Tatjana Pokorny
· 04.12.2019
Erik Heil und Thomas Plößel sind bei der WM der 49er, 49erFX und Nacra 17 das Team der Stunde. Tina Lutz und Susann Beucke katapultieren sich in die Top Fünf
Das schnelle Ende der aufgrund der Auftakt-Ausfälle verkürzten WM-Qualifikationsrunde hat in Auckland viele strahlende deutsche Gesichter, aber auch einige traurige Athleten hinterlassen. Mannschaft der Stunde sind im neuseeländischen Auckland Erik Heil und Thomas Plößel. Die beiden Berliner, die für den Norddeutschen Regatta Verein starten, haben die Qualifikation im 49er mit einem Punkt Vorsprung vor den top-favorisierten Olympiasiegern und America's-Cup-Dominatoren Peter Burling und Blair Tuke gewonnen und ziehen als Spitzenreiter in die Goldflotte ein. Eine solche konstante Höchstleistung war nach der langen studienbedingten Pause und dem Wiedereinstieg der erfolgreichsten deutschen 49er-Crew im Spätsommer nicht automatisch zu erwarten. Dass Heil/Plößel ihr Potenzial in dieser Weise abrufen können, spricht nicht nur für den großen Erfahrungsschatz der Rio-Bronzemedaillen-Gewinner, sondern auch für ihre harte Arbeit der vergangenen Monate. Bundestrainer Marc Pickel will aber deswegen noch keine Euphorie aufkommen lassen, lobte jedoch: "Das war bislang eine solide Leistung, auf der wir aufbauen können. Wir freuen uns auf die weiteren Finalrennen. Es ist noch ein langer Weg, und am Ende knallt die Peitsche."
Die Zwischenbilanz von Steuermann Erik Heil: "Es ist ja erst die Hälfte der Regatta gelaufen. Bislang sind wir froh, dass uns ein so guter Start gelungen ist. Ein bisschen ärgert uns immer noch, dass uns im vierten Rennen das Ruder gebrochen ist. Und es war ja nicht nur unseres… Auch in Enoshima sind in diesem Sommer schon drei Ruder gebrochen. Das war leider wohl eine Fehlproduktion von MacKay. Die Info hätten wir natürlich gern vorher gehabt. Deswegen ist unser Streicher nun auch gone. Und es gibt dieses Mal nur einen…" Zu den wichtigsten Erfolgsschlüsseln seines Teams bislang sagte Heil, für dessen Crew es wie auch für alle anderen deutschen 49er- und 49erFX-Mannschaften bei der WM neben Titel und Top-Platzierungen um erste Punkte für die nationale Olympia-Ausscheidungen geht : "Wir konzentrieren uns möglichst auf uns und nicht auf irgendwelche Qualifikationsthemen. Dafür sind hier zu viele gute Gegner im Rennen. Wir versuchen, fokussiert und konzentriert in die Rennen zu gehen, guten Speed zu finden und uns möglichst aus Ärger rauszuhalten, gehen es eher konservativ an." Heils Ausblick auf die Hauptrunde: "Ein exaktes Ziel haben wir nicht formuliert. Ich bleibe bei dem, was ich vor der Regatta gesagt habe: Wenn alles sehr gut läuft, dann sind die Top Drei möglich. Läuft es normal gut, dann ein Platz zwischen drei und acht. Wir hatten jetzt sehr gute Tage. Am Freitag geht es noch einmal in einen Wenig-Wind-Tag, bevor am Wochenende endlich wieder mehr Druck kommen soll. Es bleibt spannend und macht Laune. Für uns ist es toll, dass über die Woche verschiedene Bedingungen herrschen. Das liegt uns."
Mit Heil/Plößel freuten sich am Donnerstag auch Jakob Meggendorfer und Andreas Spranger. Das junge Team vom Bayerischen Yacht-Club schloss die Qualifikation mit einem imposanten Tagessieg vor den zweitplatzierten Flensburger Teamkameraden Nils Carstensen und Jan Frigge ab. Und das in einer Wettfahrt, in der Peter Burling/Blair Tuke mit Rang sieben zufrieden sein mussten. Meggendorfer/Spranger arbeiteten sich mit ihrer Top-Leistung auf Platz acht der Qualifikationsrunde vor und ziehen als Top-Ten-Crew in die Goldflotte ein. Steuermann Meggendorfer sagte: "Wir sind natürlich super happy, wie es läuft. Bei vergangenen Wettkämpfen konnten wir unser Potenzial oftmals nicht ganz abrufen. Jetzt haben wir bei der WM unser erstes Etappenziel erreicht." Als ausschlaggebenden Faktor für die starken Leistungen seines Teams nannte Meggendorfer "unseren sehr guten Überblick in den vergangenen Tagen". Die Hauptrunde erreichten auch die Kieler Justus Schmidt und Max Boehme. Als 25. der Qualifikation überstand die Crew vom Kieler Yacht-Club den Cut ganz knapp und wird nun in den kommenden Tagen auf Angriffsmodus umschalten wollen.
Tim Fischer und Fabian Graf dagegen müssen diese erste von drei Ausscheidungs-Regatten im Kampf um nur eine deutsche 49er-Olympiafahrkarte abhaken. Die Crew vom Norddeutschen Regatta Verein und vom Verein Seglerhaus am Wannsee kam nach einer Disqualifikation zum Auftakt trotz einer Reihe hervorragender Einzelergebnisse nicht mehr wie gewünscht in Fahrt. Die WM-Dritten von 2018 müssen diese Titelkämpfe als 30. der Qualifikation ohne Chance auf eine Medaille oder eine Top-Platzierung in der Silberflotte beenden. Fischer sagte: "Für uns ist die Regatta und damit auch der Kampf um die ersten Qualipunkte vorbei. Hinter uns liegt eine Aneinanderreihung von unglücklichen Ereignissen. Das passiert und ist sehr schade. Aber durch diese unnötige Disqualifikation sind unsere Chancen auf Goldfleet extrem geschwunden. Trotzdem sind wir gut gesegelt und haben die Goldfleet um vier Punkte verpasst. Wir werden bei der zweiten Quali angreifen und mit dem nötigen Glück auch ganz vorn landen." Ihre Disqualifikation hatten Fischer/Graf mindestens als unglücklich empfunden. Fischer erzählt: "Am Start gab es eine leichte Berührung mit dem Leeschiff. Das wurde dadurch nicht behindert und ist auch an der Luvtonne vor uns angekommen. Es ist einfach nur passiert, um uns abzuschießen."
Tina Lutz und Susann Beucke katapultieren sich in die Top Fünf
Die Skiffseglerinnen Tina Lutz/Susann Beucke (Holzhausen/Strande) katapultierten sich an ihrem zweiten und schon letzten WM-Qualifikationstag im 49erFX mit dem ersten Tagessieg und starken Einzelrängen auf Platz vier. Den Grund für die enorme Leistungssteigerung im Abgleich zum Vortag erklärt Susann Beucke: "Wir haben heute ganz viel Augenmerk auf die Winddreher gelegt. Denn da lag unser Problem am Vortag. Da hatten wir sie nicht gut erkannt. Heute wurde ich für die Aufgabe abgestellt. Wir haben es so extrem durchgezogen, dass wir uns die Dreher sogar die ganze Zeit auf den Baum geschrieben haben. Dazu kamen gute Starts, guter Bootsspeed und gutes Teamwork." Steuerfrau Tina Lutz und Vorschoterin Susann Beucke sind ab Freitag die einzigen, die den im 49erFX noch fehlenden Nationenstartplatz mit einem guten WM-Ergebnis sichern können. Denn ihre Teamkameradinnen Vicky Jurczok und Anika Lorenz haben den Einzug in die Goldflotte als 33. überraschend verpasst. "Es waren die zwei härtesten Tage unserer Segelkarriere", zog Jurczok ernüchtert Bilanz und meinte damit sowohl die teilweise harschen Bedingungen als auch die Ergebnisse ihrer Crew. "Wir hoffen, dass Tina den Nationenstartplatz holt. Realistisch ist unsere Chance in der nationalen Ausscheidung nicht mehr so groß, aber beim Segeln kann immer viel passieren, und vielleicht haben wir dann ja auch mal etwas Glück."
Im foilenden Mixed-Katamaran Nacra 17 fielen Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer an ihrem zweiten Qualifikationstag auf Platz 17 zurück, erreichten aber die Goldflotte und segeln weiter auf Kurs zur Sicherung des olympischen Nationenstartplatzes in ihrer Disziplin.
Hier geht es zu den Zwischenständen bei der Weltmeisterschaft der Olympia-Disziplinen 49er, 49erFX und Nacra 17 im neuseeländischen Auckland.