So gerne hätten Erik Kosegarten-Heil und das Germany SailGP Team an diesem Samstag vor Saint-Tropez um den historischen ersten Einzug in ein SailGP-Eventfinale gekämpft. Die Grundlage dafür hatten sie sich am Vortag mit Platz vier nach vier Rennen beim Großen Preis von Frankreich im Zwischenklassement erkämpft.
Doch dann kam die Absage des zweiten Renntages. Die Liga verkündete diese Sicherheitsmaßnahme am Samstagmorgen: “Aufgrund aufziehender Gewitter wurde der zweite Tag des Rockwool France Sail Grand Prix | Saint-Tropez abgesagt.” Zu groß war die Sorge vor Bruch bei nicht einmal einer Woche Luft bis zum nächsten Event am 20. und 21. September auf dem Genfer See.
Auch der deutsche Coach Lennart Briesenick hatte Verständnis für die Entscheidung. Der Flensburger nannte sie “weise”, bedauerte sie aber und sagte: “Es ist trotzdem schade. Wir waren voller Angriffsfreude, das ersehnte Finale einmal zu erreichen.“
Mit der Absage von Renntag zwei bestätigte die Liga auch den Endstand in Saint-Tropez: “Die Ergebnisse des Wochenendes werden auf der Grundlage der Platzierungen nach dem ersten Tag berechnet.” So siegte Team Emirates GBR mit Steuermann Dylan Fletcher vor Neuseelands Black Foils mit Peter Burling und Diego Botins spanische Los Gallos.
Womit sich drei 49er-Olympiasieger das Podium teilten. Ihnen folgte ein zweimaliger Olympia-Dritter im 49er: Erik Kosegarten-Heil und das Germany SailGP Team hatten das Kräftemessen an der Riviera am Freitag zwar nach schwarzem Auftakt mit Rang zehn eröffnet, sich dann aber beständig bis auf Platz vier vorgearbeitet. Damit sammelte Schwarz-Rot-Gold neun wertvolle Punkte für die Saisonmeisterschaft. Hier geht es zu den Endergebnissen von Saint-Tropez.
Bis zum Schweizer SailGP-Gipfel hat in der Liga Neuseeland (70 Punkte) die Führung vor den Briten (68 Punkte) und Rekordsieger Australien (67 Punkte) übernommen. Team Germany liegt mit 13 Punkten weiterhin auf Platz elf, konnte aber bis auf einen Zähler an Martine Grael und ihr Team Mubadala Brazil (14 Punkte) heranrücken. Hier geht es zu den Saison-Zwischenständen. Drei Events bleiben in der Schweiz, im andalusischen Cádiz (4./5. Oktober) und beim Finale am 29. und 30. Oktober in Abu Dhabi alles Teams, ihre Bilanz noch aufzubessern.
Team Germany ist auf gutem Weg dahin. Es geht aufwärts für das in der ersten Jahreshälfte noch strauchelnde Team Germany. Ein Strafpunkthagel nach mehreren Trainingskollisionen in Sydney und zu viele schwache Starts hatten die Deutschen zunächst ins Minus und ans Ende des Liga-Klassements geworfen. Das Comeback läuft zunehmend überzeugender.
Die Starts waren auch in Saint-Tropez noch nicht zwingend, die Leistungen auf dem kurzen Kurs schon deutlich mehr. Beigetragen zum starken deutschen vierten Platz in Frankreich hat erstmals ein Kieler Segler: Auch Linov Scheel kommt aus der 49er-Klasse, hatte die nationale Olympia-Ausscheidung auf Kurs Paris 2024 knapp verloren und segelt im SailGP zu neuen Ufern.
Das erste Mal hat mega Spaß gemacht, war aber auch mega hart.“ Linov Scheel
Scheels Premiere fand im zweiten Lauf am Freitag statt, an dem es für die Deutschen mit den Rängen 10, 5, 5 und 2 insgesamt Rennen für Rennen besser lief. Als Grinder habe er, so Scheel, beim Intensiveinsatz kaum etwas mitbekommen. Der 28-Jährige kam für den fast ein Jahrzehnt älteren Münchner Felix Van den Hövel ins Spiel.
Zum Crew-Wechsel sagte Coach Lennart Briesenick: „Ich habe großen Respekt vor Felix und seiner Entscheidung, da Platz zu machen.“ Gleichzeitig hielt Briesenick fest: „Das ist Hochleistungssport und er wird natürlich auch ein bisschen älter. Wir sind Felix alle extrem dankbar und gehen davon aus, dass er weiter im Team bleibt.“
Wer schon beim SailGP in Sassnitz genauer hingesehen hatte, konnte dort weitere deutsche Talente entdecken, die das Team wie Linov Scheel, Caspar Ilgenstein, Lukas Hesse und andere in verschiedenen Bereichen längst unterstützen, teilweise auch schon an Sichtungen teilgenommen haben und vielleicht auch eines Tages ihre Einsatzchance bekommen könnten. Unter ihnen ist auch der neue deutsche 49er-Stern Richard Schultheis.
Der in Berlin geborene und auf Malta großgewordene, erst 20 Jahre alte Steuermann und zwemalige WM-Fünfte in der Motte zählt aktuell zu den größten Talenten im olympischen Segelsport, hat im 49er mit Vorschoter Fabian Rieger die Spiele in LA 2028 im Visier. Schultheis könnte je nach Verfügbarkeit und Leistung in Zukunft ebenso seine Chance im deutschen SailGP-Team bekommen wie das junge Kieler Ilca-7-As Ole Schweckendiek und andere junge Aufsteiger.
Bis es soweit ist, wollen Erik Kosegarten-Heil und die Mannschaft konzentriert vorankommen in der Weltliga des Highspeed-Segelns. Damit geht es am kommenden Wochenende beim Rolex Switzerland Sail Grand Prix am Samstag und Sonntag fast nahtlos weiter.