Tatjana Pokorny
· 24.11.2024
Die Steuermänner Peter Burling und Dylan Fletcher haben gerade erst im 37. Duell um den America’s Cup miteinander um die “Auld Mug” gerungen. Das Ergebnis war das gleiche wie jetzt beim Saisonauftakt im SailGP auf den schnellen F50-Foilern vor Dubai: Die Kiwis flogen sowohl in Barcelona als auch an diesem SailGP-Wochenende in den Vereinigten Arabischen Emiraten schneller, effizienter und erfolgreicher.
Mit dem Sieg in Dubai haben Peter Burling, Blair Tuke und ihr neuseeländisches Team mit dem erst 25 Jahre alten Flight Controller Leo Takahashi ihre Ansprüche auf den SailGP-Thron angemeldet. Nachdem die Spanier die SailGP-Saisonmeisterschaft 2023/2024 überraschend hatten abräumen können, unterstrichen die Neuseeländer gleich zum Auftakt derfünften Saison deutlich, wo sie in der Endabrechnung im November 2025 stehen wollen.
„Die Gruppe hat ein fantastisches Spiel abgeliefert”, kommentierte der meist zurückhaltende Skipper der “Black Foils” die Leistung seines Teams euphorisch. Als Top-Team nach fünf Rennen ins ins Triple-Finale eingezogen, mussten die Kiwis um ihren Steuermann Peter Burling in den leichten Winden zwar kämpfen und gerieten auch einige Male in Rückstand, setzten sich aber gegen ihren Konkurrenten aus Großbritannien und den USA am Ende durch.
“Als neues Team am Wochenende das Finale zu erreichen, das ist bei diesen leichten Winden eine der schwierigsten Aufgaben. Wir haben es in dieser Saison wirklich geschafft, einen großartigen Start hinzulegen”, hielt Peter Burling für die kommenden Herausforderungen fest. Bei der Bezeichnung “neu” bezog sich der inzwischen sehr erfahrene SailGP-Steuermann auf die neue Crew-Konstellation der Kiwis.
Nach dem extrem leichtwindigen Auftakt am Samstag genoss das Feld der elf F50-Katamarane am Sonntag mehr Druck. Das zwölfte Team aus Frankreich wartet noch auf sein neues Boot, steigt beim zweiten Event am 18. und 19. Januar in die Saison ein. Für den verpassten Auftakt wird Les Bleus die Durchschnitspunktzahl von fünf Zählern aufs SailGP-Konto überwiesen.
Da freuten sich Dylan Fletcher und sein britisches Team Emirates GBR – vor Ort genau beobachtet von Team-Eigner und CEO Ben Ainslie – über ihre neun Punkte für Platz zwei beim Auftakt-Gipfel. Acht Punkte für Platz drei sicherten sich Taylor Canfield und sein US-Team.
Für das Germany SailGP-Team brachte der Saisonstart gleich mehrere positive Erkenntnisse. Die immer noch junge deutsche SailGP-Mannschaft um Fahrer Erik Heil konnte einige Glanzpunkte mit gelungenen Starts, einem Rennsieg und einer sehenswerten Aufholjagd setzen. Der Rennstall von Unternehmer Thomas Riedel und dem viermaligen Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel zeigte sein Potenzial.
Mit von der Dubai-Partie war an diesem Wochenende erstmals das ZDF. Das Zweite hat eine zweijährige Partnerschaft mit dem SailGP vereinbart und berichtete erstmals im Livestream von einer Regatta der Segelsuperliga. Im Einsatz waren Kommentator Nils Kaben, Co-Kommentatorin Kristin Recke, Reporter Alex Ruda und ihre Teams vor Ort und in Mainz.
An beiden Tagen gleich zum Auftakt mit Startverschiebungen und einem noch etwas holprigen Einstieg der Liga-Bilderliefranten konfrontiert, wuchsen die Beteiligten mit ihren Aufgaben so schnell wie die SailGP-Boliden werden können, wenn der Wind erst loslegt. Es machte Spaß, der Übertragung mit Fokus aufs deutsche Team zu folgen.
Was den erfahrenen ZDF-Segelexperten Nils Kaben am meisten gefreut hat? “Am meisten begeistert hat mich die Art und Weise, wie sich das deutsche Team präsentiert, so empathisch, so bereit, den komplexen Sport zu erklären. Und natürlich der Rennsieg am Samstag, der gezeigt hat, was für das deutsche Team möglich ist”, sagte Kaben.
Immer wieder eingespielte Live-Interviews mit Steuermann Erik Heil und Teammitgliedern sorgten für einen guten Überblick und spannende Einblicke in die Welt des SailGP-Rennsegelsports und die Arbeit des deutschen Teams, die es so vorher nie gegeben hatte. Zuvor schon hatte das ZDF das neue SailGP-Engagement mit einer sehenswerten Dokumentation eingeläutet.
Mit den Einzelergebnissen 7, 1, 10, 10 und 5 eröffnete die Crew um Erik Heil die insgesamt fünfte und eigene zweite SailGP-Saison noch schwankend. Das war teilweise den Starts von heiter bis wolkig, aber auch den arg windarmen Bedingungen und den damit verbundenen Herausforderungen vor allem am ersten der beiden Renntage geschuldet. Hinzu gesellten sich kleine Fehler auf dem Kurs wie die im Endspurt des letzten Fleetraces vor dem Finale verpasste Chance, als fünftes statt als sechstes Team ins Ziel zu kommen.
Der Kampf um die Hackordnung in Saison fünf hat nun begonnen. Die Kiwis werden die Gejagten sein, die Briten and weitere Top-Teams werden sie jagen. Dazu zählen auch die spanischen Titelverteidiger und Tom Slingsbys Australier, die in Dubai auf den Plätzen vier und fünf das Finale verpassten.
Die Spanier haben mit den Rängen 8, 6, 3, 2 und 4 nach leicht rostigem Beginn einen guten und konzentrierten Eindruck hinterlassen. Ebenfalls die Australier mit ihrer Serie 3, 5, 1 und 4, bevor sie sich mit Rang 10 im letzten Fleetrace um den Finaleinzug brachten.
Dass sich die neuen Teams um die Fahrer Martine Grael (Mubadala Brazil) und Ruggero Tita (Red Bull Italy) auch mit Top-Akteuren im Team in der hochkarätigen Rennserie zunächst werden hinten anstellen müssen, wussten sie vorher. Die Bestätigung kam mit dem Dubai-Ergebnis. Im “Rookie”-Duell der Neueinsteiger konnten die Brasilianer als Zehnte und Vorletzte vor den Schlusslichtern aus Italien mit zehn Punkten immerhin doppelt so viele Zähler sammeln wie die Azzurri.
Team Germanys achter Platz klingt auf den ersten Blick nicht großartig, weckte aber mit einigen starken Starts, dem Tagessieg und der schönen Aufholjagd im fünften und letzten Fleetrace Hoffnung auf mehr. Zwölf bis 13 Events stehen in dieser Saison noch auf dem Programm. Das vorletzte Event Anfang November im mittleren Osten ist noch nicht bestätigt.
Zu gerne würde der GER-Rennstall in dieser Saison mit dem historisch ersten deutschen Höhepunkt der SailGP-Regatta vor Sassnitz (16./17. August) erstmals aufs Podium segeln. “Der Podiumsplatz fehlt uns noch. Wir waren in unserer ersten Saison in Neuseeland und Abu Dhabi nahe dran und geben beim nächsten Mal wieder Vollgas“, kündigte Erik Heil an, dessen Team noch einige Tage zum Training in Dubai bleiben wird.
Das Vorbild, so Heil gegenüber dem ZDF, seien die Neuseeländer: “Die Kiwis haben die größte Finesse, das Boot zu segeln. Ich hoffe, da kommen wir auch bald hin.” Der Vergleich der Foil-Zeiten zwischen Neuseelands Event-Siegern und den deutschen Achten zeigt beispielhaft, welche Lücken noch zu schließen sind: Die Kiwis konnten in Dubai zu 70 Prozent über die Rennstrecke foilen, Team Germany zu rund 50 Prozent.
Zur weiteren Aufholjagd des GER-Foilers sagte Erik Heil: “Alles ist möglich, immer ruhig bleiben und Speed reinbekommen.” Nach dem Leichtwindpoker von Dubai erwartet die Flotte beim zweiten Event am 18. und 19. Januar in Auckland voraussichtlich mehr Wind. Hier geht es zur Saisonwertung nach dem ersten SailGP-Gipfel.