Trofeo Princesa SofíaZweimal Silber und Leichtwind-Hausaufgaben

Tatjana Pokorny

 · 08.04.2023

Die 470er-Mixed-Weltmeister Luise Wanser und Philipp Autenrieth bestätigten beim Saisonauftakt ihre Weltklasse
Foto: DSV/Sailing Energy

Das German Sailing Team ist beim Weltcup-Auftakt vor Mallorca erfolgreich in die vorolympische Saison eingestiegen. Zweimal Silber und weitere starke Platzierungen räumten die deutschen Weltmeister und ihre Teamkameraden bei der Trofeo Princesa Sofía in der Bucht von Palma ab. Gleichzeitig hatten einige Leistungsträger mit Leichtwindschwächen zu kämpfen

Wer hätte vor wenigen Jahren gedacht, dass die deutschen Segler in der neuen olympischen 470er-Mixed-Disziplin binnen kürzester Zeit zur Weltmacht aufsteigen würden? Ihren Erfolgskurs haben die gemischten GER-Doppel bereits im vergangenen Jahr mit dicken Ausrufezeichen eingeläutet, als Luise Wanser und Philipp Autenrieth (Norddeutscher Regatta Verein/Bayerischer Yacht-Club) in Israel Weltmeister wurden.

Deutsche 470er-Mixed-Crews auf dem Vormarsch

Mit den Plätzen fünf und sechs hatten die Teamkameraden Simon Diesch/Anna Markfort (Württembergischer Yacht-Club/Verein Seglerhaus am Wannsee) und Malte und Anastasiya Winkel (Schweriner Yacht-Club/Norddeutscher Regatta Verein) 2022 dafür gesorgt, dass satte 50 Prozent der ersten sechs WM-Plätze von deutschen Crews besetzt wurden – ein historischer Erfolg. Ein ähnlich herausragendes Ergebnis erzielten die 470er-Mixed-Könner in der DSV-Flotte jetzt beim Saisonauftakt der Olympiasegler in Spanien.

Bei der 52. Trofeo Princesa Sofía gewannen Luise Wanser und Philipp Autenrieth das finale Medaillenrennen und katapultierten sich damit bei der ersten Weltcup-Regatta der Saison auf Platz zwei. Malte und Anastasiya Winkel wurden im Balearen-Revier Vierte, Simon Diesch und Anna Markfort Sechste. Philipp Autenrieth erinnerte daran, wie steil die Erfolgskurve der deutschen 470er-Mixed-Teams zuletzt angestiegen ist: “Wenn man bedenkt, dass vor fünf, sechs Jahren ein 470er-Platz in den Top 20 gut war, dann hat sich doch jetzt sehr viel Positives getan.“

Wir hatten die Balance zwischen dem Medaillenziel und einem guten Start in die Qualifikation fürs olympische Test-Event zu wahren.” (Philipp Autenrieth)

Für die deutschen 470er-Mixed-Crews markierte die Palma-Regatta den Auftakt zur zweiteiligen Ausscheidung im Kampf um nur einen Platz pro Disziplin beim olympischen Test-Event im Juli in Marseille. Da haben nun Wanser/Autenrieth die Bugspitze vorn. Schon Ende April fällt bei der Semaine Olympique vor Hyères die Entscheidung, welche der deutschen Crews im Juli olympische Testluft schnuppern darf.

Philipp Autenrieth zog nach der sechstägigen Serie vor Mallorca am Osterwochenende eine Zwischenbilanz: “Wir hatten hier bei der Trofeo Princesa Sofía die Balance zwischen unserem Medaillenziel und einem guten Start in die Qualifikation fürs olympische Test-Event zu wahren. Das ist für uns optimal gelaufen. Wir konnten den Druck erhöhen. Aber auch die anderen deutschen Crews sind hier stark gesegelt. Die ganze Gruppe hat eine tolle Performance abgeliefert.”

Sebastian Kördel ist der Surfriese unter den deutschen Seglern

In keiner anderen olympischen Segel-Disziplin gibt es aktuell im German Sailing Team so viele erfolgreiche Top-Akteure mit Olympia-Ambitionen wie im 470er-Mixed. Der Wettkampf auf höchstem Niveau macht die Gruppe um Bundestrainer Steve Lovegrove stark und stärker. Diesen Vorteil wollen alle trotz wachsender Konkurrenzsituation auf Kurs Olympia 2024 im Rahmen einer offenen Zusammenarbeit so lange wie möglich nutzen.

In ganz anderer Situation ist iQFoil-Weltmeister Sebastian Kördel vom Norddeutschen Regatta Verein. Im German Sailing Team ist er die unangefochtene Nummer eins. Zwar konnte sein jüngerer Teamkamerad Fabian Wolf (NRV) vor Mallorca mit starkem Schlussspurt noch auf Platz 26 im Feld der 136 iQFoiler vorfahren, doch dürfte Surfriese Kördel auf seinem olympischen Kurs kaum zu gefährden sein. Der 1,91 Meter große Weltmeister demonstrierte auch bei der Trofeo Princesa Sofía wieder seine Weltklasse in der neu-olympischen Windsurf-Disziplin, die 2024 olympische Segel-Premiere in der Bucht von Marseille feiert.

Die Shootingstars kommen vom MSC in Hamburg

Kleinere Patzer glich Kördel mit viel Erfahrung, großem Können und mentaler Stärke aus. “Ich mache weniger Fehler, bin seglerisch und strategisch besser geworden”, sagt der 32-Jährige im Hafen von Can Pastilla. Beinahe hätte er auch in Spanien wieder gewonnen. “Ich habe den Start gekillt”, entfuhr es ihm nicht ohne Stolz nach dem Finale der besten drei Surfer im Hafen von Can Pastilla, wo die Surfer und Ilca-Akteure zu Gast waren. Dann allerdings passierte ihn im Endspurt der Brite Sam Sills nach einer kurzen Fehl-Interpretation Kördels doch noch und erreichte die Ziellinie ganz knapp vor dem Deutschen. Für Kördel bleibt Silber eine enorme Bestätigung der erfolgreichen Zusammenarbeit mit Trainer Dom Tidey und der internationalen Trainingsgruppe.

Positiv fielen in der größten Regattaflotte, die je in der Segelarena von Palma aufgekreuzt ist, auch zwei junge Skiffseglerinnen aus Hamburg auf: Die erst 21 Jahre alte 49er-FX-Steuerfrau Marla Bergmann und ihre 22-jährige Vorschoterin Hanna Wille schürten mit Platz sechs im Weltklassefeld die Hoffnung, dass der Generationswechsel nach dem Karriereende der olympischen Silbermedaillengewinnerinnen Tina Lutz/Susann Beucke sowie der Olympia-Neunten von 2016, Victoria Jurczok und Anika Lorenz, doch schneller absolviert werden kann als befürchtet.

49er-FX-Seglerinnen Marla Bergmann und Hanna Wille: “All in” für Olympia

Die junge Crew vom Mühlenberger Segel-Club machte nicht nur mit einem Tag im blauen Trikot der Flotten-Zweiten und einem Tag im roten Trikot der Dritten auf sich aufmerksam. Zwischenzeitlich ließ das Duo auch die brasilianischen Doppel-Olympiasiegerinnen Martine Grael und Kahena Kunze achteraus, die am Ende doch wieder gewannen. Marla Bergmann und Hanna Wille beendeten den Spanien-Klassiker aber vor Olympia-Größen und Weltmeisterinnen wie Támara Echegoyen/Paula Barcelo oder Jo Aleh/Molly Meech hochmotiviert.

“Wir haben uns im vergangenen Jahr entschieden, ‘all in’ zu gehen und uns voll auf die Olympiakampagne zu konzentrieren”, erzählte Marla Bergmann beim gastgebenden Club Nàutic S’Arenal.

Kohlhoff/Stuhlemmer bleiben trotz Verletzungspause auf gutem Kurs

Im Nacra 17 gelang Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer ein starker Endspurt vor Mallorca: Die olympischen Bronzemedaillengewinner von Japan beeindruckten mit einem Start-Ziel-Sieg im Medaillenfinale und verbesserten sich damit noch auf Platz sechs im Abschlussklassement. Das Duo vom Kieler Yacht-Club hatte im Verlauf der Weltcup-Regatta mit Leichtwindschwächen zu kämpfen, aber auch einen Tagessieg und weitere überzeugende Einzelresultate erzielt.

Paul Kohlhoff, dessen Team infolge einer Knieverletzung von Alica Stuhlhemmer mehrere Monate hatte aussetzen müssen, bevor sie ins intensive Wintertraining einsteigen konnte, sagte: „Wir hatten im Winter wenig Wind und müssen da noch Hausaufgaben nachholen. Wir haben hier unser Minimalziel erreicht und super viel gelernt. Wir haben bewusst einiges riskiert und vieles ausprobiert.“ Auch Deutschlands beste Nacra-17-Crew ist national auf Kurs Olympia 2024 aktuell ohne bedrohliche Konkurrenz.

Drei Tagessiege, aber kein Medaillenrennen: Philipp Buhl will Leichtwindschwächen bekämpfen

Die Medaillenrennen der Top Ten knapp verpasst hat vor Mallorca Laser-Weltmeister Philipp Buhl (Norddeutscher Regatta Verein/Segelclub Alpsee-Immenstadt). Als bester deutscher Akteur im Ilca 7 schloss er die Trofeo Princesa Sofía als Elfter im Rekordfeld von 184 Einhandjollen ab. Dem Leistungsträger war bereits an Tag eins des Spanien-Klassikers ein Frühstart unterlaufen. Davon belastet, gelangen in der Folge der Serie mit nur einem Streicher nicht mehr alle Starts optimal.

Zwar glänzte Buhl in zehn Wettfahrten mit drei Tagessiegen und insgesamt sechs einstelligen Spitzenergebnissen, doch fielen in mehreren Leichtwindwettfahrten auch hohe zweistellige Resultate nach weniger gelungenen Starts ins Gewicht. „Uns fehlten im Winter ausreichend Leichtwindtrainingstage. Hier haben wir ebenso Nachholbedarf wie bei den Starts selbst“, analysierte Buh die eigene Leistung. Seine aktuelle Leichtwindschwäche teilt er mit mehr als nur einer Handvoll Seglerinnen und Seglerinnen im German Sailing Team. Dass er dennoch zu den besten sechs Prozent der internationalen Ilca-7-Flotte zählt, darf angesichts seiner Güte beruhigen.

Leonie Meyer erkämpft sich ein Mut machendes Comeback

Formula-Kiterin Leonie Meyer (Norddeutscher Regatta Verein) und die 49er-Crew Jakob Meggendorfer und Andreas Spranger (Bayerischer Yacht-Club) hatten den Finaleinzug als jeweils Zwölfte ihrer Felder ebenfalls nur knapp verpasst. Insbesondere für Leonie Meyer, die über fast ein halbes Jahr kaum Wettfahrten bestreiten konnte, war es dennoch ein erfolgreiches Comeback.

Aufgrund der vielen starken Französinnen und Engländerinnen in den Top Ten ist ihr Ergebnis in der reinen Nationenwertung der Kiterinnen einen olympisch vielversprechenden siebten Platz wert. „Mir fehlt sicher noch die Rennpraxis, aber es war ein guter Wiedereinstieg, und ich freue mich auf den nächsten Weltcup in Hyères“, sagte Leonie Meyer in Palma de Mallorca.

Platz acht in der Nationenwertung für das Sailing Team Germany

Und wer waren die Besten beim Saisonauftakt der Olympiasieger? Fraglos die Briten mit vier von zehn möglichen Siegen im Ilca 7, bei den Windsurfern der Männer und Frauen sowie im Nacra 17. Gerade im foilenden Nacra 17 boten die Briten den sonst übermächtigen Italienern – ihren neuen Trainingspartnern – überraschend erfolgreich Paroli und hielten gleich drei drängende Azzurri-Teams in Schach. Das German Sailing Team hat sich mit Platz acht in der Nationenwertung noch vor Australien im größten olympischen Feld der Regattageschichte Mallorcas zum Auftakt der vorolympischen Saison gut positioniert.

Finale! Hier geht’s zur Zusammenfassung der 52. Trofeo Princesa Sofía:

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