SailGPHappy wie in Sassnitz – nur nicht mit den Starts

Tatjana Pokorny

 · 12.09.2025

Team Germany und Rockwool Denmark vor der Kulisse von Saint-Tropez.
Foto: Felix Diemer for SailGP
Episch! Mit diesem Begriff beschrieb Erik Kosegarten-Heil den ersten der beiden Renntage beim Rockwool France Sail Grand Prix vor Saint-Tropez. Über eineinhalb actiongeladene Stunden bot das dynamische SailGP-Dutzend eine abwechslungsreiche Segelsshow mit kuriosen Momenten. Für Team Germany ging es an diesem Freitagnachmittag beständig nach vorne.

Am Ende der vier Läufe am ersten der beiden SailGP-Renntage in Saint-Tropez sah die deutsche Bilanz gut aus: Platz vier im Feld der zwölf Teams und nur drei Punkte Rückstand aufs führende Trio mit Briten, Neuseeländern und Spaniern positioniert, können Erik Kosegarten-Heil und sein Team am Samstag auf veritabler Basis um ihren ersten Einzug in ein SailGP-Finale kämpfen.

SailGP in Saint-Tropez: Vorfahrt genommen

Bis es soweit war, ist auf dem kurzen Kurs an der Côte d’Azur in druckvollen böigen und drehenden Winden viel passiert. Der Renntag begann mit einem restlos verpatzten deutschen Start, nachdem Quentin Delapierre und seine Les Bleus dem deutschen Boot einen besseren Einstieg versagt hatten. “Die Franzosen haben uns beim Start die Vorfahrt genommen. Dann mussten wir ganz hinten starten”, berichtete Grinder Joanathan Knottnerus-Meyer später im ZDF-Interview.

Der Kieler Mediziner wusste schon während der Rennen: “Das sieht dann richtig fies aus, wenn die anderen Boote, die gerade gestartet sind, uns den Wind wegnehmen. Da braucht es ein paar Sekunden, bis der Wind wieder da ist. Wir sind dann ganz gut wieder reingekommen, haben aber leider auf dem letzten Leg die Layline zur Tonne nicht ganz geschafft, sind von den Foils gefallen und haben noch zwei Boote verloren.” Australier, Briten und Spanier nahmen zum Auftakt die ersten drei Plätze ein.

Es war nicht ganz der Start, den wir uns vorgenommen hatten.” Jonathan Knottnerus-Meyer

Das wollte der deutsche Rennstall nicht auf sich sitzen lassen. Jonathan Knottnerus-Meyer formulierte es so: “Eigentlich können wir besser segeln als das, was wir gerade gezeigt haben. Natürlich tut es weh, auf dem letzten Leg noch zwei Boote zu verlieren. Aber wir können abschalten – Vollgas im nächsten Rennen!”

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SailGP-Premiere für Linov Scheel

Und tatsächlich war in Lauf zwei eine deutliche Verbesserung zu erkennen. Während im Kampf um den Sieg Peter Burlings Black Foils kurz vor Erreichen der Ziellinie noch die Kanadier abfingen und die Spanier erneut als Dritte reinkamen, konnte sich Team Germany mit Rang fünf steigern. Dabei erlebte 49er-Segler Linov Scheel aus Kiel, der die Mannschaft schon eine Weile unterstützt, sein erstes SailGP-Rennen als Grinder. “Es hat mega Spaß gemacht, war aber auch mega anstrengend”, sagte der Mann vom Kieler Yacht-Club in Saint-Tropez.

In Rennen drei verdarben die Amerikaner Giles Scott und dem kanadischen Team NorthStar durch starkes Anluven den Start brutal. Erik Kosegarten-Heil sagte später zu dieser und vielen anderen Regelwidrigkeiten: “Heute hat es sich ein bisschen so angefühlt, als wenn Leute sich nicht so richtig an Regeln halten. Es gab viele ‘Situationen’ auf dem Kurs, aber auch viele technische Probleme.”

Den deutschen Auftritt in Rennen drei beschrieb Jonathan Knottnerus-Meyer: “Das war auf jeden Fall deutlich besser. Wir sind endlich mal gut rausgekommen am Start. Dann haben wir leider die Wende an der ersten Leetonne falsch gesetzt. Das war ein taktischer Fehler. Aber ansonsten war es ein gutes Rennen.”

Der kuriose Start im vierten Rennen

Die zwischenzeitlichen erstaunlichen Beschleunigungen des einen oder anderen Teams erklärte der Kieler auch: “Da sind Windböen, die einfach noch einmal zehn Kilometer pro Stunde mehr zulassen. Dann fährt man vor.” Erstmals seit ihrem Einstieg in den SailGP in dieser Saison gelang Ruggero Tita und Red Bull Italy in diesem dritten Lauf ein Rennsieg. Auf die Ränge zwei und drei segelten Diego Botins Los Gallos und Peter Burlings Black Foils.

Im vierten Rennen schlug die Stunde des deutschen Teams. Vorausgegangen war ein kurioser Start: Weil die Franzosen zu früh dran und in die Mitte der Startbox vorgeprescht waren, mussten sie ihr Boot aufstellen. Dadurch zwangen sie mehr als die halbe Flotte ebenfalls zum Einbremsen. Weil sich Team Germany in Lee des schnell wachsenden Chaos’ befand, konnten Erik Kosegarten-Heil und seine Crew bei gutem Timing und mit freiem Wind aus der Mitte der Linie rausfahren. Die wichtige erste Marke erreichten sie als souveräne Erste.

Diese schöne Position verteidigte die Mannschaft fast bis ins Ziel, bevor Dylan Fletcher Schwarz-Rot-Gold mit Emirates GBR in letzter Minute noch abfing. Erik Kosegarten-Heil sagte nach dem Rennen: “Man geht natürlich immer gerne als Erster um die erste Wendemarke. Das ist ein absolutes Highlight. Das fühlt sich auf jeden Fall gut an.” Dass er sich dem 49er-Olympiasieger von 2021 kurz vor Erreichen der Ziellinie noch beugen musste, hat den zweimaligen Olympia-Dritten aber auch ein wenig geärgert.

Das war eigentlich blöd. Wir hätten die Jungs einfach nur matchen müssen.” Erik Kosegarten-Heil

Aus Sorge vor noch weiteren Verfolgern, die möglicherweise noch einmal Druck bekommen und ebenfalls aufholen und womöglich die beiden vorne liegenden Boote noch überholen könnten, haben die Deutschen auf dem Weg ins Ziel nicht die klassische Matchrace-Taktik beherzigt. So waren es die Britten, die mit einem halben Dutzend Knoten mehr Speed noch am deutschen F50-Foiler vorbeirauschten. Rang drei holten im vierten Lauf Martine Grael und ihr Team Mubadala Brasil.

In der Theorie würde man in so einer Situation einfach nur mit dem Gegner mitgehen und dafür sorgen, dass der Gegner nicht vorbeikommt. In der Praxis ist es immer etwas schwieriger.” Erik Kosegarten-Heil

Die Tagesbilanz des 36 Jahre alten Steuermanns vom Norddeutschen Regatta Verein fiel nach Tag eins entsprechend nicht ohne Selbstkritik, aber trotzdem vorsichtig optimistisch aus. Im Interview mit ZDF-Reporter Nils Kaben sagte Erik Kosegarten-Heil am Freitagnachmittag: “Wir hatten Im Grunde einen schlechten Start mit dem ersten Race. Das war ziemlich schwierig. Im zweiten und dritten Rennen sind wir gut reingekommen und im vierten hatten wir auch noch einen guten Start dazu. Das heißt für uns insgesamt: zufriedenstellend auf jeden Fall.”

Team Germany zur Halbzeit vor den Rekordsiegern

Vor den weiteren Rennen am Samstag, die das ZDF hier ab 12.30 Uhr wieder mit Kommentatorin Kristin Recke und Reporter Nils Kaben überträgt, gab Erik Kosegarten-Heil die Taktung vor: “Wir sind auf einem guten Weg. Leistung zeigen ist die eine Sache. Leistung bestätigen ist das andere. Wir wollen auf jeden Fall Leistung bestätigen.”

Eine Chance zum ersten Finaleinzug hat sich das Germany SailGP Team von Thomas Riedel und Sebastian Vettel an diesem Tag vor Saint-Tropez erarbeitet. Im Zwischenklassement führten nach vier Läufen Team Emirates GBR (31 Punkte) knapp vor den neuseeländischen Black Foils (30 Punkte) und Los Gallos (25 Punkte).

Einen Achterbahntag dagegen erwischten Tom Slingsbys favorisierte Bonds Flying Roos, die das erste Rennen auch gewannen, dann aber mit zwei zehnten Rängen vom Erfolgskurs abkamen. Mit Rang vier im letzten Lauf konnten die Australier den Tag gerade noch retten, fanden sich aber in der Zwischenrechnung nach vier Läufen zunächst auf Platz fünf und drei Punkte hinter Team Germany wieder. Hier geht es zu den Zwischenständen in Saint-Tropez.

REPLAY! Die internationale Übertragung vom ersten SailGP-Renntag in Saint-Tropez in der Wiederholung:

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