Tatjana Pokorny
· 12.08.2025
Ich habe den Eindruck, dass die Sassnitzer mit Blick auf die große Aufgabe professionell, gut und unaufgeregt arbeiten. Der SailGP insgesamt ist in den vergangenen Jahren enorm gewachsen. Die Liga jagt seit fünf Jahren dem eigenen ehrgeizigen Zeitplan hinterher, hat dabei Unmenschliches geschafft. Jetzt wird ausgebaut, was man aufgebaut hat. Überall wachsen die Stadien und Tribünen. In Sassnitz wurden die Tribünen dreimal vergrößert, jetzt auf an die 6000 Plätze pro Tag.
Ja, es gibt noch einen europäischen Slot. Der steht im Kalender. Es geht mittlerweile eher nicht mehr um Sassnitz versus Kiel, sondern auch um andere europäische Länder. Momentan ist die Lage nicht klar. Es wird aus meiner Sicht die Chancen erhöhen, wenn wir schnell aussagefähig sind. Dann können wir uns das Event für 2026/2027 sichern. Wir als deutsches Team sagen ganz klar, dass wir ein Event in Deutschland brauchen. Wir glauben: Das ist unglaublich wichtig, um den Sport in Deutschland nach vorne zu bringen, um uns nach vorne zu bringen. Auch das ZDF sagt: Wir brauchen ein Event in Deutschland, damit wir den Segelsport entwickeln können. Das geht nicht, wenn das nicht auch im eigenen Land stattfindet.
Wir brauchen ein Event in Deutschland.” Tim Krieglstein
Ein Event kostet die SailGP ja nach Austragungsort fünfeinhalb, sechs Millionen US-Dollar. Mit allem Drum und Dran. Die Frage ist dann bei den nordeuropäischen Rennen eher: Wo sind die Verluste am geringsten. Valencia hat jetzt als potenzieller Austragungsort deutliche Millionen-Beträge geboten. Im Süden von Europa geht was. Die Veranstaltungsorte in Neuseeland, Australien oder im Mittleren Osten, das sind alles Events, mit denen inzwischen Geld verdient wird. Man weiß, dass Nordeuropa medial und mit seinen Märkten sehr wichtig ist. Aber alles hat auch seine Grenzen…
Wir sind mit dem Land, der Stadt und der Region in gutem Austausch. Wir haben das Ziel, dass wir bis zur Veranstaltung in Sassnitz Klarheit haben. Im Grundsatz gilt, dass SailGP gerne Veranstaltungsorte aufbauen und wiederholen möchte. Auch gerne am immer gleichen Wochenende. Deutschland ist ein wichtiger SailGP-Markt. Es wird also auch darauf ankommen, was als Angebot vorgelegt werden kann.
Ich bin großer Fan von Destination-Events. Erstens sind sie für die Region attraktiv, weil sie einen ökonomischer Impact haben. Jeder der kommt, ist auch länger vor Ort. Wir haben jeden Gast mindestens zwei Tage vor Ort. Daraus ergibt sich eine ganz andere Intensität für und mit den Menschen, die zu dieser Veranstaltung kommen. Das ist eine große Chance. Warum sind wir da? Erstens, weil SailGP so hohe Anforderungen nicht nur an die Segelreviere, sondern auch an Landflächen hat. Da gibt es in Deutschland nicht so viele Möglichkeiten. Nur Kiel mit Abstrichen auf der Landseite und bei der Techsite. Es bleibt Sassnitz: ein gutes Revier mit den Möglichkeiten zum Stadion-Racing. Punkt zwei: In Sassnitz herrscht totale Begeisterung seit Tag eins.
Das Publikum ist direkt an der Ziellinie, mit der Action direkt vor der Nase. Das ist total spannend!” Tim Krieglstein
Der SailGP ist Rennsport ohne Bremse! Alle, die sehen wollen, wie zwölf Teams auf engstem Raum mit großen Rennmaschinen gegeneinander antreten, sind beim SailGP richtig. Es ist dramatscih, spannend, actionreich! Und es ist ein Teamsport. Mit dem SailGP ist die alte Unverständlichkeit vom Segeln mit Booten, die Zickzack fahren, weg. Die Rennen sind nachvollziehbar über starke Animationen. Es sind kurze und viele Rennen, die nur 15, 16 Minuten dauern. Am kommenden Wochenende werden es acht Rennen sein. SailGP ist anfassbar, sehr dicht am Ufer.
So ist es. Dafür braucht es neben Können, Erfahrung und Beharrlichkeit auch einen langen Atem. Bei Erik finde ich besonders krass, das er geistig und manuell unglaublich viele Impulse zu verarbeiten und zu managen hat. Er muss ständig Kurs, Bildschirm, Boot, Crew und Konkurrenz im Blick haben, agieren und reagieren. In der Formel 1 beispielsweise redet während des Rennens ein Ingenieur mit dem Fahrer. Im SailGP sind es zwei Coaches und die gesamte Crew, die miteinander kommunizieren.
Ich mache mit Blick auf Erik manchmal den Vergleich: Er ist wie jemand, der einen Bullen reitet und dabei immer wieder aufs Neue den Faden durch ein Nadelöhr bringen muss.” Tim Krieglstein
Es wird ein außergewöhnliches Wochenende, ein echtes Erlebnis! Der Hafen wird voller Boote sein, die Stimmung entsprechend.
Wir haben gelernt, wie schwierig es noch ist, im Team die Leistung konstant abzurufen. Das muss immer vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass es kaum Trainingsmöglichkeiten auf den Liga-Booten gibt. Wir hatten in dieser Saison nur sechs Trainingstage, also sechsmal drei Stunden, nicht ganze Tage. Wir sehen, dass wir als Team Fortschritte machen, wenn wir in die Daten schauen, können das aber in den Rennen noch nicht komplett zusammenbauen.
Ganz anders als noch in der ersten Saison! Und so ergibt sich eine Chance für den ganzen Segelsport. Da sind natürlich Boris Herrmann, der Offshore-Sport und das gerade laufende Ocean Race Europe, aber auch der olympische Segelsport und eine Bundesliga. Wir sind der Inshore-Rennsport. Wenn wir alle zusammenstehen, kann man den Segelsport in Deutschland noch richtig nach vorne bringen. Mit unserer ZDF-Partnerschaft gibt es die Chance, dem Segelsport insgesamt eine andere Wahrnehmung zu geben. Das ZDF geht in und aus Sassnitz mit dem Mittagsmagazin und dann noch zweimal zwei Stunden live.
Wenn es so ausgeht, wie wir es uns ausmalen, dann wird es der Wahnsinn!” Tim Krieglstein
Wir wollen mehr Athleten und Athletinnen zeigen. Wir wollen zeigen, dass Segeln ein professioneller Karriereweg sein kann. Wir wollen den Foiling-Sport nach vorne bringen. Wir wollen den Segelsport insgesamt nach vorne bringen. Dabei sind wir ein Baustein.
Wir können Signalgeber sein.” Tim Krieglstein
Noch fehlt dem SailGP etwas, dass es im Formelsport mit der Formel 2 und 3 gibt: eine Klasse unterhalb des SailGP, in der man mit ähnlichem Teams foilen müsste. In der ich die Chance habe, mehr Athleten und Athletinnen an diesen Liga- und Leistungssport heranzuführen. So eine Klasse würde dazu führen, dass mehr Sport innerhalb der Liga angeboten wird. Nennen wir es zum Verständnis eine F30-Liga. In der man ein Boot hätte, von denen es dann vielleicht jeweils zehn in Europa, in Amerika und in Asien gibt. Das wäre eine so sinnvolle wie spannende Erweiterung für die Zukunft.
SailGP hat sich in ersten fünf Jahren etabliert. Das geht nicht mehr weg. Alle Teams haben gerade die Teilnahmevereinbarung (Red.: „Participation Agreement“) für die nächsten fünf Jahre unterschrieben.
An den Grundzügen ändert sich nichts. Die Budget-Begrenzung liegt bei bei zehn Millionen US-Dollar pro Jahr. Davon geht etwas weniger als Hälfte an die Liga. Die Teilnahmegebühren liegen bei unter 500.000 pro Jahr. Das umfasst die Bereitstellung der Boote, Logistik, geteilte Servicedienstleistungen, Begleitboote, Teambases plus zentrale Departments. Wir selbst haben nur drei Shore-Crew-Mitglieder. Etwas weniger als 5,5 Millionen US-Dollar sind für die eigenen Teamkosten. Die Teamlizenz gehört uns. Man dürfte sie auch weiterverkaufen.
Ja, heute zahlen neue Teameigentümer und -eigentümerinnen mehr als dreimal so viel für die Lizenz wie in den Zeiten, als wir eingestiegen sind. Aktuell läuft gerade der Bieterwettbewerb für die Teams Nummer 13 und 14 für die nächste Saison. Die Liga geht davon aus, dass für Team-Lizenzen 60, 70 Millionen US-Dollar bezahlt werden. Es gibt auch Teams wie Frankreich, Großbritannien und Brasilien, die schon Geld verdienen.
Wir haben bislang nur 50 Prozent der Kosten drin. Die Deutsche Bank ist eine Bank für uns, ein toller Partner! Das gilt auch für die komplette Road to Sassnitz. Die machen viel. Und sie machen es gut. Aber wir brauchen mehr Unterstützer. Der Sport ist prädestiniert dafür, bietet mit der Impact League einen überzeugenden Nachhaltigkeitsaspekt.
Der SailGP-Radius wird immer größer.” Tim Krieglstein
In Sassnitz findet erstmals im Rahmen eines SailGP-Events eine inklusive Segelregatta statt – initiiert und begleitet von uns in enger Partnerschaft mit dem Verein Wir sind Wir – Inclusion in Sailing. Mit diesem Projekt unter dem Motto „Alle an Bord“ setzen wir ein starkes Zeichen für Inklusion, Vielfalt und Zugänglichkeit zum Spitzensport. Wir haben noch viele weitere Ideen, etwa die eines wasserstoffbetriebenen Bootes, das wir mit einem Bootsbauer entwickelt haben. Dafür brauchen wir Partner. Aktuell haben wir mit den Europa-Rennen in Sassnitz, St. Tropez und Genf Events, zu denen wir viele Gäste erwarten.
Der Hollywood-Sportstar-Faktor ist im modernen Sport als Entertainment nicht mehr wegzudenken. Menschen folgen Menschen. Es ist ein wesentlicher Faktor, den SailGP-Bekanntheitsgrad zu erhöhen und erfolgreich zu sein. Das ist das Ziel, für das wir uns einsetzen und auf allen Ebenen hart arbeiten.
Im ZDF-Mittagsmagazin berichtet Lilli Engels am 15. August von 12.10 und 14 Uhr live aus Sassnitz. Das "sportstudio live" überträgt die Rennaction am Samstag (15.15 Uhr bis 17.00 Uhr) und am Sonntag (15.05 bis 17.00 Uhr). Hier geht es zum Live-Link fürs Wochenende.