SailGPFlügelbruch schockt Australien, Dämpfer für Team Germany

Tatjana Pokorny

 · 24.03.2025

Das US-Team kommt davon, während der australische Segelflügel kollabiert.
Foto: Jason Ludlow for SailGP
Der SailGP-Finaltag hatte in San Francisco spannend begonnen. In frischen Winden rangen die Top-Teams um den Einzug ins Sonntagsfinale, einige ihrer Verfolger eher mit sich selbst. Kurz vor Ende der sieben Fleetraces dann das Drama: An Bord des australischen F50-Foilers knallte es wenige Sekunden vor dem Start. Dann kollabierte das Flügelrigg und viel Kohlefaser kam von oben.

Mit lauten “¡Vamos!”-Rufen haben die Spanier an diesem Wochenende ihren SailGP-Triumph in San Francisco gefeiert. Der erste Event-Erfolg in diesem Jahr hat “Los Gallos” im Kampf um die Saisonmeisterschaft wieder in die Top-Drei geführt. Die Titelverteidiger ließen sich im Finale zwischen Golden Gate Bridge und der Insel Alcatraz auch vom Blitzstart der Franzosen nicht beeindrucken.

Spanien siegt im SailGP: starke Strategie, präzise Attacken

Mit starken Positionierungen und präzise gesetzten Attacken holten sich die 49er-Olympiasieger Diego Botín und Flo Trittel mit ihrem Team den Sieg vor Kanada und Frankreich. Dabei waren zunächst Les Bleus stark ins Finale gestartet, hatten die Innenbahn bei Marke eins und stoben davon. Aus ihrer Verfolgerposition machten dann aber die spanischen Skiffsegler Gold, als sie sich nach Tor zwei für die andere Kursseite entschieden, dort mehr Druck und entsprechend mehr Speed fanden.

Dieser Split sollte rennentscheidend sein, denn auf dem dritten Kursabschnitt nahmen die Spanier den Franzosen die Führung ab und brachten sie mit makelloser Vorstellung bis ins Ziel. Nach 100-prozentiger Flugzeit und imposanter Segelgala rauschten die Spanier in den frischen Winden um 15 bis 18 Knoten als Erste über die Linie. Diego Botin nannte “eine gute Bootsgeschwindigkeit und gute Entscheidungsprozesse auf dem Kurs” als wichtigste Gründe für den Erfolg.

Das Aufreger-Thema des Tages aber war am Sonntag in der kalifornischen Metropole das Bruchdrama der Australier. Wenige Sekunden vor dem Start im siebten und letztem Rennen kam auf dem grün-gelben F50er-Foiler das Flügelrigg mit lautem Getöse von oben. Ganz in der Nähe, aber vor den Australiern, wurden Erik Heil und das Germany SailGP Team erst Ohren- und dann Augenzeugen des Unglücks.

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Australischer Flügelbruch im SailGP

„Ich habe gehört, wie es gekracht hat hinter uns. Dann habe ich mich einmal umgeguckt und gesehen, wie der Wing runtergeflogen ist. Warum das passiert ist, wissen wir auch noch nicht. Es sollte aber nicht passieren“, beschrieb der Erik Heil seine Eindrücke nach dem Rennen. Die Ursache für das Versagen des an diesem Tag im Einsatz befindlichen mittelgroßen 24 Meter hohen Flügels war zunächst auch für die australische Crew unklar.

Kurz vor dem Drama war Rekordsieger Australien nach Top-Leistungen beim SailGP in San Francisco hochmotiviert ins letzte Fleetrace vor dem Showdown gestartet. Da hatten die Flying Roos rechnerisch nach den Rängen 2, 3, 3, 4, 5 und 2 schon fast beide Rümpfe im Triple-Finale. Doch Sekunden vor dem Startsignal kam es zum unerwarteten Bruch auf dem australischen Rennkatamaran.

Während die sechsköpfige Crew aus Down Under unverletzt blieb, hatten die Australier und ihre umgehend herbeigeeilten Helfer in der Bucht von San Francisco zwischen Golden Gate Bridge und der Insel Alcatraz alle Hände voll zu tun, das Boot zu sichern und Teile aus dem Wasser zu fischen.

Nicht der erste SailGP-Mastbruch

Einen Schock wie an diesem Tag in San Francisco hat der australische „Windflüsterer“ Tom Slingsby in der Formel 1 des Segelsports noch nicht erlebt. Während seine Crew glimpflich davonkam, sah es auf dem grün-gelben Boot aus wie auf einem Schlachtfeld. SailGP-Dominator, Olympiasieger und America’s-Cup-Gewinner Tom Slingsby ist im fünften Jahr der erfahrenste und erfolgreichste SailGP-Steuermann der Flotte.

Doch eine solche Havarie wie an diesem Tag in San Francisco hat der australische „Windflüsterer“ in der Formel 1 des Segelsports noch nicht erlebt. Der letzte Mastbruch bei einer SailGP-Regatta liegt gut 18 Monate zurück. Im September 2023 war der Segelflügel der Neuseeländer „explodiert“. Auch die Kiwis waren Verletzungen nur knapp entgangen.

Ein Jahr später mussten die einzige SailGP-Steuerfrau Martine Grael und Team Brasilien bei ihrem Einstiegstraining vor Bermuda ein katastrophales Flügelversagen erleben. Auch die Südamerikaner waren mit dem Schrecken und einem demolierten Boot davongekommen.

Die Ursachenforschung läuft

Die Ursache für das Materialversagen stand zunächst noch nicht fest. Tom Slingsby berichtete, wie er den Unfall erlebt hat: “Ich glaube, alle hier haben mehr gesehen als ich. Wir kamen in den Start, haben nach einer Lücke geschaut und realisierten, dass da keine sein würde. Also sind wir hochgefahren. Ich dachte, wir wären klar hinter den Italienern. Und ich nahm an, dass wir klar über dem US-Boot lagen.”

Weiter erklärte Tom Slingsby: “Ich weiß nicht wirklich was passiert ist, nehme aber an, dass der Flügel in dem Moment versagt hat, als wir scharf angeluvt haben. Und danach war es einfach nur noch eine Frage, ob alle okay sind.”

Slingsby bezeichnete es als höchste Priorität “herauszufinden, was genau passiert ist”. Und weiter: “Wir müssen uns die verschiedenen Kameraperspektiven anschauen. Wir müssen herausfinden, ob es sich um einen Flügelversagen handelte oder ob noch etwas anderes im Spiel war”.

Kein gutes Wochenende für das Germany SailGP Team

Trotz Schock-Aus und null Punkten für dieses letzte Rennen qualifizierten sich die Australier für das Finale von San Francisco, konnten aber mangels Boot naturgemäß nicht mehr teilnehmen. Frankreich rückte nach. Dadurch erhielten die Franzosen ihre Chance, konnten aber die Teams aus Spanien und Kanada nicht bändigen.

Vor allem mit sich zu kämpfen hatte an diesem Wochenende das Germany SailGP Team. Zwar war der Crew um Erik Heil am Samstag und am Sonntag jeweils ein Top-Start gelungen, doch das war bei zu vielen schwachen Starts zu wenig. Insgesamt reichte es für den Rennstall von Unternehmer Thomas Riedel und dem viermaligen Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel beim Kräftemessen in Kalifornien nur zum zehnten und vorletzten Platz. Hier geht es zu den Ergebnissen von San Francisco.

Für uns war es heute ein bisschen mittelmäßig-frustierend.” Erik Heil

Zu viele schwache Starts und auch Speed-Probleme haben kein besseres deutsches Ergebnis in Kalifornien zugelassen. Erik Heils Erkenntnis: „Wir hatten heute Schwierigkeiten, irgendwie durchs Feld wieder aufzuholen. Wir haben immer mehr Meter verloren, was den Speed über den ganzen Kurs angeht.“

Trotz Flügelbruch: Australien führt im Saisonklassement

Damit waren die Aufgaben für die kommenden Wochen bis zum nächsten SailGP-Gipfel am 3. und 4. Mai in Rio de Janeiro klar umrissen. Erik Heil sagte: „Wir müssen unseren Speed deutlich verbessern, um wirklich mit den Leuten mitzufahren zu können, speziell bei Bedingungen wie heute.“ Eine Chance dazu hat der deutsche Rennstall in der kommenden Woche bei einem Training in Miami.

Bis dahin führt nach fünf von 13 SailGP-Events trotz schwarzem Wochenende und ungewissen Aussichten, wie schnell der gebrochene Flügel ersetzt werden kann, Tom Slingsbys australisches Team die Saisonmeisterschaft mit 39 Punkten vor Großbritannien (38 Punkte), Spanien (36 Punkte) und Neuseeland (35 Punkte) an. Hier der Überblick über den Zwischenstand der laufenden Saisonmeisterschaft.

Das Germany SailGP Team ist die Rote Laterne des Schlusslichts nach dem Strafpunktgewitter von Sydney noch nicht losgeworden. Mit immer noch einem Minuspunkt liegen die Deutschen hinter dem US-Team um Fahrer Taylor Canfield vorerst auf dem zwölften und letzten Platz. Sie müssen und wollen das Feld von hinten aufrollen und bis zur Deutschlandpremiere am 16. und 17. August in eine bessere Position kommt. Hier geht es zum Ticketverkauf für den Germany Sail Grand Prix Sassnitz.

Wie der Segelflügel der Australier kollabierte:

Wie Tom Slingsby und die anderen Skipper auf den Flügelbruch reagierten:

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