SailGPExklusiv-Interview mit dem Boss – Russell Coutts im Gespräch

Tatjana Pokorny

 · 16.08.2025

Sir Russell Coutts ist Co-Gründer und CEO im SailGP.
Foto: Jason Ludlow for SailGP
Er ist der CEO, Vordenker, Impulsgeber und Antreiber der Weltliga SailGP. 2018 ist Russell Coutts mit Co-Gründer, Förderer und Oracle-Gründer Larry Ellison ausgezogen, die Segelwelt zu revolutionieren. Sieben Jahre später gibt Russell Coutts im Exklusiv-Gespräch mit der YACHT Einblicke in das, was ist. Und das, was kommen soll.

Russell, es ist sieben Jahre her, dass du mit Larry Ellison die Idee zum SailGP hattest. Das war nach dem America’s Cup 2017. Hatte Eure gemeinsame America’s-Cup-Geschichte Einfluss auf die Initiative?

Ja, zuerst einmal war da mit den foilenden Booten viel mehr Bewegung, wenn du sie auf dem Bildschirm gesehen hast. Viel mehr also als bei den statischen Bildern, die man im Fernsehen zu sehen bekam. Ich dachte, das ist mit Blick auf das Ziel, ein größeres Publikum für den Sport zu gewinnen, ein echter Gamechanger. Das hat sich mit dem SailGP heute bewahrheitet.

Das Publikum ist viel größer als wir es je im America’s Cup erlebt haben. Das ist unglaublich. Und da sind weitere Faktoren: Die kurzen und schnellen Rennen sind eine gute Sache. Auch das Racing dicht unter Land. Wir haben jetzt große Fanmengen bei unseren Events. Unser Ziel ist es, in Zukunft 10.000 oder mehr Menschen bei den meisten Events zu haben. Zumindest bei den Events, wo das möglich ist. Manche Events haben nur ein limitiertes Platzangebot. Wir sind auf dem Weg, das zu erreichen.

Der SailGP funktioniert in einigen Geschäftsfeldern schon sehr gut, in anderen wächst die Serie noch…

Ich glaube, wir wachsen in allen Bereichen noch. Das ist sicher. Wir sind immer noch eine ziemlich neue Unternehmung. Wir ewarten mehr Teams und mehr Austragungsorte in der Zukunft. Wir sind sehr stolz auf die Partnerschaften, die wir bereits haben: insbesondere mit Rolex als Titelpartner über einen langen Zeitraum. Wir haben da wirklich eine unfassbare Gruppe mit Premiummarken beisammen: Rolex, Mubadala, Oracle, Emirates und DP World. Sie sind eine fantastische Gruppe und wir erwarten für die Zukunft noch Zuwachs.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Die Liga wurde in ihren Anfängen stark von Larry Ellison finanziert. Verdient SailGP inzwischen Geld?

Absolut! Wir brauchen keinen Finanzierung mehr von unserem Gründer Larry Ellison. Das ist großartig. Ich glaube wirklich, dass wir das erste Unternehmen im Segelsport sind, dass das erreicht hat. Also, ganz sicher im professionellen Bereich des Sports. Das ist eine ermutigende Entwicklung und Richtung. Aber wir haben noch einen weiten Weg vor uns.

Ich bin wirklich gespannt darauf, wie sehr dieses Unternehmen wachsen kann. Wenn du mich vor fünf Jahren gefragt hättest, ob ich mir 10.000 zahlende Fans bei einem Event vorstellen könnte, hätte ich wahrscheinlich nein gesagt. Jetzt haben wir bewiesen, dass wir das können. Die Fans lieben es wirklich. SailGP ist attraktiv für eine viel bereitere Bevölkerungsgruppe, spricht ein viel breiteres Publikum an. Ich glaube, dass viele unserer Fans eher Racing- als Sailing-Fans sind. Ich denke, das ist sehr ermutigend für den Sport.

Ihr sprecht bewusst Racing-Fans an, indem Ihr auch Begriffe aus dem Formel-1-Automobilrennsport verwendet…

Wir produzieren unsere Rennen damit im Hinterkopf. Wir wollen die Racing-Fans begeistern. Um das hier kommerziell rentabel zu machen, brauchen wir ein größeres Publikum. Also ist das Racing ein großer Teil davon. Ich denke, dass trotzdem noch all die traditionellen Fähigkeiten da sind, die du brauchst, um Rennen zu gewinnen. Es sind immer noch dieselben Leute, die im Laser oder 49er gewinnen können, die auch hier gewinnen.

Solange es diese Fähigkeiten zum Siegen braucht, ist es eine gute Formel.” Russell Coutts

Wie blickst Du aufs erst vor zwei Jahren in die Liga eingestiegene deutsche Team und seine Entwicklung?

Ich denke, ich habe erwartet, dass sie schon vor diesem Wochenende einmal einen Podiumsplatz erreichen würden. Insbesondere, wenn man sich das Talent der Leute ansieht, die sie an Bord versammelt haben. Ich glaube, sie werden besser. Sie werden dahinkommen. Es ist ein Prozess. Und es ist wirklich schwierig, hier in diesem Circuit erfolgreich zu sein.

Was macht es so fordernd?

Du segelst im SailGP wirklich gegen die Besten der Besten. Wenn du gegen Teams wie Australien, Spanien, Neuseeland, die Briten antrittst – die sind einfach schwer zu schlagen.

Weil viele Top-Crews von Stunde Null an dabei sind, das Germany SailGP Team aber erst seit zwei Jahren?

Nicht unbedingt. Wenn man Spanien anschaut: die haben einen echt guten Job gemacht und eine Saisonmeisterschaft gewonnen. Sie haben gezeigt, dass es möglich ist. Sie sind das Beispiel. Sie haben ihre Prozesse gut im Griff, gutes Coaching und exzellente Leute an Bord. Es ist also möglich.

Du selbst hast 1984 Olympia-Gold im Finn-Dinghy gewonnen, du hast fünfmal im America’s Cup gesiegt, warst auch der beste Matchracer deiner Generation. Du hattest sogar am deutschen Admiral’s-Cup-Sieg 1993 als einer der Steuermänner auf Willy Illbrucks „Pinta“ einigen Anteil. Du warst über Jahrzehnte ein Ausnahmesegler. Segelst du jetzt noch selbst?

Nein (lacht). Manchmal gehe ich cruisen. Aber ich genieße diesen neuen Weg in meiner Karriere wirklich. Ich war lange ein Wettkampfsegler, aber das hier ist genauso herausfordernd, finde ich. Es ist genauso lohnend und spannend. In meinem Lebensabschnitt in vielerlei Hinsicht sogar aufregender, als wenn ich selbst noch Rennen bestreiten würde.

Ich versuche wirklich, Interesse an diesem Sport für zukünftige Generationen aufzubauen.” Russell Coutts

Wenn wir das erfolgreich tun können, wird es mehr junge Leute in den Sport bringen. Das ist gut für den Sport insgesamt.

Auch in einer Weise, dass Segler vernünftiges Geld in ihrem Sport verdienen können?

Auf jeden Fall. Ich meine: Alle SailGP-Segler werden bezahlt. Und wir belohnen sie auch mit Preisgeld (Redaktion: In der fünften SailGP-Saison werden insgesamt 12,8 Millionen US-Dollar Preisgeld ausgeschüttet). Und das wollen wir in den kommenden Jahren mit wachsender Unterstützung noch erhöhen. Ich glaube, dass die besten Segler wie alle Top-Athleten in ihren Sportarten für ihre Leistung belohnt werden sollten. Insbesondere, wenn sie sich mit einer große Anzahl Fans verbinden. Das entwickelt sich definitiv gerade im SailGP.

Die großen SailGP-Ziele für die Zukunft?

Aktuell läuft der Bieterprozess für die Team 13 und 14. Dazu werden wir zu gegebener Zeit die Ankündigungen machen. Das ist ein wirklich wettbewerbsstarker Prozess gewesen. Wir hatten viele Interessenten unter neuen und bestehenden Teams.

Ist es richtig, dass Team-Linzenzen für 60, 70 Millionen Euro verkauft werden?

Ja, siehe mein Kommentar zu den Ticketverkäufen. Wenn das jemand vor fünf Jahren zu mir gesagt hätte, dann hätte ich gesagt: Auf keinen Fall, nicht jetzt schon, vielleicht irgendwann in Zukunft, aber nicht so schnell. Ich glaube, der Schlüssel dazu ist, dass einige Teams schon Geld verdienen. Sie sind also Profitabel. Was wiederum in unserem Sport bislang völlig unbekannt war.

Wie viele Teams sind profitabel?

Ich glaube, fast die Hälfte der Teams sind es.

Was braucht es dafür?

Das wird sich in den kommenden Jahren noch ändern. Aktuell sind es vor allem die kommerziellen Sponsoren. Sie sind die Haupteinnahmequelle für die Teams. Es wird andere Einnahmequellen wie die Lizensierung geben. Auch werden die Übertragungseinnahmen geteilt, wenn das relevant wird. Aktuell konzentrieren wir uns darauf, das Publikum zu vergrößern. Aber in Zukunft werden wir die Kommerzialisierung dieses Aspekts und die entsprechenden Team-Anteile prüfen. Das ist eine gute Sache!

Und die Teams können auch mit ihrem Austragungsort arbeiten. Das Geschäftsmodell für die Teams ist überzeugend, und die Tatsache, dass die Teams bereits allein mit ihren Sponsorenunterstützungen profitabel arbeiten können, ist wirklich ermutigend. Es gibt Interesse von einer sehr diversen Gruppe an Investoren. Und jedes Mal, wenn wir neue Teams dazubekommen, kommt ein weiterer Markt dazu und das Publikum wächst.

Wie viele Teams können es einmal werden?

Wenn wir bis zu 20 Teams wachsen – ich glaube, das ist die absolute Obergrenze, das Limit – dann wollen wir jeweils ein Event in jedem dieser Länder veranstalten. Das wird uns 20 oder mehr Events pro Saison bringen. Und das ist, wenn man darüber nachdenkt, ziemlich ähnlich dem, was die Formel 1 macht. Die Formel 1 hat 24 Events.

Wo ist aktuell Dein Zuhause?

Die SailGP-Hauptniederlassung ist in London, aber ich lebe immer noch in Neuseeland. Ich verbringe aber viel Zeit in London. Und wir haben SailGP Technologies in Southampton. Dann haben wir noch ein kleines Büro in New York und eines in Auckland.

Du hast eine Weile deinen Sohn Mattias Coutts trainiert. Der ist sehr erfolgreich im olympischen 49er und war auch schon Motten-Weltmeister…

Das mache ich nicht mehr. Er hat seine eigenen Coaches, was gut ist. Er versucht, zu den Olympischen Spielen zu kommen. Er hat sein eigenes Programm. Und er liebt es. Das ist das Wichtigste. Er muss seinen eigenen Weg finden.

Die SailGP-Vorschau auf die Deutschland-Premiere in Sassnitz, die an diesem 16. August um 15.30 Uhr beginnt:

Meistgelesen in dieser Rubrik