SailGP“Für so eine Chance gebe ich alles”

Tatjana Pokorny

 · 06.02.2025

Hier ging es beim zweiten SailGP-Event der fünften Saison in Auckland zur Sache.
Foto: Felix Diemer for SailGP
Am Wochenende steigt die dritte Regatta der fünften SailGP-Saison. Zur Sache geht es im Sydney Harbour – der Geburtsstätte der schnellsten Liga des Segelsports, wo 2019 alles begann. Team Germany um Erik Heil gelang hier vor einem Jahr der erste Rennsieg. Ein “Glücklicher” im deutschen Team feiert in Down Under ein besonderes Jubiläum.

Vor einem Jahr war Team Germany in Sydney der erste Rennsieg im SailGP gelungen. 350 Tage ist her, dass Felix van den Hövel dort sein erstes SailGP-Event als Segler bestritt. Im Februar 2024 war dem Grinder im deutschen Rennstall der Sprung aus der Shore-Crew ins A-Team auf dem Boot gelungen.

SailGP: aus der Shore Crew ins A-Team

Für seinen Aufstieg hat der in München lebende Seeshaupter enorm hart gearbeitet. Die Chance hatte sich Felix van den Hövel mit Tech-Expertise aus America’s Cup und SailGP sowie kompromisslosem Training erkämpft. Sein Name Felix steht für “der Glückliche”. Das passt gut zum Gute-Laune-Grinder im Germany SailGP Team.

Seine Geschichte ist eine, die beflügelt wie die Foils die F50er im SailGP. Sie zeigt, wie Expertise und Engagement auf eine Weltbühne des Segelsports führen können. Der 36 Jahre alte Bootsbauer hat es vorgemacht. Im ersten Liga-Jahr des deutschen Rennstalls von Unternehmer Thomas Riedel und dem zweimaligen Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel noch als Techniker im Einsatz, feiert Felix van den Hövel jetzt in Sydney als Grinder sein einjähriges Crew-Jubiläum.

Mit der Nominierung fürs Segelteam und seinem ersten Einsatz im Februar 2024 war für ihn vor einem Jahr in Sydney ein Lebenstraum in Erfüllunng gegangen, den er seitdem “im coolsten Team der Liga” wie seine Teamkameraden mit enormem Einsatzwillen lebt. Sein Glück hatte er damals so beschrieben: “Ich darf endlich benutzen, was ich sonst gebaut habe. Das ist wie Spielzeug auspacken.”

Härten und Höhenflüge im SailGP

Für seine Berufung hatte Felix van den Hövel die zuvor vom Team gestellten Bedinungen mit radikaler körperlicher Aufrüstung erfüllt. Binnen drei Monaten warf er mehr als zehn Kilogramm zusätzliches Körpergewicht in die Waagschale und Top-Fitness in den Ring. Seitdem ist er Stammcrew-Mitglied im Germany SailGP Team.

“Ich bin jetzt so bei 97, 97 Kilogramm, etwa 16 Kilogramm schwerer als mein Normalgewicht, gehe sechsmal die Woche ins Gym, versuche krass viel Muskelkraft aufzubauen”, erklärt Felix van den Hövel den stark fordernden Teil seines beruflichen Alltags kurz vor “Sydney reloaded”. Das sei “physisch ultra-anstrengend”, aber, so sagt der bayerische Selbst- und Teamantreiber: “Es ist für jeden von uns die Herausforderung, den Körper auf Hochleistungssport zu trimmen. Für so eine Chance gibt man, gebe ich alles.”

Lohn der Mühe: Wie Steuermann Erik Heil, Wingtrimmer Stuart Bithell, Flightcontroller James Wierzbowski, Strategin Anna Barth, Grinder Jonathan Knottnerus-Meyer und Grinder-Stratege Will Tiller, segelt Felix van den Hövel auf den “coolsten und spannendsten Booten auf der Welt”. Actiongeladener Hochleistungssport am Limit, berühmte Reviere und das Kräftemessen mit den besten Seglern der Welt sind der Lohn, für den sich alle auch quälen können.

Felix ist ein gigantischer Charakter.” Erik Heil

Erik Heil schätzt in seiner handverlesenen Crew Felix Van den Hövel als einen Team-Dynamo: „Bei uns gibt es vor Renntagen immer eine kleine Ansprache, bei der wir uns wie in der Kabine auf die Rennen einschwören. Felix hat jüngst eine Rede gehalten, die war massiv. Er bringt einen guten Spirit mit. Das ist nicht zu niedrig zu bewerten.“

Jede Minute ‘Blood, Sweat and Tears’ lohnt sich für diese Momente, die man da draußen erlebt.” Felix van den Hövel

Auch als Segler, so Heil, habe sich Felix van den Hövel gesteigert: „Er macht gute Fortschritte am Grinder. Stu und er, Jona und Will, die sind auch ein ganz gutes Stück vorangekommen, effizienter und besser miteinander zu arbeiten.”

SailGP: Traumjob mit Höchstanforderungen

Die Bilanz ein Jahr nach seiner Premiere, bei der die Deutschen damals fast kenterten, aber im Sydney Harbour auch den ersten Rennsieg ihrer Teamgeschichte feiern konnten, fällt bei Felix van den Hövel glücklich aus: “Ich empfinde es als absolutes Privileg, diese Boote mit diesem coolen Team segeln zu dürfen. Das ist einfach nur legendär, ein Traumjob, mehr als das.”

Zu den Job-Anforderungen eines SailGP-Seglers zählen auch diese, wie Felix van den Hövel erzählt “Es ist knallhart, das Segeln ist physisch super anstrengend, nach dem Wochenende hat man immer blaue Flecken, man spürt seinen ganzen Körper. Man reist irre viel, Jetlag, Hotel, weg von zuhause. Man versucht immer, die Routine mit reinzubringen: Meetings, Briefings, persönliche Entwicklung – es ist ein volles Programm. Es ist krass hart und anstrengend.”

Gemeinsam wollen Erik Heil und seine Mannschaft an diesem Wochenende wieder angreifen. Nach den ersten beiden von 14 SailGP-Events in dieser fünften Saison führen die offensichtlich von ihrem America’s-Cup-Engagement befügelten Briten um Steuermann Dylan Fletcher die Saisonwertung vor den Top-Favoriten aus Neuseeland und Australien an.

Australier wollen Heimsieg, die Kiwis Revanche

Vor allem die Australier um Tom Slingsby sind nach ihrem jüngsten Sieg in Auckland scharf auf den Heimsieg. Die Kiwis würden gerne ihre Heimschlappe mit einem Erfolg in Sydney kompensieren. Sie hatten im Januar vor eigenem XXL-Publikum in Auckland knapp den Einzug ins Finale verpasst. Team Germany greift im Sydney Harbour vor Opernhaus-Kulisse von Platz neun an.

Zuletzt in Auckland von einem nicht selbst verschuldeten Bruch der Steuerstange zurückgeworfen, soll es am Wochenende für den deutschen Rennstall weiter aufwärts gehen. “Unsere Chancen stehen, glaube ich, relativ gut”, sagt Felix van den Hövel. Die Begründung: “Wir haben damals hier den ersten Rennsieg gefeiern und auch zuletzt in Auckland germerkt, dass wir eigentlich gut mithalten können. Ein Platz in der ersten Hälfte wäre mega.”

Als Coach ist der Flensburger Lennart Briesenick der erfahrene Fels in der Sydney-Brandung. Dazu gesellt sich erstmals der mit allen Wassern gewaschene Neuseeländer Phil Robertson auf der deutschen Trainerbank. Selbst lange einer der furiosesten Angreifer im SailGP, vertritt Robertson Team Germanys neuen zweiten Coach Jacopo Plazzi Marzotto, der Vater wird.

Was kann Phil Robertson für Team Germany tun?

Erik Heil sagte zur hochkarätigen Coach-Verpflichtung: “Phil ist momentan bei keinem Team verpflichtet. Wir wollen ihn auch in den Practise Races mal aufs Boot lassen und ein bisschen Feedback einholen für Stu und James in Sachen Wingtrimm und Flightcontrol mit den T-Foils.” Robertson und das kanadische Team hatten die in dieser Saison neu eingesetzten T-Foils bereits im vergangenen Jahr intensiv getestet.

“Ich glaube, das ist ein guter Versuch, den wir mit Phil machen”, sagt Erik Heil, “ich weiß nicht, ob er alles preisgibt, aber ich glaube, er hat die Motivation, auf diesem Weg wieder in so eine Serie reinzukommen, uns zu einem Erfolg zu verhelfen und damit ein Ausrufezeichen zu setzen. Daher kann ich mir vorstellen, dass er mit seinem Wissen rüberkommt.”

Die Vorfreude auf den Einsatz im “größten Naturhafen der Welt” ist bei allen groß. Felix van den Hövel schwärmt: “Der legendäre Sydney Harbour ist umgeben von coolen Gebäuden. Es ist grün, es ist ‘bushy’, es ist Sommer, es ist warm, man hat hier guten Wind, mit dem Opernhaus ein legendäres Gebäude im Hintergrund. Wir segeln um Shark Island.”

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Shark Island: die Insel auf dem SailGP-Rennkurs

Die Insel auf dem Rennkurs ist eine weitere Besonderheit in Sydney, wie Felix van den Hövel weiß: “Das ist eine kleine Insel hier, wo auch Fans und Gäste sein werden. Bei bestimmten Windrichtungen kann die Insel mitten auf dem Rennkurs liegen. Das ist einzigartig. Man kann dann von der rechten oder linken Seite um die Insel segeln. Draußen sind Hunderte Boote mit Leuten, die zuschauen. Es ist einfach eine Seglerstadt, die mit dem Wasser und Wassersport verbunden ist.”

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Zum ersten Mal in der laufenden Saison werden alle zwölf Teams mit ihren F50-Katamaranen an den Start gehen. Nach zweimal Aussetzen, weil ihr revitalisierter F50-Katamaran noch nicht rennbereit war, sind erstmals in dieser Saison auch die Franzosen mit Steuermann Quentin Delapierre wieder dabei. Es wird also noch enger zugehen in den Starts und auf dem Hafenkurs von Sydney.

Erik Heil und sein Team haben mit weiter verbesserter Kommunikation vor allem gute Starts und Konstanz im Visier. “Wir wollen nicht mit einem Ersten und einem Letzten durch die Serie schlittern. Wenn wir uns gut auf uns konzentrieren, können wie uns durch gekonnte Kommunikation auch gut durchs Feld wühlen. Das ist eine Stärke. Alle lernen noch auf den neuen T-Foils. Das merkt man. Man sieht es in den Daten, die weit auseinandergehen. Es wird sich zeigen, was jetzt so an Settings aufkommt und was sich durchsetzt.”

SailGP: Live- und TV-Übertragungen am Wochenende

Die geplanten sechs Rennen finden am Samstag und Sonntag (8./9. Februar) jeweils zwischen 5 und 6.30 Uhr deutscher Zeit statt. Live können sie am sehr frühen Morgen im Stream via SailGP-Youtubekanal und auch in der SailGP-App verfolgt werden. Deutsche Fans haben die Möglichkeit, sich die Rennen zeitversetzt an beiden Tagen jeweils ab 10.00 Uhr deutscher Zeit in der ZDF-Mediathek unter zdf.de/sport anzuschauen. Als Kommentatorin ist Kristin Recke im Einsatz.

Für das erste SailGP-Kräftemessen in einem deutschen Revier läuft indessen der Ticket-Verkauf weiter. Die Deutschland-Premiere steigt am 16. und 17. August vor Sassnitz. Neben Tribünenplätzen (Grandstands am Wasser) zum Preis von 76 Euro pro Person gibt es auch die Möglichkeit, exklusive Bootsplätze („Bring your own boat“) zum Preis von 475 Euro zu erwerben – damit kann man laut Veranstalter die Regatta vom eigenen Boot aus direkt an der Rennstrecke erleben.

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