schließlich sogar nur noch von Quartetten ausgetragen.

Man kann sich vorstellen, wie viel besser erfahrene Teams, die seit der ersten oder zweiten SailGP-Saison im Spiel sind, mit der knappen Besatzung zurechtkamen. Das Germany SailGP-Team hatte mit der wenigsten Erfahrung in der Flotte der zehn F50-Katamarane alle Hände voll zu tun. Mut machen aber die Ergebnisse vom Trainingstag am Freitag. “Da waren wir punktgleich mit Platz vier Fünfte”, sagt Erik Heil.

Der Weg nach oben bleibt steil, aber wir sind dran” (Erik Heil)

Der 34-Jährige weiß, dass seine Mannschaft beim Aufstieg Geduld haben und Nehmerqualitäten beweisen muss. “Wir sind in diesem Jahr ergebnisoffen im Einsatz. Alles, was zählt, ist lernen, lernen und lernen. Daher nehmen wir auch bewusst Risiken in Kauf, um bestimmte Situationen immer wieder zu trainieren”, erklärt Erik Heil. Er weiß auch um die SailGP-Erfahrung, die ihm alle seine Gegner voraushaben: “Die Australier segeln seit 15 Jahren zusammen, sind im SailGP auch im vierten Jahr eine Macht. Man kann es sich so vorstellen wie bei Thomas und mir im 49er.”

Erik Heil und sein 49er-Vorschoter Thomas Plößel hatten 20 Jahre in einem Boot gesegelt, als sie 2021 vor Enoshima ihre zweite olympische Bronzemedaille gewannen. Erik Heil erklärt: “Die Australier beherrschen im SailGP vielleicht 70 Prozent dessen, was man mit dem F50 idealerweise machen kann. Wir sind bei fünf oder zehn Prozent. Der Weg nach oben bleibt steil, aber wir sind dran.”

Hier geht es zur Wiederholung der Live-Übertragung vom zweiten und entscheidenden Tag beim spanischen SailGP in Andalusien:

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