SailGPHeißer Kaltstart mit neuen Rudern vor Saint-Tropez

Tatjana Pokorny

 · 11.09.2025

Tom Slingsbys Bonds Flying Roos sind bekannte Starkwind-Lover und zählen zu den Favoriten beim SailGP in Saint-Tropez.
Foto: Ricardo Pinto for SailGP
Ausnahmsweise steigt das SailGP-Event in Saint-Tropez nicht wie sonst am Samstag und Sonntag, sondern bereits am Freitag und Samstag. Am 12. und 13. September geht es vor der Côte d’Azur auch für das Germany SailGP Team zur Sache. Dabei sind die F50-Foiler mit neuen Rudern ausgestattet. Das Ziel: noch mehr Action und Speed, aber auch mehr Kontrolle für die Fahrer.

​Als wäre jemand nach Saint-Tropez gegangen und hätte auf den Knopf gedrückt: Pünktlich zum Rockwool France Sail Grand Prix pfeffert der Mistral im Revier der Côte d’Azur. Dabei hatten sich hier erst vor wenigen Tagen Boris Herrmanns Team Malizia und die gesamte Flotte im Ocean Race Europe in der Anfangsphase von Etappe fünf durch bleierne Flaute gequält. Diese Szenen waren am Donnerstag in Saint-Tropez wie weggeblasen.

SailGP in Frankreich: Die mit dem Mistral tanzen

Im Gegenteil: Der Mistral hat am Donnerstag sogar das Training der Teams verhindert, die nun am Freitag (12. September) den zweitägigen SailGP-Gipfel an der Riviera im Kaltstart eröffnen. Mit Böen um die 25 Knoten war am Donnerstag nicht an Aufwärmübungen zu denken. Damit geht es am Freitag für alle Teams ohne viel Eingewöhnung direkt in den Wettkampf. Für Liga-Boss Russell Coutts ist der Windreichtum ein Grund zur Freude.

Der Mistral ist gerade rechtzeitig aufgekommen.” Russell Coutts.

Der SailGP-Dirigent freut sich auf die mit viel Wind stets verknüpfte heiße Action auf dem Kurs. Erwartet werden am Freitag Winde von etwa 40 Stundenkilometern. Das seien Werte, so ließ die Liga wissen, “genau am oberen Ende des Windbereichs für die F50-Flotte der zwölf rasenden Foiler”.

​Quentin Delapierre muss es wissen. Der Fahrer des französischen SailGP-Teams steuerte beim letzten America’s Cup für Frankreich. Herausfordernder Verein war die Société Nautique de Saint-Tropez. Delapierre und sein Team werden die Fans an der französischen Riviera an ihrer Seite haben. Delapierre sagte am Tag vor Rennbeginn: „Morgen könnte es hier ein bisschen wie vor zwei Jahren aussehen.” Damit erinnerte sich der 33-Jährige an „einen unglaublichen Renntag, genau am Limit“, an dem das französische Team damals einen neuen Geschwindigkeitsrekord (99,94 km/h) aufstellte.

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Hält der Sassnitz-Speedrekord in Saint-Tropez?

Dieser Rekord wurde gerade erst in Sassnitz geknackt. Bei der SailGP-Deutschlandpremiere hatten Nicolai Sehested und sein Team Rockwool Denmark auf der Ostsee vor Rügens Kreidefelsenkulisse 103,93 km/h erreicht. Quentin Delapierre sagte: “Wenn es morgen wieder so läuft, sind wir superglücklich. Wir fahren nie um den Geschwindigkeitsrekord, aber wenn man ihn bricht, ist das immer etwas ganz Besonderes.“

Die guten Nachrichten für die in Sassnitz mit schwerem Bruch ausgeschiedenen Teams aus Brasilien und den USA hatte es schon vorher gegeben. Beide Boote sind nach Intensivbehandlung durch SailGP Technologies auf bestem Kurs, für das Wochenende startklar zu sein. Letzte Überprüfungen standen zwar noch aus, doch das Tech-Team hat mit rund 40 Männern und Frauen ganze Arbeit geleistet, erzählte Russell Coutts. 4.000 Projektstunden seien in die demolierten Boots geflossen, die sich nun den druckvollen Herausforderungen von Saint-Tropez stellen sollen.

Die Inbetriebnahme, so erklärte Martine Grael, habe ihr Team bis zu den Rennen noch durchzuführen, doch zeigte sich die Doppel-Olympiasiegerin optimistisch. Solche Sorgen haben die Top-Teams der Liga gerade nicht. Sechs Rennställe haben bei acht Events in dieser Saison bereits mindestens einmal gesiegt: Peter Burlings neuseeländische Black Foils, die Bonds Flying Roos um SailGP-Rekordsieger Tom Slingsby, Los Gallos mit den 49er-Olympiasiegern Diego Botin und Florian Trittel, Kanadas Team NorthStar, Emirates GBR und Frankreich. Die Leistungsdichte an der Spitze ist breit geworden.

Fortschritte an der SailGP-Expansionsfront

Kurz vor dem ersten Startschuss am Freitag ab 13.30 Uhr gab Russell Coutts auch noch einen aktuellen Überblick über die Fortschritte der Liga an ihrer Expansionsfront. Der Neuseeländer, selbst ein Olympiasieger im Finn Dinghy, fünfmaliger America’s-Cup-Gewinner und einer der Allzeit-Besten seines Sports, verkündete, dass ein dreizehntes Team an eine noch nicht genannte Gruppe verkauft sein. Das sei im Rahmen eines weltweiten Ausschreibungsverfahren gelungen.

Wir haben einige spannende Neuigkeiten – Team 13 wird in den nächsten Wochen bekannt gegeben, darauf freuen wir uns schon sehr.“ Russell Coutts

Ein vierzehntes Team, ursprünglich auch für den Liga-Einstieg in der kommenden sechsten SailGP-Saison im Visier, soll voraussichtlich erst 2027 kommen. Hintergrund dieser Entscheidung sei, so Coutts, dass der bestehenden Flotte der Vorrang gegeben worden sei. Konkret habe man beschlossen, den neuesten F50-Katamaran langfristig zum Trainingsboot zu deklarieren. “Ich denke, das wird für die Zukunft der Liga einen großen Unterschied machen. Es ist eine fantastische Lösung für neue und bestehende Teams, um ihre Athleten zu trainieren.”

Drei Europa-Events bis zum Abu-Dhabi-Finale

Inklusive SailGP in Saint-Tropez stehen in dieser Saison bis zum Finale im November in Abu Dhabi noch drei europäische Gipfeltreffen auf dem Programm. Dem Großen Preis von Frankreich folgen der Rolex Switzerland Grand Prix auf dem Genfer See am 20. und 21. September und der DP World Spain Sail Grand Prix im andalusischen Cádiz am 4. und 5. Oktober. Auch Teil der Europäischen SailGP-Phase war der Grand Prix in Sassnitz.

Der derzeit auf Platz drei der Gesamtwertung liegende Dylan Fletcher, der das Team Emirates an diesem Frankreich-Wochenende noch besser fliegen lassen will als in Sassnitz, sagte: „Wir nähern uns dem Ende der Meisterschaft – vier Veranstaltungen einschließlich des Grand Finals sind es noch. Wir wollen einfach nur unsere Konstanz beibehalten, hoffentlich so segeln wie bisher und uns aus Schwierigkeiten heraushalten.“

Wir haben alle Augen auf dem Finale in Abu Dhabi.” Dylan Fletcher

Drei Zähler mehr als die Briten haben Peter Burlings Black Foils und Tom Slingsbys im Saisonklassement punktgleich führenden Bonds Flying Roos bei insgesamt 61 Punkten auf ihren SailGP-Konten. „Wir versuchen einfach, uns weiter zu verbessern“, sagte Burling. „Jeder weiß, dass der Schlüssel zum Sieg im SailGP darin liegt, das Finale zu erreichen und in Abu Dhabi sein Bestes zu geben. Das ist es, was wir versuchen.“

Bonds Flying Roos: die besten Starkwindbändiger?

Nicht nur Peter Burling weiß aber, dass die australischen Rivalen als erfolgreiche Starkwindbändiger gelten. Burling sagte: “Tom hat bei starkem Wind die Messlatte ziemlich hoch gelegt, sodass jeder weiß, dass er einen guten Tag hinlegen muss, um an die Spitze der Rangliste zu gelangen. Genau das versuchen wir zu tun – wir lieben diese Rivalität mit den Australiern und freuen uns darauf, sie fortzusetzen.“ Hier geht es zum Saisonklassement nach acht von zwölf Events.

Das Ganze soll ab diesem Frankreich-Wochenende mit neuen Rudern noch rasanter funktionieren. In Saint-Tropez werden die F50-Rennmaschienen nach 18-monatiger Testphase erstmals mit neuen Rudern und neuen Elevatoren im Einsatz sein. Dünner, länger und effizienter als ihre Vorgängermodelle, sollen sie den Piloten bessere Kontrolle über die foilenden Katamarane geben. Auch werde, so sieht es die Liga, die bislang bei etwa 83 km/h einsetzende Kavitation erst bei 106 km/h eintreten.

Die innovationsfreudigen SailGP-Antreiber versprechen sich von den neuen Rudern „noch gewagtere Manöver“, aber trotzdem „weniger Schäden“. Gleichzeitig hieß es, die Teams würden die Boote nun „noch härter als je zuvor ausreizen“. Wie das aussehen kann, wird das ZDF bei der Live-Übertragung im Stream an beiden SailGP-Tagen zeigen: Die Sendungen mit Kommentatorin Kristin Recke und Reporter Nils Kaben in Saint-Tropez beginnen am Freitag (12. September) um 13.30 Uhr und am Samstag (13. September) um 12.30 Uhr hier. Wer selbst in Frankreich ist, schaltet zu denselben Zeiten Canal+ ein.

Und wer gewinnt in Saint-Tropez?

Wen Russell Coutts für die anstehenden Rennen vorne sieht? “Es könnten gut wieder die Teams vorne liegen, die auch in Sassnitz vorne waren”, sagt der Meister. Das war in Rennen eins das Germany SailGP Team. Am Ende siegte Frankreich vor Australien und den Briten. Es folgten die Kiwis und die Deutschen. Können Erik Kosegarten-Heil ihre Erfolgswelle von Sassnitz vor Saint-Tropez fortsetzen?

Hier weht der Mistral! SailGP-Reporterin Lisa Darmanin führt die Fans einmal durchs windige Saint-Tropez und spricht mit den Seglern über das bevorstehende Event:

Hier geht es zur neuen Folge der Dokuserie “Sailing on the edge – Segeln am Limit”, die dem Germany SailGP Team und einem Rückblick auf die Deutschlandpremiere in Sassnitz gewidmet ist:

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